Hannes Birke gibt nach 19 Jahren Amtszeit den Vorsitz ab. Genossen machen ihn zum Ehrenboss. Minutenlanger Applaus bei Abschiedsfeier.

Kreis Pinneberg. Eine politische Ära ist am Sonnabend in Elmshorn zu Ende gegangen. Nach 19 Jahren Amtszeit (1988 bis 1999, 2004 bis 2012) gab Hannes Birke den Kreisvorsitz der SPD ab. Mit minutenlangem Applaus feierten die rund 100 Genossen im Sportlerheim des FTSV Elmshorn ihren 70 Jahre alten scheidenden Kreischef und wählten ihn spontan per zustimmenden Beifall zu ihrem Kreis-Ehrenvorsitzenden - den bislang ersten und einzigen in dieser Funktion. Zu seinem Nachfolger wählten die Delegierten des Kreisparteitags Thomas Hölck aus Haseldorf, eine Woche vor dessen 50. Geburtstag. Hölck erhielt 75 Ja- und zwei Nein-Stimmen bei zwei Enthaltungen. Das entspricht einem Zuspruch von fast 94 Prozent.

Der langjährige Parteichef Birke stahl dem neuen Vorsitzenden der 1740 SPD-Mitglieder im Kreis Pinneberg an diesem Tag die Schau. Zahlreiche Redner dankten Birke für die gute Zusammenarbeit, lobten seine Menschlichkeit und seine manchmal schroffe und knorrige, aber immer herzliche Art.

+++ Der Neue hat es nicht leicht +++

Ernst Dieter Rossmann, Bundestagsabgeordneter und seit drei Jahrzehnten SPD-Vorsitzender in Elmshorn, sagte: "Hannes, wir verstehen uns fast blind. Du bist ein großer Sozialdemokrat, ein guter Kreisvorsitzender." Aus Berlin brachte er die Grußworte des Fraktionschefs Frank-Walter Steinmeier für die politische Lebensleistung Birkes mit. Stefan Bolln aus Barmstedt ließ Grüße des Landesvorstandes "an den Wortführer aller Kreisvorsitzenden" ausrichten. Das sei Birke kraft seiner Erfahrung, seiner Art und seiner Weitsicht gewesen. "In der Tat sind das große Fußstapfen, in die der Nachfolger tritt", sagte Bolln. Auch der Parteijugend sei Birke immer ein guter Ratgeber gewesen, sagte Juso-Kreisvorsitzender Lennart Feix. Und Hans-Peter Stahl, Birkes Vize-Fraktionschef im Kreistag, sagte: "Hannes, du bist ein Markenzeichen der SPD."

Die Genossen überschütteten ihren Ex-Chef mit Geschenken. Eine Reise nach Westerland gehörte dazu, ebenso ein Vogelhäuschen, ein rotes Telefon und ein roter Bademantel, in dem er manche Gäste in seinem Zuhause in Elmshorn gerne mal empfange, wie Dörte Köhne-Seiffert ausplauderte. Rossmann lud Birke nach Berlin ins Bundestags-Restaurant und auf einen Kaffee mit Cognac ins Hotel Adlon ein.

Aber Birke wäre nicht der kantige Sozialdemokrat, den seine Freunde wegen seiner Durchschlagskraft und Schlitzohrigkeit schätzen und seine Gegner wegen seiner oft polemischen Art und scharfen Zunge fürchten, wenn er diese Lobhudelei nicht mit seiner typischen Art kommentieren würde.

"Einen Kreisehrenvorsitzenden gibt es nach unserer Satzung gar nicht." Natürlich habe er sich darüber gefreut, dass die Delegierten darüber hinweggingen. "Aber sie wissen noch gar nicht, was das für mich bedeutet, nämlich lebenslanges Rede- und Antragsrecht im Kreisvorstand", sagte Birke doch etwas gerührt über das Schauspiel seiner Genossen. Zuvor hatte das Landesvorstandsmitglied Bolln diesen Hang des scheidenden Kreischefs Birke, jederzeit seinen politischen Senf dazu geben zu müssen, als das mit Birkes Namen verbundene "Pinneberger Landrecht" auf Landesebene bezeichnet.

Komplett tritt Birke noch nicht von der politischen Bühne ab. Dem Pinneberger Kreistag, dem er seit 1974 angehört und wo er die SPD-Fraktion seit 1999 führt, will er noch weitere fünf Jahre angehören. Er werde im Mai 2013 bei der Kommunalwahl wieder kandidieren, kündigte Birke an.

"Das Ziel ist klar: Der Kreis braucht den Wechsel. Schwarz-Gelb muss abgelöst werden." Amtsnachfolger Hölck, der bereits Birkes Stellvertreter war, zählte in seiner Antrittsrede zu den Eckpunkten seiner Position den sozialen Wohnungsbau. "Die SPD wird wieder bezahlbaren Wohnraum im Kreis Pinneberg schaffen", sagte Hölck, der von Beruf Bauingenieur ist. Später erklärte der Parteitag dies zum zentralen Thema für die Bundestagswahl. Er habe ein Herz für die Schwächeren in der Gesellschaft, sagte Hölck, sei selber als Kind rechtschreibschwach gewesen und habe sein Studium über den zweiten Bildungsweg erreicht. "Darum weiß ich, welche Bedeutung die Bildungsreform für unsere Gesellschaft hat." Die SPD, die im nächsten Jahr ihr 150-jähriges Bestehen feiert, habe immer für eins gestanden. "Es ist unsere Aufgabe, die Welt, in der wir leben, immer ein Stückweit gerechter zu machen."