Auch Archäologen und Studenten der Uni Hamburg forschen an der Grabungsstelle im Tangstedter Forst auf der Suche nach der Wulfsburg.

Tangstedt/Rellingen. Das Graben nach Überresten einer mittelalterlichen Burg gleicht manchmal der sprichwörtlichen Suche nach einer Stecknadel im Heuhaufen. Peter Pries (71) aus Rellingen und Hartmut Boller (70) aus Tangstedt sind seit vier Jahren der legendären Wulfsburg auf der Spur. Dabei haben sie im Tangstedter Forst schon diverse "Stecknadeln", nämlich Fundstücke wie Eisennägel und verkohlte Holzteile entdeckt, die auf eine Kleinsiedlung mit Wall und Graben aus dem elften Jahrhundert hinweisen. Jetzt wurde die Grabungsstelle, deren genaue Lage nicht bekannt gegeben wird, um Störungen und Zerstörungen zu vermeiden, sogar zum Studienobjekt: Eine Gruppe von Wissenschaftlern und Archäologiestudenten der Universität Hamburg rückte mit großem Gerät an, um sich auf die Reise in die Vergangenheit zu machen.

Julian Subbert, Archäologe und wissenschaftlicher Mitarbeiter der Fakultät für Vor- und Frühgeschichte, freut sich wie sein Kollege Frank Leuner und die Studentin Anja Schönrock, dass an einem realen Objekt die archäologische Forschung betrieben werden kann. Auf dem vermuteten Verlauf des Burgwalls werden mithilfe eines elektronischen Vermessungsgeräts kreuzweise 20 bis 30 Bohrstellen bestimmt und markiert. Zweck der Übung ist es, an diesen Punkten sogenannte Kernbohrungen niederzubringen. Dieser Einsatz beginnt mit brachialer Gewalt.

Im Mittelalter wurde ein Wall von Menschenhand aufgeschüttet

Subbert treibt mit einem Vorschlaghammer den einen Meter langen Kernbohrer in den Waldboden. Dann drehen die Altertumsforscher mit einer Hebelstange das Gerät tiefer ins Erdreich. Was die Sache so spannend macht, ist der Hohlkern des Bohrers. In diesem Gestänge sammelt sich der Untergrund Schicht für Schicht. "Gewöhnlich treffen wir schon nach 15 bis 17 Zentimetern auf Sandschichten", erläutert Gastgeber Pries. Doch im Bohrfeld des Tangstedter Forstes ist das Bodenpolster bis zur darunter liegenden Sanddüne eine halben Meter stark. Daraus liest Pries ab, dass hier im Mittelalter ein Wall von Menschenhand aufgeschüttet wurde.

Pries weiß, wovon er redet. Schließlich hat der pensionierte Postmanager noch als "Spätstudent" - unter anderem bei Julian Subbert - Vor- und Frühgeschichte belegt. Im kommenden Jahr möchte der Rellinger seine Abschlussarbeit für den Magister Artium der Archäologie abliefern.

Die Hamburger "Bohrwürmer" haben mittlerweile weitere Bodenproben seitlich des vermuteten Wallverlaufs vorgenommen. Dort wird die Sandschicht schneller erreicht. "Das ist der Beweis, dass wir hier wirklich einen künstlichen Wall haben", sagt Boller strahlend. Der pensionierte Lebensmittelchemiker und Hobby-Heimatforscher ist engster Mitarbeiter von Pries. Unterstützt wird das Duo sporadisch von Martin Ramcke, hauptberuflich Archivar der Stadt Pinneberg. "Wir sind Julian Subbert und seinem Team sehr dankbar für die wissenschaftliche Unterstützung unserer Arbeit", sagt Boller.

Für Studentin Anja Schönrock sind die Ausflüge in den Tangstedter Forst die erste Gelegenheit, im zweiten Semester praktische Erfahrungen bei Ausgrabungen zu sammeln. Zweimal hat die gelernte Bankerin an der Suche nach dem Burgwall teilgenommen. "Ich wollte schon als Schulkind Archäologin werden", sagt die Mutter zweier Kinder.

Pries und seine Helfer haben im Laufe der Jahre schon etwa 450 Artefakte, also Fundstücke, aus vergangenen Zeiten auf dem Erkundungsareal entdeckt. Die Holz- und Eisenstücke deuten auf eine kleine Siedlung mit etwa 30 Bewohnern im Schutze des Burgwalls hin. Eigentümer des auch als Burghorst bezeichneten Areals dürften die Schauenburger Grafen gewesen sein. Drei Grabungsstellen wurden bisher angelegt. Dabei stießen die Hobby-Archäologen sogar auf Reste einer Feuerstelle aus der mittleren Steinzeit. Darauf deuten Funde wie bearbeitete Steine und Messerspitzen hin.

Bei ihren Reisen in die Vor- und Frühgeschichte sind die Freizeitforscher in offizieller Mission tätig. Pries ist Vertrauensmann des Archäologischen Landesamts Schleswig-Holstein und Grabungsleiter. Finanzielle Unterstützung gibt es allerdings nicht. Umso mehr freuen sich die Altertumsforscher über materielle oder praktische Unterstützung. Gesucht werden aktuell ein bis zwei Helfer aus Gartenbau- und Handwerksberufen, die Lust haben, beim Graben mitzumachen. Ein Anruf bei Pries genügt: 04101/ 20 76 65.