Im Berufsleben der ehemaligen Pinneberger Bürgermeisterin als Sozialministerin in Kiel hat sich sehr viel verändert. Ein Besuch.

Pinneberg . Bis zum Sommer guckte sie aus ihrem damals noch größeren Büro auf die Fassade der Volksbank Pinneberg und den Verkehr auf der Friedrich-Ebert-Straße. Heute ist das Zimmer kleiner, die Aussichten aber besser. Schaut Kristin Alheit, 45, in nördlicher Richtung, blickt sie auf die südliche Kieler Hafenspitze, die Hörn, sieht die großen Fähren am Skandinavien-Terminal. Seit gut 100 Tagen hat die gebürtige Hessin hoch im Norden ihr neues berufliches Zuhause. Als schleswig-holsteinische Sozialministerin im Kabinett ihres SPD-Parteifreundes Torsten Albig ist die ehemalige Pinneberger Bürgermeisterin verantwortlich für annähernd 280 Mitarbeiter.

"Ich gucke natürlich genau hin, was im Kreis und besonders in der Stadt Pinneberg passiert", sagt die Ministerin. Dafür sorgen schon die Angehörigen ihres zwölfköpfigen persönlichen Stabes, die der Chefin zum Start des Arbeitstages einen landesweiten Pressespiegel vorlegen. Keine Frage, dass Kristin Alheit die Suche nach ihrer Nachfolgerin oder ihrem Nachfolger verfolgt. Sich dazu äußern will sie nicht. "Es gehört sich, dass sich mich raushalte." Wahlkampf für die parteilose Urte Steinberg, die von der Pinneberger SPD nominiert worden ist, will die Genossin Alheit nicht machen. "Ein klares Nein."

Der Arbeitstag der Ministerin in Kiel beginnt normalerweise gegen kurz vor 9 Uhr. Um 8 Uhr holt sie ein Fahrer aus Kiel daheim in Hamburg-Othmarschen ab. Nachdem sie 2008 Verwaltungschefin in Pinneberg geworden war, hatte sich Kristin Alheit aus familiären Gründen und zum Ärger hiesiger Bürger dagegen entschieden, von Hamburg in die Kreisstadt zu ziehen. Ihre sechs und 14 Jahre alten Söhne gehen im Hamburger Westen zur Schule. Deshalb ist auch ein Umzug nach Kiel für die zweifache Mutter keine Option. "Morgens im Auto beginne ich gleich am Laptop mit der Arbeit", sagt Kristin Alheit. Abends bringt sie der Fahrer aus der Landeshauptstadt zurück nach Hamburg.

Der gerichtliche Zwist um den Bau der Westumgehung, die Umbaupläne für die Innenstadt und die Eggerstedt-Kaserne, die fatale Situation der Pinneberger Finanzen: Das waren die Themen von gestern. Heute geht es um Fragen wie die landesweite Versorgung mit Kindergartenplätzen und die gerechte Verteilung der Ressourcen im Gesundheitswesen. "Der Bereich Gesundheit ist unglaublich kompliziert", sagt die Neu-Ministerin. Sie ist viel im Land unterwegs, will vor allem alle schleswig-holsteinischen Kliniken zügig besuchen. Eine Herausforderungen für die Zukunft ist der Ärztemangel auf dem Land. Zum Thema Kindergärten sagt sie: "Wir haben im Land schon viel erreicht, aber in der Fläche müssen noch mehr Anstrengungen erfolgen."

Sie fühlt sich als Kabinettsmitglied sehr wohl als Teil eines Teams. "Das ist anders als vorher, ich finde es sehr gut, es gibt die Möglichkeit der Rückkopplung." Von Kiel aus führt der Weg regelmäßig auch eine Etage höher nach Berlin. "Wir hatten schon ein Treffen aller Gesundheitsminister der Länder. Und vor zwei Wochen war ich im Bundesrat", sagt Kristin Alheit. Sie wirkt motiviert, sprüht vor Energie, sagt aber auch: "Alleine aus dem Koalitionsvertrag haben wir rund 150 Aufträge abzuarbeiten. Das ist eine echte Nummer." Bei so viel Arbeit ist es kein Wunder, dass die 45-Jährige von den schönen Seiten Kiels noch sehr wenig gesehen hat. "Ich war noch nicht einmal zum Shopping in der Stadt. Aber unsere Kantine hier im Ministerium ist gut." Kannte in Pinneberg fast jeder ihr Gesicht, beschert Kiel ihr bis dato noch gewisse Anonymität. "Auf größeren Veranstaltungen werde ich nicht erkannt, trage mein Namensschild." Sehr spannend sei es während einer feierlichen Veranstaltung mit Diplomaten aus aller Welt gewesen. "Man wird dabei offiziell als Tischdame eingeteilt. Ich saß zwischen einem Konsul aus Mexiko und einem aus der Mongolei", so die Ministerin. Nach Pinneberg zieht es sie ab und zu privat zurück. Hier hat sie noch ihren Optiker, ihre Ärzte. Zu aktuellen Entwicklungen in der Kreisstadt wie zum Thema Haushaltskonsolidierung möchte die Ministerin nichts sagen. "Da werde ich mich nicht einmischen. Ich versuche professionellen Abstand zu halten."

Es hatte auch einige böse Stimmen gegeben, als sie im Sommer, für viele Menschen überraschend, ihren Weggang aus Pinneberg verkündet hatte. Manch Politiker hatte ihr als Bürgermeisterin ein schlechtes Zeugnis ausgestellt. Kristin Alheit will nicht nachkarten. "Es ist, wie es ist. Ich habe einige Menschen in Pinneberg lieb gewonnen. Die negativen Dinge übertrage ich nicht auf die ganze Stadt."