Innenminister Schlie will die Jugendkriminalität im Kreis Pinneberg bekämpfen. Pinneberg nimmt mit vielen Projekten Rolle des Vorreiter im Land ein.

Kreis Pinneberg. Mit einer Taskforce Jugend, die in allen Landkreisen und kreisfreien Städten eingerichtet werden soll, will Innenminister Klaus Schlie die Jugendkriminalität bekämpfen. Dazu sollen alle beteiligten Behörden - Polizei, Staatsanwaltschaft, Jugendgerichtshilfe, Jugendämter und Schulen - eng zusammenarbeiten, um gemeinsam Konzepte zur Prävention und Intervention zu erarbeiten. Schwerpunkt dieser Taskforce sollen jene Intensivtäter sein, die zwar nur etwa sieben Prozent aller ermittelten Tatverdächtigen ausmachen, aber je nach Deliktart für ein bis zwei Drittel der Straftaten verantwortlich sind. Bei Raub und Diebstahl sind drei von vier jungen Straftätern der Polizei bekannt. Während die Jugendkriminalität insgesamt stagniert, nimmt der Anteil jugendlicher Mehrfachtäter rapide zu.

Im Kreis Pinneberg rennt der Minister damit offene Türen ein. Kreissprecher Marc Trampe sagt: "Das, was Schlie fordert, erfüllen wir schon sehr gut." Oberstaatsanwalt Ralph Döpper vom Landgericht Itzehoe sagt: "Wir sind seit etlichen Jahren mit Elan und Energie dabei, was die Bekämpfung der Jugendkriminalität angeht." Dieser gebühre besondere Aufmerksamkeit. "Das ist für uns immer ein Thema, weil es unsere Leute sind, die wir wieder in die Gesellschaft integrieren müssen."

So hat die Polizei bereits vor 13 Jahren erstmals im Kreis Pinneberg eine Sonderermittlungsgruppe eingesetzt, die sich verstärkt um Raub-Straftaten unter Jugendlichen kümmerte. Eine groß angelegte Befragung in den Schulen hatte ergeben, dass jeder fünfte Schüler Opfer eines solchen Raubes geworden war. Hauptkommissar Peter Heinz: "Das waren 4000 Jugendliche. Aber angezeigt wurden damals nur 200 Straftaten." Die Dunkelziffer musste also enorm hoch sein, kombinierte die Polizei und widmete sich mit einer speziellen Ermittlungsgruppe allein diesen Straftaten unter Jugendlichen. Mit Erfolg. Abziehen ist kein Thema mehr.

Dafür sind es nun umso mehr jene Jugendlichen mit besonders großer krimineller Energie, die innerhalb eines Jahres fünf Straftaten oder zwei Gewaltdelikte begangen haben. Dazu zählt die Polizei inzwischen landesweit 895 junge Männer und 50 junge Frauen. Ihre Zahl hat sich seit 2004 versechsfacht. Das liegt sicher auch daran, dass die Polizei dieser Gruppe gewaltbereiter Jugendlicher verstärkte Aufmerksamkeit schenkt. In Pinneberg und Elmshorn sind seit drei Jahren jeweils vier Polizeibeamte ausschließlich mit diesem harten Kern zwischen 14 und 21 Jahren beschäftigt. Die Mühe lohnt sich, wie Polizeisprecherin Sandra Mohr berichtet. "Die Ermittlungsgruppen arbeiten ausgesprochen erfolgreich." So sei die intensive Betreuung dieser 90 Mehrfachtäter ein Grund dafür, dass in 2010 die Zahl der Tatverdächtigen im Kreis Pinneberg um zehn Prozent gesunken ist. Auch wenn jeder vierte Straftäter dieser Altersgruppe angehöre.

Einige Projekte aus dem Kreis Pinneberg werden von der Landesregierung als beispielhaft benannt. So soll die Bestrafung eines jugendlichen Täters möglichst "auf dem Fuße folgen", sagt Oberstaatsanwalt Döpper. Spätestens vier Wochen nach seiner abschließenden Vernehmung soll der Beschuldigte vor Gericht stehen. 112 solcher beschleunigten Jugendverfahren hat das Landgericht Itzehoe voriges Jahr abgewickelt, so viele wie die drei anderen Gerichtsbezirke im Land zusammen. Beispiel: Ein 17 Jahre alter Pinneberger wurde nach diversen Straftaten, mehrfacher Diebstahl, Sachbeschädigung, Hausfriedensbruch und Raub am 17. Juli festgenommen. Bereits am 18. August ist er vom Amtsgericht Pinneberg zu einer Jugendstrafe von einem halben Jahr auf Bewährung verurteilt worden.

Auch mit den Jobcentern in Elmshorn und Pinneberg arbeite das Gericht eng zusammen, berichtet Döpper. Wenn Heranwachsende mit krimineller Energie einen unstrukturierten Tagesablauf, also nichts zu tun haben, besteht die Gefahr, dass sie auf dumme Gedanken kommen. Mit Hilfe der Jobcenter würden sie möglichst schnell in eine Arbeitsmaßnahme gesteckt, so Döpper.

Sehr nahe kommt dem ministeriellen Aufruf bereits das Konzept der Fallkonferenzen, bei dem ebenfalls der Landgerichtsbezirk Itzehoe landesweit Vorreiter ist. Da kommen Vertreter von Justiz, Schule, Polizei, Jugendhilfe und Staatsanwaltschaft zusammen, um über einen konkreten Fall zu beraten. Döpper: "So konnten wir einen drogenabhängigen jugendlichen Straftäter noch am selben Tag in die Entgiftung und anschließend in den Entzug einweisen."