Die Schulsternwarte auf dem Dach der Klaus-Groth-Gemeinschaftsschule ist einzigartig im Kreis und zugänglich für jedermann.

Wenn Jens Sander mit dem mächtigen Spiegelteleskop C 14 von der kleinen, aber feinen Tornescher Sternwarte aus den nächtlichen Himmel sondiert, führt sein Blick meist über die Grenzen unseres Planetensystems hinaus. Mal bleibt er am farbenprächtigen Orion-Nebel hängen, der rund 1300 Lichtjahre entfernt ist. Mal ist es Andromeda, eine Nachbargalaxis unserer Milchstraße. Von dort braucht das Licht rund 2,5 Millionen Jahre, bis es auf die Erde trifft. Ein kleiner Blick in die Vergangenheit des Universums, ein großer Moment für Sander. "Für mich ist es Entspannung pur, mit mir und dem Kosmos allein zu sein und mit eigenen Augen eine Galaxis zu sehen."

Der Mann, der bei Tageslicht einen Versandhandel für Baumschulpflanzen in Esingen betreibt, gehört zum Vorstand der Regionalen Volks- und Schulsternwarte Tornesch (RVST). Die Einrichtung auf dem Dach der Klaus-Groth-Gemeinschaftsschule ist für jedermann zugänglich, immerhin wurde der Bau mit öffentlichen Mitteln bezuschusst. Das Penthouse auf dem Flachdach ist etwa 50 Quadratmeter groß, dazu kommt die Kuppel mit dem computerjustierbaren, aufmontierten Teleskop C 14 der Firma Celestron, das eine Brennweite von vier Metern aufweist. Doch das ist nicht alles.

Zusätzlich zum Spiegelteleskop steht ein sogenannter Refraktor mit 500 Millimeter Brennweite bereit, der sich durch besondere Lichtstärke auszeichnet. Und dann natürlich das neue Sonnen-Teleskop, das mit entsprechenden Sichtfiltern nun auch tagsüber eine Beobachtung unseres Muttergestirns erlaubt und somit auch den Schülern der KGST während der Unterrichtszeit die Möglichkeit bietet, die Astronomie kennenzulernen.

Im Kreis Pinneberg ist die Sternwarte in einzigartig. Die nächsten Sternwarten befinden sich in Lübeck, Kronshagen, Bergedorf, Glücksburg und bei Bremen. Im Juni 2011 wurde Tornesch sogar zum astronomischen Zentrum Norddeutschlands gewählt. Vertreter mehrerer norddeutscher Sternwarten (astronomie-nord.de) trafen sich in der Schule zu Vorträgen und Beobachtungen. Hier wurde der Grundstein für weitere turnusgemäße Zusammenkünfte gelegt. Den Blick ins All aus der Tornescher Sternwarte nutzen zudem immer mehr auswärtige Gäste.

So gab es bereits Besuche und Anfragen von der Elsa-Brändström-Schule in Elmshorn, vom Schenefelder Gymnasium und dem Elsensee-Gymnasium in Quickborn. Auch andere Institutionen wie die Familienbildung Pinneberg haben die Gelegenheit wahrgenommen, sich in Tornesch Einblicke ins Universum vom Sternennebel über Supernova bis zum Sonnenwind zu holen.

Es ist also beileibe keine geschlossene Veranstaltung, die da über den Dächern von Tornesch abläuft. "Das hat beispielsweise die große Resonanz der Menschen beim Venus-Transit bewiesen", sagt Hübner. Fast 40 Leute kamen im Juni morgens um 5 Uhr in die Sternwarte, um das Jahrhundertereignis zu beobachten, als die Venus als kleiner dunkler Punkt vor der Sonne vorbeizog. Die Tornescher Sternengucker freuen sich über jeden, der dabei bleibt und machen kräftig Werbung für die Entdeckung des Nachthimmels mit seinen unzähligen Wundern. Michael Speichert besitzt ein eigenes Teleskop (4" Newton) und lässt Freunde und Nachbarn auf der heimischen Terrasse einen Blick auf Mond, Mars und Merkur werfen. Für manchen ist das ein Schlüsselerlebnis. "Wer zum ersten Mal die Ringe des Saturn sieht, der vergisst das nie", sagt Speichert. Dem Ingenieur reicht es allerdings auch, zu Hause im Liegestuhl mit dem Feldstecher die Sterne zu beobachten und einfach zu wissen, was dort oben los ist.

Speichert ist zuständig für die Technik in der Tornescher Sternwarte, ebenso wie Peter Zemlin. Der Mann, der als Techniker bei der ARD arbeitet, ist im Gegensatz zum "Deep-Sky-Typ" Sander mit dem Teleskop gern im heimischen Sonnensystem unterwegs. Sein Faible ist die Fotografie, wobei er mit der ans Teleskop montierten Kamera nicht nur Mond und Sonne, sondern auch ferne Galaxien in den Fokus nimmt. Fotos, an denen sich Sternenfreunde wie der 15 Jahre alte Jannik Rank immer wieder erfreuen können. Den künftigen Jugendwart des Tornescher Vereins faszinieren besonders die Strukturen in fernen Galaxien, etwa in Spiralarmen und Sternenwolken.

Ganz anders geht es Vereinschef Bodo Hübner. "Ich kann zwei Stunden lang den Mond beobachten." An der Grenze zwischen beleuchteter und dunkler Seite des Mondes seien die Erhebungen der Oberfläche am deutlichsten erkennbar, die Veränderungen im wechselnden Licht gut zu erkennen. Karl Engeldinger hingegen hat ein Faible für Zahlen, ihn faszinieren Astrometrie und Himmelsmechanik. Für ihn ist es das Größte, die Bahnberechnungen der alten Astronomen wie Kepler und Galilei noch einmal anhand von Beobachtungen etwa am Jupiter und seinen Monden durchzurechnen. Oder einen Satelliten auf der Umlaufbahn zu beobachten und mit Hilfe mehrerer Fixpunkte den gesamten Bahnverlauf zu berechnen. Wenn das leuchtende Objekt dann nach 75 Minuten am Horizont genau am berechneten Ort wieder auftaucht, ist das für den Chemiker im Ruhestand eine Genugtuung.

Der naturwissenschaftliche Ansatz der Tornescher Sternenfreunde ist unübersehbar. Kein Platz also für Science Fiction? Da muss der eine oder andere doch schmunzeln. Jules Verne etwa wurde mit seiner Idee der Reise zum Mond einst als Spinner dargestellt. Star Trek und Star Wars ist den Hobby-Astronomen ebenfalls nicht unbekannt. Letztlich stehen Zukunftsvisionen aber nicht auf der Tagesordnung.

Na ja. Zumindest privat, verrät Michael Speichert, sei das bei ihm etwas anders. Er ist bekennender Fan der TV-Kultserie "Raumpatrouille" und scheut sich nicht, dies auch anderen zu zeigen: Sein Schlüsselanhänger ist eine gelungene Nachbildung des legendären Raumschiffs "Orion".

Mehr Information über den Verein Regionale

Volks- und Schulsternwarte Tornesch gibt es unter Telefon 04122/408 31 16 bei Bodo Hübner sowie unter www.astronomie-tornesch.de im Internet.