Am Rist-Gymnasium lernen die Schülerinnen und Schüler in einer Arbeitsgemeinschaft Sprache, Land und Leute kennen.

Wedel. Immer wieder freitags begrüßt Denis Scheither seine Schüler auf exotische Art. Statt "Guten Morgen" ruft der Lehrer des Wedeler Johann-Rist-Gymnasiums "Konichi wa!" in seine Lerngruppe. Kleiner Tipp für alle, die einen Godzilla-Film nie im Original gesehen haben - das ist japanisch. Scheither leitet eine freiwillige Arbeitsgemeinschaft, die sich mit Leben und Leuten im Land der aufgehenden Sonne beschäftigt - nach seinen Angaben die in dieser Breite einzige ihrer Art im Kreis Pinneberg. Sie ist exemplarisch dafür, wie Kinder zum Lernen motiviert werden können, wenn denn nur das Thema stimmt.

Bei Philipp Holz, 14, begann alles mit dicken Männern. "Nachdem ich das erste Mal Sumo-Ringer im Fernsehen entdeckt habe, will ich einfach mehr über das Land wissen", sagte er. Auch die Sprache fasziniert ihn. Dass sie schwierig ist, nimmt er dabei in Kauf, selbst wenn die AG erst in der siebten Unterrichtsstunde beginnt, die eigentlich auch schon Wochenende sein könnte. "Die Japaner hören sich beim normalen Sprechen oft schon so an, als würden sie schimpfen. Selbst so sprechen zu können, macht einfach Spaß", sagte Luis Kobras,17, der zur Gruppe gehört, seitdem Scheither sie vor zwei Jahren gegründet hatte.

Es hängt einmal mehr am Engagement eines einzelnen Pädagogen, den Nachwuchs zu begeistern. Scheither, ansonsten Lehrer für Mathematik, Musik und Informatik, war Mitte der 90er Jahre von der weltweit ausgestrahlten Anime-TV-Serie Neon Genesis Evangelion so fasziniert, dass er mehr wissen wollte. Während seines Studiums in Bremen brachte er Japanern deutsch bei und lernte im Gegenzug japanisch im Tandem-Unterricht. Tiefer und tiefer tauchte er in die Kultur ein, beschäftigte sich mit Filmen und schrieb sogar seine Musik-Examensarbeit übers Taiko-Trommeln.

Ein Meister an diesen Klangkörpern war ebenfalls schon in der Wedeler AG zu Besuch - ein Ereignis mit Seltenheitswert. Yoshiyuki Kimura, in Japan ein Star der traditionellen Musik gastierte einen Tag lang an der Schule. Es war ein "Dankeschön" des japanischen Konsulats für Geldspenden, die die AG-Mitglieder nach der Katastrophe von Fukushima gesammelt hatten. Mehrere Tage hatten die Schülerinnen und Schüler in der Küche des JRG gewirbelt und japanische Spezialitäten wie gebratene Nudeln, Reisbällchen und natürlich Sushi gezaubert. Ihre Schulkameraden und Lehrer durften gegen Bezahlung probieren.

Zwar werden die 330 Euro Spende für die Atom- und Tsunami-Opfer sicherlich die Kosten fürs Trommler-Konzert nicht ansatzweise abdecken - aber Japaner freuen sich über derart höfliche Gesten der Schüler.

Das japanische Essen zubereiten und selbstverständlich verspeisen gehört für Philipp Holz zu den schönsten Dingen in der AG. "Wir besuchen manchmal auch Restaurants. Das macht Spaß." Zana el Mustafa, 13, hingegen haben es die Schriftzeichen besonders angetan: "Die sehen einfach cool aus." Die Hiragana-Silbenschrift ist völlig andersartig als die abendländischen Buchstaben - diese und ähnliche Details aus einem fremden Kulturkreis sind sogar Motivation genug, Referate zu erarbeiten: von Abhandlungen zur Konzeption und Pflege von Steingärten bis zu Episoden aus der Geschichte.

Lehrer Scheither bemüht sich, Vielfalt in den Unterricht zu bringen: Von Manga-Comics über Origami-Kunst bis Spielen wie Go und der Vermittlung sprachlicher Grundkenntnisse reicht sein Angebot, das freiwillig angenommen wird. Der Erfolg gibt ihm Recht: Marie Foelke, 18, kam über einen Chinesisch-Kursus in der Begabtenförderung aufs Japan-Faible. Sie macht im kommenden Jahr Abitur, will aber trotzdem auf die Japan-AG nicht verzichten.

Und geht die Liebe der Wedeler Japaner so weit, dass auch einmal ein Besuch vor Ort ansteht? Scheither: "Am liebsten ja, aber erstmal beschränken wir uns auf japanisches Kino in Hamburg."