Unter dem Kommando einer Frau kümmern sich acht Männer der Straßenmeisterei des Kreises Pineberg um 100 Kilometer Fahrbahnen.

Kreis Pinneberg. Acht Männer in Orange, elf multifunktionale Fahrzeuge und Arbeit ohne Ende: Das ist das Straßenwärterteam des Kreises Pinneberg. Dienstsitz ist Moorrege. Die Einsatzgebiete sind hundert Kilometer Kreisstraßen und neunzig Kilometer Radwege. Hinzu kommen die Ampelanlagen und die Brückenbauwerke. Diesem Team muss am Morgen niemand sagen, was es zu tun hat. Die „alten Hasen“ wissen immer, was zu tun ist – und das erledigen sie meist im Zweierteam und mit hohem Engagement. Ihr Chefin ist Angela Biermann, 60, die Leiterin der Straßenmeisterei des Kreises.

Alle reden vom Wetter – die Straßenwärter nicht. Sie müssen sowieso immer raus. Ob die Sonne brennt, ob es kalt ist oder ob es aus Kannen schüttet. Wenn es friert und schneit, dann sind sie ohnehin mit Salz auf Achse. Über zu wenig Arbeit oder Leerlauf können sie sich nicht beschweren – sie haben stets alle Hände voll zu tun. Davon kann sich leicht überzeugen, wer ihnen und ihren Fahrzeugen mit den gelben Rundumleuchten mal für einen Tag folgt.

Michael Franke, 51, ist mit dem größten, rund 300 000 Euro teueren, Fahrzeug zum Mähen unterwegs. Beinahe wie von Geisterhand geführt, rückt das Mähwerkzeug des Unimog U500 in Position. Franke steuert das komplizierte Gerät virtuos vom Fahrersitz aus. Gleich auf zwei Schnittebenen mäht er die Bankette frei. Was Straßenwärter Franke sozusagen im Vorbeirollen macht, war ganz früher einmal echte Handarbeit mit der Sense. Aber warum lässt er einen Teil des Bewuchses stehen? „Das ist vor allem dem Umweltschutz geschuldet“, erläutert Franke: „In dem stehen gelassenen Bewuchs können sich Kleinlebewesen entfalten.“ Später im Jahr folge dann die Vollmähung. Aber jetzt komme es vorrangig auf die Verkehrssicherheit an.

Günter Mundt, 55, und Günter Süllbrandt, 49, sind schon früh am Morgen mit zwei Linden im Gepäck an eine Unfallstelle an der Kreisstraße 10 gefahren. Hier hat kürzlich ein Autofahrer zwei zehn Jahre alte Straßenbäume „umgelegt“. Mit wuchtigen Schlägen schwingt Mundt den schweren Hammer, um die Stützpfähle des Baumens einzuschlagen. Die beiden sind ein eingespieltes Team: Zwar schaut Süllbrandt etwas skeptisch. Aber er hält den Pfahl, auf den Mundt munter eindrischt, unverrückbar in Position. Für die Schadensbeseitigung, die Neupflanzung und Nachsorge, wird die Versicherung des Unfallfahrers am Ende etwa 4300 Euro zahlen müssen.

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Die Straßenwärter müssen auch die Folgen von Verkehrsunfällen beseitigen

Für zwei bis drei Wochen sind Thomas Schubert, 52, und Andrej Delchmann, 45, mit der Wildkrautbeseitigung an allen Kreisstraßen und Radwegen beschäftigt. Erstaunlich: Sonst sieht man selten mal einen von ihnen mit dem Besen in der Hand. Bei dieser Arbeit ist er aber ein wichtiges Werkzeug. Alles was Delchmann mit den Bürsten seines Fahrzeugs löst, fegt Schubert sorgfältig zusammen. Zugleich lassen sie die Rohre und Durchlässe längs der Straße von einem Spülwagen der Stadt Pinneberg spülen. Außer einem LKW haben sie auch ein Radwegefahrzeug vom Typ Hansa dabei. Was sie am Tag geschafft haben, können sie abends am Straßenrand begutachten: schiere Kante bis zum Horizont!

Hans-Jürgen Tetz, 51, ist der „älteste Hase“ der Straßenmeisterei. Seit 28 Jahren trägt er die orangefarbene Kluft; die durchschnittliche Betriebszugehörigkeit liegt bei 15 Jahren. Tetz fährt Streckenkontrolle, meist an die hundert Kilometer pro Tag, schön langsam und immer mit Rundumblick. Ihm darf nichts entgehen. Er gibt auch Gemeinden Hinweise, sich um schiefstehende Bäume zu kümmern.

Wir treffen Tetz am Parkplatz am Golfplatz bei Holm. Neben einem kompletten Kindersitz findet er hier allerlei anderen Unrat. Rasch holt er einen Müllsack vom Fahrzeug und sammelt den Dreck ein. Die diversen Einschusslöcher an einem Hinweisschild (Kaliber neun Millimeter und Schrot) erschrecken ihn nicht. „So etwas finden wir öfter“, sagt er nur. Solange es die Funktion der Schilder nicht beeinträchtigt, muss Tetz nicht tätig werden.

Die Aufgaben der Straßenmeisterei haben einen wiederkehrenden Rhythmus: Das neue Jahr beginnt schon im alten mit dem Winter: Im vorigen Wintereinsatz haben die Männer rund 2000 Tonnen Salz verstreut, das ist viermal so viel wie in „normalen Jahren“. Das sind anstrengende Wochen. Jede Nacht um 2 Uhr müssen sie damit rechnen, Salz fassen und raus zu müssen, damit alle anderen mit ihren Fahrzeugen ihre Ziele sicher erreichen können.

Bis März stehen je nach Witterung Baumpflege, Hecken- und Knickpflege, Leitpfostenwaschen und der Austausch der Reflektoren an. Von April bis Juni haben die Straßenwärter das Reinigen der Straßenabläufe und die Beseitigung von Fahrbahnschäden mit Kaltasphalt zu erledigen. Mit der Schlaglochbeseitigung ist der Großteil der Männer drei bis vier Wochen beschäftigt. Später bekommen dann Firmen Aufträge für die flächendeckenden Asphaltierungsarbeiten. Dann müssen die Männer auch bald wieder zu Mäharbeiten raus. Bis Juli stehen Grabenräumarbeiten und Wildkrautbeseitigung auf dem Programm. Vollmähung, Baggerarbeiten und Bankettpflege müssen bis September erledigt sein. Und dann kommt schon wieder die „Hochzeit“ der Straßenwärter: Winterdienst. Für die Winterzeit gibt es sogar eine Urlaubssperre.

Aber damit noch nicht genug: „Auf der Matte stehen“ müssen die Männer auch, wenn die Folgen eines Verkehrsunfalls beseitigt werden müssen.

Übrigens: Gelernter Straßenwärter vom Berufsbild her ist tatsächlich nur einer von ihnen. Alle anderen in dieser tollen Truppe sind Quereinsteiger, die ihre hohe Berufserfahrung als Gärtnermeister, Landmaschinenmechaniker und Kraftfahrzeugmechaniker eingebracht haben. Angela Biermann: „Wir suchen derzeit einen neuen Auszubildenden zum Straßenwärter.“ Vielleicht ist ja jetzt jemand auf den Geschmack gekommen.