Erhebungsbeauftragte wie die Pinnebergerin Christa Borchardt warten auf ihr Geld. Der Kreis bedauert Verzögerungen bei Auszahlungen.

Pinneberg. Bei der nächsten Volkszählung braucht niemand mehr auf Christa Borchardt zu zählen. Die Pinnebergerin, 69, die im Mai und im Juni als Erhebungsbeauftragte im Auftrag des Statistischen Landesamtes emsig unterwegs gewesen war, wartet seit knapp zwei Monaten auf die vereinbarte Aufwandsentschädigung. Am Montag hatte die Rentnerin abermals bei der für sie zuständigen Erhebungsstelle des Kreises angerufen, inzwischen "wutentbrannt", wie sie sagt. Und abermals wurde sie vertröstet: "Die Damen dort sagten mir, sie hätten weiter Probleme mit dem Computerprogramm, das sie für die Abrechnung brauchen."

Marc Trampe, Sprecher der Kreisverwaltung Pinneberg, bestätigte auf Anfrage des Abendblatts: "Wir hinken tatsächlich mit der Auszahlung hinterher. Wir bedauern das sehr." Es habe tagelang Ausfälle des Abrechnungssystems gegeben, das bundesweit im Einsatz sei. Außerdem habe in der Pinneberger Erhebungsstelle "Personalknappheit" geherrscht, so Trampe: "Wir hatten als bevölkerungsreichster Kreis mit etwa 200 die meisten Erhebungsbeauftragten im Land, aber unser Büro war nicht entsprechend üppig besetzt."

Christa Borchardt, die mit annähernd 1000 Euro Honorar für ihre Tätigkeit als Volkszählerin rechnet, steht mit ihrem Ärger bei weitem nicht alleine. Sie selbst kenne mehrere andere Betroffene aus der Umgebung, die ebenfalls noch kein Geld bekommen hätten, so die 69-Jährige: "Beim Kreis hieß es zuletzt, es seien noch 25 Leute vor mir, die bearbeitet werden müssten." Im Internet mehren sich Berichte aus allen Teilen Deutschlands, in denen Zensus-Beauftragte ihrem Unmut Luft machen. Auch Christa Borchardt hat für die erheblichen Verzögerungen kein Verständnis mehr: "Ich greife nicht die Damen vom Kreis an, die können nichts dafür. Aber wenn ich so etwas bundesweit mit großem Aufwand aufziehe, muss klar sein, wie es hinterher mit der Bezahlung läuft!"

Die Pinnebergerin hatte sich, entsprechend der Vorgaben, extra beeilt, ihre abgeschlossenen Akten bis Anfang Juli abzugeben. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich die Rentnerin eine neue Brille bestellen müssen, Kostenpunkt 600 Euro: "Ich dachte, das passt gut mit dem Geld vom Zensus. Jetzt musste mein Sohn das Geld für die Brille vorstrecken, sonst hätte ich ein Sparbuch auflösen müssen."

Fast 100 vollständig ausgefüllte Fragebögen hatte Christa Borchardt abgegeben, wofür sie je 7,50 Euro bekommen soll. Dazu kommen je 2,50 Euro für Fragebögen, die nach der "Existenzfeststellung" online von den Befragten ausgefüllt wurden. Mit dem Rad war sie unterwegs gewesen, hatte häufig mehrfach die zu Befragenden angesteuert, um Interviewtermine abzustimmen. Bis auf zwei Ausnahmen ("Die haben mich bepöbelt"), seien die Befragungen in freundlicher Atmosphäre verlaufen. "Von der menschlichen Seite her war das völlig in Ordnung", sagt sie, "der Stress kam erst hinterher."

Christa Borchardt bleibt nichts, als zu warten: "Ich kann doch nichts tun, als denen weiter auf die Pelle zu rücken. Oder soll ich die Kartons mit den Fragebögen pfänden lassen?!" Im Namen der Kreisverwaltung sagte Marc Trampe zu: "Wir haben das erklärte Ziel, dass bis Ende September alle Betroffenen ihr Geld erhalten haben."

In einigen Kommunen in Deutschland war bereits während der heißen Phase der Volkszählung die Befürchtung geäußert worden, die Verwaltungen könnten auf Kosten sitzen bleiben. Beim Kreis Pinneberg sehen die Verantwortlichen diese Gefahr nicht, wie Sprecher Trampe sagte: "Wir rechnen mit dem Land ab und gehen klar davon aus, dass wir alle Kosten erstattet bekommen."