Vor 25 Jahren begann in Schleswig-Holstein die Ausbildung für Frauen in einem klassischen Männerberuf. Jeder sechste Polizist ist eine Frau.

Kreis Pinneberg. Um Freund und Helfer von Berufs wegen zu sein, stand Frauen lange nur eine soziale oder pflegerische Karriere offen. Seit 25 Jahren werden in Schleswig-Holstein nun weibliche Schutzpolizeibeamte ausgebildet. Landesweit gehören 1053 Polizeibeamtinnen zur Schutzpolizei, 90 davon arbeiten im Kreis Pinneberg. Jeder sechste Polizist ist eine Frau. Das Abendblatt sprach mit drei Beamtinnen über ihre Motivation und Erfahrungen in dem Beruf, der die Exekutivgewalt in unserem Staat repräsentiert.

Oberkommissarin Sandra Mohr, 37, ist seit 16 Jahren bei der Polizei. Sie ist eine der beiden Sprecherinnen der Polizeidirektion Bad Segeberg. Sonja Boege, 35, ist ebenfalls Oberkommissarin und genauso lange im Polizeidienst, davon seit zwölf Jahren in Quickborn. Auf der dortigen Wache sind fünf der 21 Beamten weiblich wie auch Obermeisterin Dagmar Prescher, 38, die als Quereinsteigerin bei der Polizei gelandet ist.

"Ich habe technische Zeichnerin gelernt", erzählt sie. "Das war so was von langweilig. Ich wusste schon vorher, was ich am nächsten Tag machen würde." Ganz anders ihr Erleben bei der Schutzpolizei: "Das ist der abwechslungsreichste Beruf, den frau sich vorstellen kann. Man weiß nie, was, wann und wo etwas passiert. Aber das etwas passiert, ist klar." Sie lasse sich bei der Arbeit gerne überraschen, sagt Dagmar Prescher. "Ich hasse Langeweile und bei der Polizei ist es nie langweilig."

Die Vielseitigkeit des Polizeiberufs zeigt sich auch in den unterschiedlichen Aufgabengebieten. So konnte die Quickborner Beamtin jetzt für drei Monate bei der Drogenfahndung reinschnuppern - "ein sehr spezieller Bereich", wie sie feststellte. Sandra Mohr war anfangs im Innenstadtrevier von Kiel mit Rotlichtviertel im Schichtdienst, wechselte später zur Einsatzleitstelle und dann zur Autobahnpolizei nach Elmshorn. Nun versorgt sie die Medien mit Informationen zum Polizeigeschehen von Elmshorn bis Bad Segeberg. Eine Aufgabe, die ihr unheimlich viel Spaß bringt und die sie bereits in Kiel einige Jahre ausübte. Da käme es darauf an, die richtige Balance zwischen dem Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit und der Ermittlungsarbeit der Polizei zu wahren, die bestimmte Hinweise nicht bekannt werden lassen darf, um die Aufklärung einer Straftat nicht zu gefährden. "Das ist eine sehr verantwortungsvolle Aufgabe", weiß die Oberkommissarin. "Ich muss immer wissen, was ich damit auslösen kann."

Jedes Detail einer Meldung über einen Unfall, Diebstahl, Raub oder Sachbeschädigung müsse sorgfältig ausgewählt und kommuniziert werden, beschreibt sie ihre Aufgabe. Das geschieht in enger Absprache mit den Kollegen des betreffenden Sachgebiets und laufe manchmal den Interessen der Medien zuwider. "Auch der Schutz von Zeugen muss gewährleistet sein."

Zudem biete dieser Beruf beiden Geschlechtern dieselben Rechte, betont Sandra Mohr. "Ob Mann oder Frau, die Bezahlung ist je nach Besoldungsgruppe immer gleich." Gerade für Frauen, die wie sie Kinder hätten, böte sich eine große Bandbreite von Teilzeitmöglichkeiten, die von zwölf bis 41 Stunden pro Woche variieren. Sie nutze zurzeit die Vier-Tage-Regelung, sagt die Elmshornerin. "Das ist eine gute Lösung."

Natürlich müsse eine Frau bei der Polizei "ihren Mann stehen", versichert die Polizeisprecherin. "Als Püppchen darf man nicht auftreten", sagt Sonja Boege. Im Einsatz könnte sie sich nicht hinter dem männlichen Kollegen verstecken. Das mache aber auch keine. Ihre körperliche Fitness müssten die weiblichen ebenso wie die männlichen Polizeischüler bereits vor der Ausbildung in Eutin und Altenholz unter Beweis stellen, indem sie einen Hindernisparcours zu bewältigen haben. Sandra Mohr hält sich fit durch Rennradfahren und Spinning im Fitnessstudio.

Dabei kommt es im Einsatz nicht unbedingt auf Kraft und Härte an, berichten die Beamtinnen. "Unser Hauptwerkzeug ist das gesprochene Wort", sagt Dagmar Prescher. "Jede Frau muss selbstbewusst auftreten." Oftmals könnten Polizeibeamtinnen auch einen Konflikt nur durch ihre Anwesenheit entschärfen. Bei einer Schlägerei hielten sich die Raufbolde plötzlich zurück, wenn eine Beamtin einschreitet. "Viele Männer haben dieses Tabu verinnerlicht: Ich schlage keine Frau", erklärt Dagmar Prescher. Die deeskalierende Wirkung von Polizeibeamtinnen ist sogar wissenschaftlich erwiesen, erläutert Jessica Wessel vom Landespolizeiamt. Der Kriminologe Christian Pfeiffer aus Hannover habe dies mit einer aktuellen bundesweiten Studie nachgewiesen: Tätliche Auseinandersetzungen seien um 20 Prozent geringer, wenn Frauen im Polizeieinsatz dabei sind. Dieses Verhalten hat aber auch seine Grenzen. Mancher Macho weigere sich schlicht, einer Polizeibeamtin zu folgen.

In einem Punkt scheinen sich die männlichen und weiblichen Beamten aber zu unterscheiden: Als 2005 die senfgelben Uniformen durch blaue ersetzt wurden, waren die Frauen diejenigen, die am konsequentesten wechselten. "Das ging schlagartig. Alle Frauen trugen sofort blau", erinnert sich Sandra Mohr. "Während manche Männer die alte Uniform aufgetragen haben." (abendblatt.de)