Gegen den Durchgangsverkehr über die Bundesstraße 431: Eine neue Bürgerinitiative will Nordumfahrung der historischen City forcieren.

Wedel. Bevor Elfriede Lüdemann ein Fenster zum Lüften öffnet, setzt sie sich einen Gehörschutz auf. Denn genau vor ihrem Haus in der Wedeler Altstadt dröhnt der Durchgangsverkehr über die Bundesstraße 431. "Am schlimmsten ist es, wenn die Laster vor der roten Ampel warten", sagt die 68-jährige Wedelerin. "Dann kommt es einem so vor, als würden die Autos um den Stubentisch fahren", bestätigt auch ihr Nachbar Wolfgang Meyer-Tuve, der sich vor sechs Jahren ein Haus an der Organistenstraße gekauft hat. Seit damals wartet er darauf, dass das eintritt, was die Vorbesitzerin nur noch für eine Frage von Monaten gehalten hatte: Die Entlastung der historischen Wedeler Altstadt vom Durchgangsverkehr durch den Bau einer Umgehungsstraße.

Das Thema hat das Zeug zu einer unendlichen kommunalpolitischen Geschichte. Südumfahrung, Nordumfahrung - an der Verkehrsberuhigung der Altstadt scheiden sich seit mehr als 20 Jahren die Geister. Konkret geändert hat sich bislang allerdings nichts, trotz detaillierter Gutachten, trotz Planungswerkstatt mit Bürgerbeteiligung.

Letzter Stand: Zwar beschloss der Stadtrat 2011, das Planfeststellungsverfahren für eine nördlich des Altstadtkerns verlaufende Trasse einzuleiten. Doch das Verkehrsministerium in Kiel schmetterte den Antrag ab, weil bestimmte Voruntersuchungen fehlten. Im Dezember entschied der Wedeler Planungsausschuss, die fehlenden Voruntersuchungen zu beauftragen. Nach Bekanntwerden des Millionenlochs im Etat legten die Stadtpolitiker die Sache allerdings im Dezember mindestens bis zur Sitzung des Haushalts- und Finanzausschusses im März 2012 auf Eis. Möglicherweise fallen die 175 000 Euro, die diese Voruntersuchungen vermutlich kosten werden, der Streichliste zum Opfer, mit der die Stadtväter und -mütter den Haushalt konsolidieren wollen. Unter denselben Vorbehalt fallen die für 2012 und 2013 einkalkulierten Planungskosten von jeweils 75 000 Euro. Und selbst wenn die kommunalen Volksvertreter im März grünes Licht für die Voruntersuchungen geben sollten, dauert es nach Einschätzung von Klaus Lieberknecht, Leiter des Fachbereichs Bauen und Umwelt, noch mindestens bis Anfang 2014, bevor überhaupt das Planfeststellungsverfahren beginnen kann. Vorausgesetzt, die Planer des Bundesverkehrsministeriums und anschließend die Kollegen in Kiel segnen die eingereichten Unterlagen aus Wedel dann ab. Und weiterhin vorausgesetzt, das Projekt steht dann immer noch im Bundesverkehrswegeplan. Den Löwenanteil der geschätzten Baukosten von etwa 18 Millionen Euro zahlt der Bund

Vielen Anwohnern und Altstadtkaufleuten reißt angesichts der zähen Entwicklung der Geduldsfaden: "Man kommt sich allmählich verschaukelt vor", sagte Elfriede Lüdemann. Deshalb nimmt sie jetzt gemeinsam mit weiteren Anliegern einen neuen Anlauf, um frischen Schwung in die Angelegenheit zu bringen. Anfang Dezember gründeten Neubürger und City-Veteranen eine Bürgerinitiative. "Wir wünschen uns mehr Dialog mit der Stadt", sagt Initiativen-Sprecher und Neu-Wedeler Christian Vorwerck. "Uns geht es um ein ganzheitliches Verkehrskonzept, das den Durchgangsverkehr aus der Altstadt heraushält und den innerstädtischen Verkehr besser organisiert." In dem dann verkehrsberuhigten Bereich zwischen Roland und Bahnhof solle Platz für Fußgänger und Radfahrer, Kultur, Sport, Cafés und Restaurants entstehen. Auch das so genannte "Shared Space"-Modell aus dem Niederlanden, bei dem alle Verkehrsteilnehmer die Straße gleichberechtigt nutzen, sei nach Vorwercks Angaben denkbar. "Die B 431 macht die historische Altstadt kaputt", fährt der Sprecher fort. "Wedel hat eine Menge Charme und könnte viel mehr aus sich machen." Mehr über Ziele und Aktionen der Initiative steht unter der Internetadresse www.altwedel.de .