Mit chemischen Mitteln rückt Schädlingsbekämpfer Klaus Nehm den ungeliebten Nagern im Kreis zuleibe

Kreis Pinneberg. Wenn die Faustregel stimmen sollte, leben im Kreis Pinneberg 910 500 Ratten. Die Zahl der Nager ist angeblich drei Mal so hoch wie die der Einwohner. Eine andere Kalkulation besagt, wo eine Ratte zu sehen ist, sind weitere 50 verborgen. Für Klaus Nehm sind solche Schätzungen nicht seriös. "Wer soll denn die Ratten alle gezählt haben?", gibt der Schädlingsbekämpfer zu bedenken. Nehm sorgt lieber dafür, dass die Population der Viecher sich in Grenzen hält. Im Auftrag zahlreicher Städte und Gemeinden im Kreisgebiet ist er unterwegs, um den schädlichen Nagern an den pelzigen Kragen zu gehen.

Allerdings trifft Nehm bei seiner Arbeit genau genommen nur höchst selten auf jene Kundschaft, die es zu beseitigen gilt. Denn der staatlich geprüfte Schädlingsbekämpfer macht sich weder mit der Flinte noch mit Fallen auf die Rattenjagd. Der Fachmann vertraut auf chemische Kampfmittel, und die sind auch vorgeschrieben, damit die Ratten ohne Qual ins Jenseits gelangen. In Sielen, Kanalisationsschächten, Straßengräben und überall sonst, wo Ratten ihr Revier haben, legt Nehm seine todbringenden Köder aus.

Dabei handelt es sich um kleine Plastiktütchen, die Blutgerinnungsmittel enthalten. Da Ratten auf Nahrungssuche sehr neugierig sind, machen sie sich über die vermeintlichen Leckerlis her, und fressen die kleinen roten Kügelchen. "Zwei bis fünf Tage später sterben die Nager dann schmerzlos", umschreibt Nehm scherzhaft das Verfahren.

Dass es schon seit Jahren keine großen Rattenplagen mehr im Kreis Pinneberg gegeben hat, ist den systematischen Bekämpfungsaktionen zu verdanken. Zweimal im Jahr, meist im Frühjahr und im Herbst, zieht der Fachmann in Begleitung von örtlichen Bauhofmitarbeitern los, um den Bestand der Nager zu dezimieren. Nehms' Ein-Mann-Unternehmen ist zum Beispiel für Schenefeld, Halstenbek, Rellingen, Ellerbek, Hasloh und Bönningstedt zuständig. Neuerdings ist auch der Abwasser-Zweckverband mit Sitz in Hetlingen sein Kunde geworden. Der Schädlingsbekämpfer hat sämtliche Rohrleitungen bis hin zum großen Hauptsammler West unter Kontrolle. Bei den Bekämpfungsaktionen wird penibel Protokoll geführt, um Erfolge dokumentieren und Nachholbedarf ermitteln zu können. Die großen Städte im Kreis wie Elmshorn, Pinneberg und Wedel haben selbst fachlich geschulte Mitarbeiter, die bei der Rattenbeseitigung eingesetzt werden.

Was die Nager so gefährlich macht, ist deren Funktion als Krankheitsüberträger. Dies gilt vor allem für die am meisten verbreitete norwegische Wanderratte (rattus norvegicus). Nicht nur der Biss der Tiere ist für Menschen gefährlich, weil Tollwut nie ausgeschlossen werden kann. "Auch am Körper können die Ratten nahezu alle Erreger von Infektionskrankheiten haben und diese auf Menschen übertragen", sagt Klaus Nehm. Selbst im Urin lauert noch Gefahr. Die Ausscheidungen enthalten häufig Leptospiren, die Leberentzündungen, sogar mit tödlichem Verlauf, verursachen können.

In der Kreisverordnung zur Bekämpfung von Rattenbefall von 2008 ist auch die Hausratte (rattus rattus) benannt. Diese Art ist allerdings, so weiß es Nehm, mittlerweile unter Schutz gestellt und darf nicht ohne besondere Genehmigung bekämpft werden.

Und was weiß der Fachmann über die Schauergeschichten von Ratten, die über Toilettenbecken in Häuser und Wohnungen gelangen? "Das gibt es tatsächlich in Einzelfällen" sagt Nehm. In Berlin, wo er seine Ausbildung absolvierte, waren Ratten über die Hausleitungen bis in die zwölfte Etage gelangt. In Pinneberg drang eine Wanderratte bis zum fünften Stock vor und machte es sich auf dem Dachboden gemütlich. Nehm, der damals für die Kreisstadt zuständig war, sorgte für eine umgehende Beseitigung des ungeliebten Nagers.