Anfang September verlassen die letzten Weißstörche den Kreis Pinneberg und begeben sich auf den langen Flug in Richtung Afrika.

Quickborn. "Wir leben seit zehn Jahren mit den Störchen. Die gehören einfach zum Haus dazu, machen Krach, Dreck und jede Menge Freude", sagt Martin Wegener. Auf dem Dach seines reetgedeckten Hauses in Quickborn-Renzel thront ein stattliches Storchennest. Von den gefiederten Bewohnern sind heute keine anzutreffen. Dass sie sich bereits auf die Reise nach Afrika begeben haben, sei durchaus möglich, sagt Wegener.

Jürgen Prahl ist ehrenamtlicher Storchenbetreuer der AG Weißstorchbetreuung des Naturschutzbundes Schleswig-Holstein und weiß über das Reiseverhalten der Vögel Bescheid.

+++ Storchenboom im Kreis Segeberg +++

"Zum Ende des Sommers werden die Störche vom Wandertrieb erfasst. Bei den Jungstörchen ist das wie bei Teenagern. Sie rotten sich, aus verschiedenen Dörfern kommend, in Kleingruppen zusammen, um noch vor ihren Eltern nach Afrika zu fliegen." Sammelstellen seien Feuchtwiesen wie im Bokelsesser Moor bei Klein-Offenseth, die ausreichend Nahrung bieten, um sich ein Fettpolster für den Langstreckenflug anzufressen. Der Antritt der Reise sei unter anderem von der Wetterlage abhängig. "Störche fliegen nicht, sondern gleiten durch die Luft. Das Schlagen mit den Flügeln würde zu viel Energie kosten. Die Tiere steigen mit der Thermik nach oben. Deshalb warten sie meist auf ein Hochdruckgebiet, um den langen Flug nach Afrika anzutreten. Sie können zwischen 120 und 150 Kilometer segeln, bevor sie wieder nach unten abfallen", sagt Prahl.

Jedes Jahr notiert er die Ein- und Abreisezeit der Störche und ermittelt die aktuellen Bestände. In diesem Jahr hat er neun Storchenpaare gezählt. Sechs von ihnen haben Nachwuchs bekommen, insgesamt wurden siebzehn Jungvögel im Kreis groß gezogen. Im Jahr 2011 waren es nur sieben Paare, die Zahl an Jungvögeln war mit siebzehn allerdings identisch.

+++ 2012 gutes Storchenjahr in Schleswig-Holstein +++

Auch für die Beratung ist der ehrenamtliche Storchenbetreuer zuständig. Vier neue Reetdachhausbesitzer im Kreisgebiet, die sich ein Storchennest auf dem Grundstück wünschten, baten ihn in diesem Jahr um Tipps, wie sie dabei vorgehen sollten. Martin Wegeners Dach hatten Störche bereits im Jahr 2003 zu ihrem Zuhause erklärt. "Wir hatten im Frühjahr den Heidefirst neu errichtet und schon wenige Wochen später kam ein Storchenpaar, das sich sein eigenes kleines Nest baute", sagt Wegener. Ein richtiges Nest setzte er 2004 aufs Dach.

Sein Alltagsleben auf dem Grundstück ändert er aus Rücksicht auf die Vögel nicht. "Wir mähen weiter den Rasen und fahren mit dem Traktor am Haus vorbei. Störche suchen sich ihre Umgebung bei der ersten Inspektion des Nestes bewusst aus. Wenn es bei uns auf einmal still wäre, würden die Vögel das sicherlich als merkwürdig und bedrohlich empfinden.", sagt Wegener. Zudem seien die Störche selbst auch nicht gerade leise. Ein Storchennest sei mit einer nicht zu unterschätzenden Geräuschkulisse in Form von Geschnatter und Schnabelgeklapper verbunden. Um die Wiederkehr seiner Störche im nächsten Jahr macht sich Wegener keine Sorgen. Zwischen Februar und März jeden Jahres holt er mit Hilfe der Freiwilligen Feuerwehr Quickborn das Nest vom Dach, um es pünktlich vor Ankunft der Störche zu reinigen. "Bestimmt zieht auch im nächsten Jahr auf unserem Dach wieder ein Pärchen ein."