Barmstedter Stadtvertretung berät heute über Sohlgleite in der Krückau. Lillscher Hügel soll dafür bebaut werden.

Barmstedt. Die heutige Sitzung der Barmstedter Stadtvertretung verspricht spannend zu werden. Die Kommunalpolitiker wollen nach jahrelanger Diskussion den Bau einer Sohlgleite beschließen, die den Fischen in der Krückau den Aufstieg am Rantzauer See erleichtert und die alte Fischtreppe an der Schleusenau ersetzt, die nicht mehr der EU-Richtlinie entspricht. Um aber die von Bau- und Umweltausschuss mehrheitlich befürwortete große Lösung realisieren zu können, müsste die Stadt für 1,3 Millionen Euro die Lillsche Wiese erwerben. Damit diese Grunderwerbskosten wieder reinkommen, soll das bislang unbebaute Maisfeld am See Platz schaffen für etwa 30 neue Einfamilienhäuser. Dagegen regt sich Widerstand aus der Bevölkerung. Franz-Josef Sitta, dem es 2006 gelang, die Bürgermeisterwahl in Barmstedt vor dem Verwaltungsgericht erfolgreich anzufechten, kündigt an, notfalls ein Bürgerbegehren einzuleiten, dass den Ankauf und die Bebauung des Lillsche Hügels verhindern soll.

Die alte Fischtreppe in der Schleusenau, die den drei Meter Höhenunterschied der Krückau am Rantzauer See überwindet, ist für die meisten Fische ein unüberwindbares Hindernis. Die 40 Zentimeter hohen Stufen können nur Lachse und Forellen überspringen. Barben und Barsche, die sich vor allem in der Krückau tummeln, scheitern an dieser Sperre des Flusslaufs. So können sie nicht flussaufwärts schwimmen, um dort zu laichen. Dies ist nach der Wasserrahmenrichtlinie der EU nicht mehr zulässig. Bis 2015 müssen die Fließgewässer durchlässiger werden.

In Barmstedt wird deshalb seit einigen Jahren der Bau einer Sohlgleite beraten, die den Fischen über einen künstlichen Kanal den Aufstieg stufenlos ermöglicht. Gutachten und Machbarkeitsstudien wurden erstellt und verschiedene Varianten diskutiert und wieder verworfen. Jetzt soll eine 850 Meter lange Lösung verwirklicht werden, die zwei Sohlgleiten über eine Länge von 115 Metern beinhaltet. Dabei soll in Höhe der Kleingärten am See die Krückau abgezweigt und unter die L 75 (Spitzerfurth) hindurch geführt werden, wo sie auf den Heederbrooksbach trifft.

Diese Variante, die 1,2 Millionen Euro Baukosten veranschlagt, wovon die Stadt ein Zehntel tragen müsste, den Rest übernähmen Land und EU, hatte der Abwasserzweckverband ins Spiel gebracht. Denn der Regenwasserkanal, der das Oberflächenwasser der Stadt und das Brüdenwasser der Meierei aufnimmt und unter dem See in die Krückau leitet, ist marode. Auf diese Weise ließen sich Sohlgleite und Sanierung dieses Kanals miteinander kombinieren, so der Gedanke. Denn allein dafür wären 300 000 Euro fällig.

Doch das ließe sich nur über die Lillsche Wiese verwirklichen, deren Ankauf von 6,7 Hektar FWB, SPD und Teile der CDU mit einer Wohnbebauung refinanzieren wollen. "Wir können uns keine neue Parkanlage für 1,3 Millionen Euro leisten" sagt FWB-Fraktionschef Michael Schönfelder.

Alternativ könnte parallel zum Wanderweg eine 180 Meter lange Sohlgleite für eine halbe Million Euro gebaut werden. Die Lillsche Wiese bliebe unberührt. Doch diesen tristen Betonbau lehnen die Befürworter als "abschreckend" ab. Ein Gutachten unterstützt sie bei dieser Auffassung und favorisiert ebenfalls die lange Variante.

Das halten die Gegner für ein Gefälligkeitsgutachten, weil die Kosten dabei eine viel zu geringe Rolle spielten.

Sitta und seine Mitstreiter bringen eine weitere Alternative ins Spiel, die bereits in einem Gutachten gestanden habe. So schlagen sie eine kleinere Lösung einer kurvigen Sohlgleite in Höhe des Wanderweges vor. Diese Variante wäre mit etwa 400 000 Euro Baukosten nicht nur billiger. Sie würde den alten Baumbestand erhalten im Gegensatz zur anderen kürzeren Variante.

Sitta bezweifelt, dass die große Lösung überhaupt den gewünschten Effekt einer Fischtreppe hätte. "Stellen Sie sich vor, Sie wären ein Fisch: Dann müssten Sie von der Krückau über die Schleusenau und den Heederbrooksbach und den neuen Kanal wieder in die Krückau schwimmen." Dass die Tiere diesen Umweg nehmen, ohne sich in den vielen Sackgassen zu verirren, sei geradezu unmöglich, ist Sitta überzeugt. Aber Sitta denkt schon weiter. Er will sofort nach dem zu erwartenden Ratsbeschluss ein Bürgerbegehren anstrengen und die dafür notwendigen 800 Unterschriften sammeln. Dieser könnte dann in einen Bürgerentscheid bei der Kommunalwahl im Mai 2013 münden. "Dann müssten die Parteien im Wahlkampf Farbe bekennen"