Prägend für mich war die Aufnahme zweier Jungen aus Luninez in Weißrussland: Sascha und Sergej, beide etwa 13 bis 14 Jahre alt. Luninez, ausgesucht als Partnerstadt Schenefelds, bemühte sich redlich um ihre neue Partnerschaft. Jährlich kamen etwa 30 Kinder mit dem Bus nach Schenefeld, verbrachten vorerst vier Wochen in St. Peter-Ording und eine weitere Woche in einer Familie. Die Teilnehmer meines VHS-Kurses waren alle "luninez-geimpft" und überredeten mich, zwei Jungen - eben Sascha und Sergej - für eine Woche aufzunehmen. Für den guten Willen bekam ich schon einmal vorweg eine Matrjoschka, eine aus Holz gefertigte, bunt bemalte Puppe. Da konnte man nicht nein sagen.

Sascha und Sergej sollten auf dem Dachboden schlafen. Dafür musste die elektrische Eisenbahn meines Mannes Uwe weichen und wurde nun fester Bestandteil des Wohnzimmers. Recht war es Uwe nicht. Unsere Gäste jedoch spielten stundenlang damit.

Dann meine Reise nach Luninez: Wir fuhren mit dem Reisebus die Transitstrecke und übernachteten in Posen/Polen. Mit dabei: Albert Burs als stellvertretender Bürgermeister. Ankunft in Luninez. Wir hielten vor einem Hotel. Unsere Gruppe teilte sich. Die meisten von uns wurden erwartet und abgeholt. Eine kleinere Gruppe wollte im Hotel übernachten.

Mich holte Valentina ab und nahm mich mit nach Hause. Sie wohnte mit ihrem Mann im Hochhaus. Es war schon spät, und die Dunkelheit brach ein. Die Beleuchtung war überall spärlich. Die Hochhäuser hatten jeweils nur eine Lampe am Eingang, das Treppenhaus musste man sich ertasten. Ebenso die Straßen, die auch noch reichlich Schlaglöcher hatten. Kein Problem: Die Autos fuhren Slalom, immer um die Schlaglöcher herum.

Einmal war ich bei Sascha, dann bei der Familie von Sergej. Sergej hatte gerade Besuch von seinem Freund und wollte auch für ihn den Tisch decken. Die Mutter erlaubte es nicht. Denn was sie an Brot, Gurken und Tomaten noch hatte, musste noch lange reichen. Hier denkt man einmal mehr über das Wort Armut nach.

Elke Wedemann, 71