Pinneberg rüstet sich für einen möglichen Rechtsstreit . Die Stadt will 380.000-Volt-Leitungen verhindern und Erdverkabelung prüfen lassen.

Quickborn. Die Stadt Quickborn rüstet sich für einen möglichen Rechtsstreit gegen den Netzbetreiber TenneT. Der geplante Ausbau der Stromtrassen quer durch den Kreis Pinneberg mit Höchstspannungsleitungen dürfe keinesfalls auf Kosten der Gesundheit der Quickborner Bevölkerung geschehen, betont Bürgermeister Thomas Köppl (CDU). Darum hat die Verwaltung jetzt in Absprache mit den beiden örtlichen Bürgerinitiativen eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben, die insbesondere alle rechtlichen und technischen Fragen zu einer möglichen Erdverkabelung klären soll.

Der Ausschuss für Stadtentwicklung und Umwelt hat einstimmig zugestimmt und der Finanzausschuss hat am Dienstagabend dafür 50.000 Euro bereitgestellt. "Wir müssen uns auf den Plan B vorbereiten", sagt Köppl. "Sollte das Planfeststellungsverfahren keine akzeptable Lösung für uns bringen, werden wir klagen. Und dafür brauchen wir diese Expertise." Wenn der Beschluss erst vorliegt, sei es zu spät. "Dann hätten wir nur sechs Wochen Zeit, um unsere Klage zu begründen."

Hintergrund ist der Netzausbau der Stromtrassen zur schleswig-holsteinischen Westküste. Der dort erzeugte Windstrom kann zurzeit nur zu einem Bruchteil genutzt werden, da die vorhandenen Leitungen nicht mehr aufnehmen können. Deshalb sollen sie von 220 000 auf 380 000 Volt Spannung ausgebaut werden. Der bis zum Jahr 2021 geplante Ausstieg aus der Atomenergie hat dieses Vorhaben noch beschleunigt. Der niederländische Netzbetreiber TenneT will 2012 mit dem Ausbau beginnen. Gegen das Vorhaben liegen der zuständigen Landesbehörde 1000 Einwände vor. "Die Abstimmung mit dem Antragsteller läuft noch", sagt ein Sprecher des Landesbetriebs für Straßenbau und Verkehr.

Die Stromtrasse soll überirdisch entlang der vorhandenen Trassen von Hetlingen bis Quickborn laufen. Außer der Stromspannung erhöht sich dadurch auch die Mastgröße, die sich auf bis zu 70 Meter verdoppeln wird.

+++Bronze-Lösung für die Stromtrasse+++

In Kummerfeld und Moorrege, wo die neuen Stromleitungen direkt über Wohnhäuser verlaufen sollten, haben sich die Gemeinden mit dem Investor auf eine Verschwenkung verständigt, die weiter entfernt von den Häusern sein wird. In Quickborn konnte dies bislang nicht erreicht werden. Verhandlungen mit Eigentümern scheiterten. Wir befinden uns noch in Gesprächen", sagt TenneT-Sprecher Alexander Greß.

Darauf wollen sich die Anwohner nicht verlassen, die sich zu Hunderten den Initiativen "Quickborn unter Höchstspannung" und "Quickborn gegen Riesenmasten" zusammengeschlossen haben. Sie befürchten wie der Physiker Werner Schneider durch eine so erhöhte Stromspannung eine Vervierfachung der elektromagnetischen Strahlung, die schon bei geringer Dosis krebserregend sein könne.

Günther Hansen lebt mit seiner Frau Walburg seit fünf Jahrzehnten nahe der Stromtrasse im Peperkamp. "Als wir hier einzogen, gab es die noch gar nicht." Inzwischen ist ein Funksendemast hinzugekommen, den er von seinem Garten aus sehen kann. "Wenn ich im Dunkeln unter der Stromtrasse mit einer Leuchtstoffröhre stehe, fängt die an zu leuchten." Sorgen bereitet den Anwohnern vor allem auch die Tatsache, dass in der Nachbarschaft gehäuft Krebserkrankungen aufgetreten sind.

Die Quickborner Stadtverwaltung hat mit der Machbarkeitsstudie das renommierte ATW Forschungsinstitut in Wiesbaden eingeschaltet. Dies habe jahrelange Erfahrungen mit der Untersuchung von Stromtrassen, berichtet ihr Leiter, Prof. Lorenz Jarass. "Wir haben dazu eine Vielzahl von Gutachten erstellt." So konnte sein Institut nachweisen, dass beim 110 KV-Ausbau im nordfriesischen Breklum Erdkabel günstiger als Freileitungen waren. Diese sind jetzt nach einer Richtlinie des Bundeswirtschaftsministeriums zwingend unterirdisch vorgeschrieben. Bei 380-KV-Leitungen hat sein Institut Gutachten für Uckermark und Südthüringen erarbeitet. In der Schweiz habe das oberste Bundesgericht ihre Ergebnisse grundsätzlich bestätigt, was dann zu einer Verlegung der Stromleitungen unter der Erde führte. "Das Problem besteht meist darin, dass die Energieversorger behaupten, es geht nicht oder es sei zu teuer", sagt Prof. Jarass. Dabei könnte für bestimmte Teilabschnitte eine Erdverkabelung die sinnvollere Alternative sein. In Quickborn geht es um eine Länge von etwa 1,5 Kilometern. "Dass die zehnmal so teuer seien wie Freileitungen, ist völliger Unsinn."