Unsere Firma: Söring Medizintechnik in Quickborn ist Weltmarktführer bei Ultraschall- und Hochfrequenz-Geräten für die Neuro-Chirurgie.

Quickborn. Mit einer Wette begann ihre steile Karriere vor 16 Jahren in Deutschland, erinnert sich Natali Salcenko. Die Deutschrussin heuerte bei dem Medizintechnik-Unternehmen Söring in Quickborn an. Und der Inhaber Holger Söring machte ihr ein Angebot, das sie nicht ausschlagen mochte. Wenn es ihr gelänge, in den nächsten drei Monaten eines seiner innovativen Ultraschall- und Hochfrequenz-Geräte für die Neuro-Chirurgie zu verkaufen, sei sie engagiert. "Die Wette gilt", sagte Natali Salcenko und brachte gleich zwei Söring-Geräte an den Medizinmann.

Längst ist die sympathische Frau in die Geschäftsführung des stark wachsenden Unternehmens am Justus-von-Liebig-Ring berufen worden. Nach dem plötzlichen Tod des Firmengründers im Februar dieses Jahres leitet Natali Salcenko den Betrieb zusammen mit dessen Tochter Anna-Katharina Söring und dem Technischen Direktor Volker Mohr. 130 Mitarbeiter auf dem zwei Hektar großen Firmengelände produzierten voriges Jahr 1800 medizinische Geräte. In diesem Jahr sollen es 2200 Geräte werden und der Umsatz um weitere 25 Prozent auf 20 Millionen Euro steigen, kündigt Salcenko an. Die Zahl der Mitarbeiter, zurzeit 148, soll bis Jahresende auf 150 wachsen.

Der Marktanteil des Unternehmens beträgt in Deutschland etwa 40 Prozent. In anderen Ländern wie Russland, China, Ukraine, Weißrussland, Kasachstan und Indien operieren sogar neun von zehn Ärzten komplizierte Leber- und Tumor-Erkrankungen mit dem Ultraschall- und Hochfrequenz-Skalpell aus dem Hause Söring. Salcenko: "Viele deutsche Chirurgen wissen gar nicht, dass es hier so eine Perle gibt."

Das Unternehmen unterhält Niederlassungen in China, Russland, Ukraine, Kolumbien und Kasachstan. Das Händlernetz ist auf 50 Länder verstreut. Bis 2017 wird sich die Zahl der Mitarbeiter auf 300 verdoppelt haben, gibt Firmenchefin Anna Söring die Zielmarke vor. "Wir wollen jetzt auch auf dem deutschen Markt präsenter sein", kündigt sie an.

Heute gebe es keine bessere Lösung, um Leber- oder Gehirntumore zu entfernen, sagen die Medizintechniker aus Quickborn. Ihre Geräte funktionieren so: Mit 25 000 Schwingungen pro Sekunde (25 Kilohertz) wird krankes Parenchymgewebe (Organgewebe) zerstört und abgesaugt. Ein weiteres Anwendungsgebiet ist die Wundbehandlung. Dabei wird eine Lösung durch die Operationssonde direkt auf die Wundoberfläche gespült und gleichzeitig Bakterien abgetötet, wodurch die Entzündungsgefahr minimiert wird, erklärt der Technische Direktor Mohr.

Der internationale Durchbruch gelang dem Unternehmen kurz nach dem Firmenstart 1989. Mit der Ultraschalltechnik aus dem Hause Söring gelang es weltweit erstmals, ein siamesisches Zwillingspaar in Malaysia zu trennen. "Die waren an der Leber zusammengewachsen", erinnerte sich der Firmenchef wenige Monate vor seinem Tod im Abendblatt-Gespräch. Der Eingriff gelang, die Geschwister leben heute noch. "Ein halbes Jahr später bekam meine Frau auch Zwillinge. Der Präsident Malaysias sagte zu mir, ich sei wohl ein gesegneter Mensch."

Allerdings brachte der Ruhm auch Nachteile mit sich. In kürzester Zeit versuchten zwei Dutzend Mitbewerber, ihm das Geschäft streitig zu machen. Söring musste zunächst mit einem Preisverfall fertig werden. Eine expansive Marketing-Strategie und das Setzen auf höchste Qualität brachten das Medizintechnik-Unternehmen schließlich auf die Erfolgsspur.

Zurzeit entwickelt das Unternehmen die nächste OP-Generation, erklärt Firmenchefin Anna Söring. Die neueste technologische Errungenschaft ist ein Operationssystem, das mit allen gängigen Marken anderer Hersteller kompatibel ist und sich mit diesen verständigen kann. Diese Innovation fördert das Kieler Wirtschaftsministerium mit 1,4 Millionen Euro.

Söring hat dafür eine Telemetrie entwickelt, die es der Firma gestattet, ihre Operationssysteme irgendwo im Ausland von Quickborn aus zu überprüfen. "Wir können aus der Ferne für jedes Gerät sofort eine Fehlerdiagnose machen, die es uns ermöglicht, mit den Fachleuten vor Ort die weiteren Schritte zu besprechen", erklärt Mitgeschäftsführer Mohr. Dies spare Zeit und verringere Ausfallzeiten. Im Notfall müsste natürlich weiterhin ein Servicemitarbeiter der betreffenden Klinik einen Besuch abstatten.

Söring will seine High-end-Geräte künftig auf das gesamte Operationsspektrum ausweiten. Nicht nur die hoch spezialisierten Neurochirurgen, auch Urologen, Orthopäden, Traumatologen und Kardiologen sollen bei praktisch jedem chirurgischen Eingriff mit dem Quickborner Know-how Patienten heilen und ihnen das Leben retten können. Je nach Anforderung lassen sich die Söring-Modulsysteme maßgeschneidert auf bis zu fünf Anwendungen erweitern. Mittelfristig sind allein davon 1000 Stückzahlen pro Jahr geplant.

"Wir investieren auch viel in die Weiterbildung unserer Mitarbeiter sowie der Ärzte, laden externe Experten zu Fachtagungen ein, treten als Sponsor von Fachkongressen auf", sagt Natali Salcenko. Die Erfahrung, dass immer noch viele deutsche Chirurgen nicht wüssten, "dass es hier so eine Perle gibt", dürfte bald Vergangenheit sein.