Wedeler Schulleiter begab sich auf eine 800 Kilometer lange Pilgertour nach Santiago de Compostela und schrieb ein Buch darüber.

Wedel. Der Jakobsweg ist für viele Pilger ein anstrengender Weg voller Entbehrungen. Für andere ist es auch ein Weg zu sich selbst. Nie war es so modern, so hip, sich auf Pilgerfahrt zu begeben, wie in unserer Zeit. Deutsche Pilger strömen spätestens seit Hape Kerkelings Buch "Ich bin dann mal weg", nach Spanien, um sich auf eine spirituelle Reise nach Santiago de Compostela zu begeben. In dieser Stadt im Nordwesten Spaniens soll sich das Grab des Apostels Jakobus befinden. Aus diesem Grund pilgern schon seit etwa 900 nach Christus Gläubige nach Santiago.

Dass ein Mensch kein streng gläubiger Christ sein muss, um den Jakobsweg mit all seinen beeindruckenden und prägenden Erlebnissen zu begehen, zeigt das Beispiel von Kay Jensen. Der Schulleiter der Wedeler Pestalozzi-Schule begab sich im Sommer 2011 auf Pilgerfahrt. Er hat seine Erinnerungen, Eindrücke und Bilder in einem Buch festgehalten. "Königlicher Jakobsweg" heißt es. 800 Kilometer legte der 58 Jahre alte Wedeler zu Fuß zurück. Von Saint-Jean-Pied-de-Port in Frankreich nach Santiago de Compostela.

Warum er sich auf diese Reise begab, kann er nicht beantworten. "Es fühlt sich an, als würde ich gerufen", schreibt Jensen im ersten Kapitel seines 170 Seiten starken Buches. "Doch wer ruft da? Ist es Gott oder eine meiner inneren Stimmen?" Das sei schlichtweg nicht wichtig, sagt Jensen. Sei der Entschluss erst einmal gefasst, gebe es kein Halten mehr. Immer wieder erzählt Jensen über die große Vorfreude zu Beginn seiner Pilgerfahrt. "Die ersten Meter erscheinen mir wie ein Geschenk. Endlich. Endlich geht es los."

Antonius Soest, Schulleiter der Wedeler Gebrüder-Humboldt-Schule, an der Kay Jensen für Schüler erstmals aus seinem Buch las, ist ein guter Freund des Pilgers. Soest hatte Jensen bestärkt, ein Buch über die Pilgerreise zu schreiben. "Der Mensch wollte schon immer erforschen und entdecken", sagt Soest. "Jetzt, da die Erde weitestgehend erforscht ist, geht es bei solchen Expeditionen darum, sich selbst zu entdecken und zu überwinden. Daran wächst ein Mensch." Seine Leistung mache Jensen zu einem Vorbild für junge Menschen.

Kay Jensen beging den Jakobsweg im Gegensatz zu vielen anderen Pilgern allein. In seinem Buch beschreibt er immer wieder, wie froh er sei, allein zu pilgern. Allein zu pilgern bedeutet aber nicht, allein zu sein. Auf seinem Weg erfuhr er viel Hilfe von Einheimischen, die ihm den Weg wiesen oder ihm Schlafmöglichkeiten boten. Auch die Begegnungen mit anderen Pilgern schildert er in seinem Buch.

Wie jene mit zwei Abiturientinnen aus Süddeutschland. Sie waren zur Stelle, als es für den Pilger schlecht stand. Völlig deprimiert stellte er sich die Frage: "Was soll ich hier?" Er war kurz davor, die Heimreise anzutreten. Die Jungen Frauen nennt er heute seine Schutzengel. Sie hörten ihm zu, überzeugten ihn, weiter zu laufen - unter anderem mit drei Pappbechern und einer Flasche Rotwein. Solche Erlebnisse machten die Reise aus, sagt Jensen.

Die Kehrseite waren Nächte in überfüllten Herbergen und Hitze am Tage. Die Herbergen waren Jensen so suspekt, dass er sich schließlich für Übernachtungen in Hotels entschied. Deshalb nennt er sich gern Edelpilger. Den Jakobsweg legte Jensen in einem beachtlichen Tempo zurück. Im Schnitt schafft er 26,8 Kilometer am Tag. Seine längste Etappe war die letzte. Von Arzúa nach Santiago de Compostela lief Jensen 39,8 Kilometer. "Der Augenblick der Ankunft war unbeschreiblich", sagt Jensen. "Das Bild der Kathedrale von Santiago prägte sich ein. Für immer."

Der Jakobsweg ist anstrengend, voller Entbehrungen, eine körperliche und spirituelle Herausforderung. Kay Jensen fand auf dem Jakobsweg zu sich selbst.