Mitarbeiter und Bewohner der Elmshorner Fachpflegeeinrichtung klagen Profitmaximierung des schwedischen Eigentümers an

Elmshorn. Die 120 Mitarbeiter des Pflegeheims Haus Flora in Elmshorn sind stinksauer - und fühlen sich von ihrem Arbeitgeber im Stich gelassen. Der schwedische Betreiber der Einrichtung an der Matthias-Kahlke-Promenade hatte kurzfristig massive finanzielle Einschnitte wie den Verzicht auf Weihnachtsgeld und Schichtzulagen gefordert und, als diese verweigert wurden, Insolvenz angemeldet. "Frohe Weihnachten - ich gehe jetzt in die Insolvenz" - diese E-Mail versendete Eigentümer Mattias Wilson.

"Kein Geld für die Schweden, wir wollen überleben", skandierten die Mitarbeiter, die sich gestern Mittag mit Protestplakaten wie "Wir sind kein Schwedenhappen" oder "Schlecht geführtes Altenheim sucht neuen Betreiber" vor dem Gebäude aufstellten. Auch viele Bewohner der Einrichtung hatten sich den Protesten angeschlossen - so wie Ralph Schwittay, der zuständige Mitarbeiter der Gewerkschaft Ver.di.

Im 1989 gegründeten Haus Flora werden schwerst pflegebedürftige Menschen ab 18 Jahren versorgt. Es sind Wachkoma-Patienten ebenso wie Unfallopfer, die aufgrund ihres Verletzungsgrades lebenslang Pflegefälle bleiben müssen. Betreut werden auch Tumor-Patienten im Endstadium, Menschen mit Huntington-Syndrom oder Morbus-Parkinson-Betroffene. Das Haus Flora verfügt über 102 Betten, von denen 97 belegt sind. Aufgrund der Schwere der Krankheitsbilder sind 120 Mitarbeiter notwendig, die im Schichtbetrieb rund um die Uhr für die Bewohner sorgen.

"Das Personal kümmert sich vorbildlich um uns Bewohner", sagt Uwe Hocker, der im Heimbeirat sitzt. Hocker, der auf den Rollstuhl angewiesen ist, lebt seit 1993 im Haus Flora. "Wir sind hier wie eine große Familie und haben uns immer wohl gefühlt. Wenn jetzt hier dicht gemacht wird und wir ausziehen müssten, wäre das furchtbar."

Dass es soweit kommt, glaubt Ver.di-Mann Schwittay nicht. Er hat bereits über Jahre negative Erfahrungen mit dem Haus Flora-Betreiber gemacht und diverse Arbeitskämpfe in der Einrichtung begleitet. Laut Schwittay gehören die Betreibergesellschaft und die Firma, die die Immobilie besitzt, dem gleichen schwedischen Eigentümer. "Er macht sozusagen Geschäfte mit sich selbst", so Schwittay. Das Heim sei fast voll belegt und dank der Einnahmen aus den Pflegekassen eigentlich profitabel.

Er könne nur vermuten, dass die geforderte Pacht nicht marktgerecht ist. Angeblich sollen Mietschulden von zwei Millionen Euro existieren.

Ein zweites Problem sei, dass laut Vertrag mit den Kassen ein Heimleiter und eine Pflegedienstleitung genehmigt sind. Der Eigentümer leiste sich einen zusätzlichen Geschäftsführer, der 130 000 Euro Jahresgehalt verdiene - und einen Tag die Woche arbeite.

"Wir haben einen guten Ruf und das Personal leistet tolle Arbeit", sagt Betriebsratsvorsitzende Antje Kypke. Sie beklagt Fehler in der Führungsebene. Zahlen zur finanziellen Situation seien nicht vorgelegt worden. "Donnerstagnachmittag wurden wir informiert, dass die Lage katastrophal sei, Montag sollten wir unterschreiben." Auch Ver.di-Mann Schwittay betont, dass die Gewerkschaft kompromissbereit sei - im Gegensatz zum Eigentümer.

"Wir brauchen einen guten Investor, der uns und unsere Situation wahrnimmt", fordert Mitarbeiterin Ute Thale, die von Beginn an dabei ist. Und Mitarbeiterin Karin Wendorf-Beeg fürchtet, "dass jetzt die Pflegemafia bei uns einfällt". Heimleiter Henning Pramschiefer betont im Namen der Betreibergesellschaft, dass "die Eigentümer die Einrichtung gemeinsam mit dem Insolvenzverwalter weiter führen wollen". Die Mitarbeiter dagegen wünschen sich einen Führungswechsel - und sehen die Insolvenz als Chance. Der gestellte Antrag allerdings wies einen Formfehler auf - und muss wiederholt werden. Daher wurde noch kein Insolvenzverwalter benannt.