Wedeler setzen sich dafür ein, dass Senioren Anspruch auf Mitbestimmung nicht verlieren. Problem durch neue Landesverordnung.

Wedel. Normalerweise setzen sie sich für andere ein und helfen den Bewohnern, die es selbst nicht mehr so gut können. Doch derzeit müssen die Heimbeiräte in ganz Schleswig-Holstein um ihre eigenen Rechte kämpfen. Eine neue Landesverordnung macht das nötig. Danach sind die Interessenvertretungen nur noch in stationären Einrichtungen verbindlich vorgeschrieben. Alle sonstigen Wohnformen fallen durchs angelegte Raster. Unter diese speziellen Einrichtungen fällt auch das Graf Luckner Haus in Wedel.

Etwa 200 Senioren im Alter von 65 bis 105 leben derzeit in den Wohnungen der Residenz mit Blick auf die Elbe. Sie habe auch die Möglichkeit, einen zur Einrichtung gehörenden Pflegedienst in Anspruch nehmen. Da sie aber in ihren eigenen Wohnungen betreut werden, nennt sich das Ganze nicht Heim, sondern Betreutes Wohnen. Das von der Hamburger Wohnungsgenossenschaft VHW betriebene Haus fällt damit nicht unter die Landesverordnung. Somit haben die Senioren auch keinen Anspruch mehr auf ein Mitbestimmungsgremium.

Für Eike Eulen ist das der blanke Hohn. "Das nennt sich nun Selbstbestimmungsstärkungsgesetz. Alle Bewohner von nicht stationären Einrichtungen werden jetzt von Mitwirkung und Selbstbestimmung ausgegrenzt," sagt der 76 Jahre alte Wedeler, der sich seit 2006 im siebenköpfigen Bewohnerbeirat des Graf Luckner Hauses engagiert. "Hier gibt es 200 Senioren. Die brauchen ein Gremium, das sie vertritt", sagt Eulens Mitstreiterin Lisa Rumrich. Sie ist mit ihren 83 Jahren die Chefin des Gremiums. Mit dabei sind noch Wolfram Loll (85), Marion Pape (84), Uwe Waßmuth, Karin Stache (beide 77) und Liselotte Tibow. Gemeinsam gingen sie in die Offensive, verhandelten mit dem Träger und errangen am Ende eine schriftliche Vereinbarung.

Die Wohnungsgenossenschaft sagte den Senioren zu, dass sie bei Entscheidungen in Sachen Hausordnung, Freizeitgestaltung, Veranstaltungsplanung, Entgeltordnung, Baumaßnahmen, Gestaltung und Nutzung von Räumen sowie Erweiterung, Einschränkung oder Einstellung des Betriebes mitwirken dürfen. Die Vereinbarung legt auch fest, welche Pflichten der Träger gegenüber den Bewohnern hat, und welche Aufgaben der alle zwei Jahre neu gewählte Beirat erfüllen muss. "Ohne diesen Vertrag wären wir doch bloß ein Kaffeekränzchen ohne rechtliche Möglichkeiten", sagt Eulen.

Besonders abstrus: Wäre das Graf Luckner Haus nur einige Kilometer von Wedel entfernt auf Hamburger Territorium erbaut worden, wäre die jetzt errungene Vereinbarung überhaupt nicht nötig gewesen, denn im Wohn- und Betreuungsgesetz der Hansestadt Hamburg sind Heimbeiräte für sämtliche Wohnformen vorgesehen.

"Ich komme aus der Pflege und für mich ist es unbegreiflich, warum das nicht auch so in Schleswig-Holstein geregelt ist", sagt Grada Jakobs-van Drie. Sie ist die Leiterin der Wedeler Seniorenresidenz Graf Luckner Haus. Auch ihr ist klar: "Ohne gesetzliche Grundlage und ohne Vereinbarung kann ein nervender Beirat künftig in allen nicht stationären Einrichtungen im Land einfach abgeschafft werden."

Die 54 Jahre alte Residenz-Leiterin empfindet die Zusammenarbeit mit der Interessensvertretung der Bewohner nicht etwa als anstrengend oder störend. Ganz im Gegenteil. Sie sagt, das Gremium sei eine große Hilfe. Dessen Mitglieder würden zwischen Leitung und Bewohnern vermitteln. Regelmäßig setzen sich Jakobs-van Drie und die kürzlich neu gewählten Beiratsmitglieder zusammen. Dann sprechen sie gemeinsam über Beschwerden, neue Veranstaltungen und Veränderungen im Haus. So erfährt die Leiterin ganz rasch, was die Senioren bewegt und kann gleichzeitig über die sieben Beiratsmitglieder Dinge an die zahlreichen Bewohner herantragen.

"Viele verkennen, wie wichtig ein Beirat ist. Sie denken, es sei leichter ohne ihn. Aber er erleichtert die Arbeit", sagt Jakobs-van Drie. Manchmal komme auch sie an ihre Grenzen. "Dann gehe ich zum Beirat und bitte um Hilfe. In den Augen mancher Bewohner bin ich eben noch ein Küken." Da sei das Gremium eine wichtige Vermittlungsinstanz, so Jakobs-van Drie. "Deshalb ist es auch wichtig, dass jedes Haus einen Heimbeirat hat."