Die Fotokünstlerin Gagel dokumentiert den Wandel Pinnebergs in den vergangenen zwei Jahrzehnten. Ausstellung im Stadtmuseum.

Pinneberg. Wie die Stadt Pinneberg in 20 Jahren aussehen könnte, zeigen gerade schöne, bunte Grafiken als Ausdruck der Visionen von Planern und Politikern. Bis diese Visionen Wirklichkeit werden, wird noch viel Wasser die Pinnau herunterfließen. Wie sich aber Pinneberg in den vergangenen zwei Jahrzehnten verändert hat, zeigt ganz konkret eine Ausstellung der Künstlerin Gagel im Stadtmuseum. Die Pinnebergerin, die sich Fotosofin nennt und die vielfach bereits vor allem in der Drostei ausgestellte, hatte die Stadt 1992 mit der Kamera durchstreift. Nach 20 Jahren machte sie sich wieder auf den Weg durch ihren Wohnort, suchte exakt jene Orte und Menschen auf, die sie 1992 im Bild festgehalten hatte. Die Schau "20 Jahre Pinneberg: wachsen, wechseln, wählen, wundern . . ." wird am Freitag, 16. November, um 17 Uhr im Stadtmuseum, Dingstätte 25, eröffnet.

Derart dokumentarisch zu arbeiten, sei untypisch für sie, sagt Gagel, die 2002 mit dem Kreiskulturpreis geehrt worden war. Sie habe seinerzeit bei der Wahl ihrer Motive kein System vor Augen gehabt, sondern sich treiben lassen, so die Künstlerin. Die Foto-Ausstellung im Stadtmuseum, die 136 Schwarz-Weiß-Aufnahmen umfasst, stellt zumeist den Blick von 1992 mit dem aus dem heutigen Jahr unmittelbar gegenüber.

Einst markante Häuser wurden verändert oder sind ganz verschwunden und durch Neubauten ersetzt worden. Zum Beispiel die Ladenzeile mit dem traditionellen Hutgeschäft am Rübekamp, wo jetzt die DAK in einem Neubau ihre Büros hat. Noch markanter ist die Veränderung an der Mühlenstraße, wo diese die Mühlenau überquert. 1992 fotografierte Gagel dort die Bauernmühle, deren älteste Teile aus dem 18. Jahrhundert stammten. Trotz vieler Proteste wurde das historische Bauwerk 2005 abgerissen. Inzwischen steht an gleicher Stelle eine das Ortsbild dominierende Seniorenresidenz.

Die Fotosofin aber hat bei weitem nicht nur Straßen und Häuser fotografiert, sondern vor allem auch die Menschen, die sie in ihnen angetroffen hat. Die Zeit hat sich in die Gesichter derer, die sie wiedergetroffen hat, eingegraben.

Oder aber sie hat zarte Babywangen in das Gesicht eines jungen Mannes verwandelt. Sein Name: Florian Szimmuk. Gagel hatte die Szimmuks im April 1992 getroffen, als Florian gerade geboren worden war. Auf dem Bild daneben lacht der heute 20-Jährige den Betrachter an. So wie er, wird sich mancher Pinneberger auf den Bildern, zum Beispiel denen aus der Fußgängerzone, wiederfinden können. "Es sind natürlich auch Menschen gestorben, die ich 1992 vor ihren Häusern fotografiert hatte", sagt die Künstlerin. Dafür lebten dort jetzt Kinder oder Enkel.

"Es sind vor allem die Menschen, die die Stadt auszeichnen", sagt Gagel. "Sie haben unglaubliches Potenzial." Ihr Fotoprojekt ist wohl auch eine Hommage an den Ort, in dem sie seit 1984 lebt und arbeitet. Und zwar aus Überzeugung, wie sie sagt. Verändert hat sich innerhalb von 20 Jahren auch das Handwerkszeug der Fotosofin. Damals zog sie mit einer analogen Kamera los, belichtete für dieses eine Projekt 99 Filme, die sie eigenhändig entwickelte und von denen sie Abzüge anfertigte. Heute benutzt sie eine Digitalkamera und nutzt Möglichkeiten der Fotobearbeitung am Computer. Geblieben ist sie dabei, nicht in Farbe, sondern in Schwarz-Weiß zu arbeiten. "Die Farben fügen die Betrachter hinzu."

Was ihr generell im Vergleich zu 1992 aufgefallen sei? "Die Stadt ist viel grüner geworden", sagt Gagel. Unterwegs war sie damals wie heute mit dem Fahrrad und zu Fuß. Die 60-Jährige, die selbst nur als Schatten auf einigen Fotos zu sehen ist, hat an sich selbst Veränderungen festgestellt. "Heute gehe ich viel freier auf die Menschen zu, frage ob ich aus einem bestimmten Blickwinkel fotografieren darf. Früher habe ich das teils regelrecht heimlich getan", sagt die Künstlerin. Apropos freier Zugang: Trotz wiederholter Anfragen ist es Gagel nicht gelungen, auf das Dach oder in die oberen Stockwerke des Postgebäudes am Damm zu gelangen, um von dort zu fotografieren. "Ich habe den Eindruck bekommen, niemand weiß, was dort oben eigentlich ist."

Mehr zur kommenden Ausstellung findet sich unter www.pinnebergmuseum.de im Internet. Das Stadtmuseum neben der Drostei ist dienstags, mittwochs und freitags von 17 bis 19 Uhr, donnerstags von 10 bis 12 und 15 bis 17 Uhr sowie sonnabends von 11 bis 13 Uhr geöffnet.