Keine Frage: Es ist gut, dass in Deutschland gestreikt werden darf. Dass Gehälter, Arbeitsbedingungen und Ausbildungsinhalte Verhandlungssache sind, anstatt einseitig von den Arbeitgebern diktiert zu werden.

Doch wenn schon gestreikt wird, dann sollte die Gewerkschaft zumindest klar kommunizieren, worum es ihr überhaupt geht. Und zwar an erster Stelle denjenigen gegenüber, die die Folgen des Ausstands auszubaden haben. Im Fall des AKN-Lokführerstreiks betrifft das vor allem Tausende von Pendlern. Wenn die Gewerkschaft der Lokführer sich dazu herabließe, ihre Forderungen und Ziele nicht nur auf konkrete Nachfrage, sondern von sich aus für alle Interessierten anschaulich darzustellen - der Internetauftritt böte sich an -, wäre das Verständnis vieler Pendler für den Streik sicher größer.

Aber kurzerhand zeitlich unbegrenzt streiken und den Betroffenen nicht mal erklären zu welchem Zweck: Das ist - freundlich ausgedrückt - ungeschickt. Wer durch eine solche fast arrogante Öffentlichkeitsarbeit glänzt, darf sich nicht wundern, wenn das Verständnis der strapazierten Fahrgäste gegen Null tendiert.

In der Sache selbst macht das Unternehmen AKN keine allzu gute Figur. Zwar geht es in diesem Fall nicht ums Gehalt. Doch die Forderung der Gewerkschaft, den AKN-Lokführern selbst nach einem Betreiberwechsel verlässliche Arbeitsbedingungen zu garantieren, ist im deutschen Tarifwesen durchaus üblich. Dass die AKN als Arbeitgeber versucht, diese für sie unbequeme Forderung möglichst vom Verhandlungstisch zu wischen, ist ebenfalls legitim. Komplett auf stur zu schalten und einfach von einem Rechtsverstoß zu sprechen, wirkt allerdings nicht allzu kompromiss- und kundenfreundlich. Allen Beteuerungen, Notfallfahrplänen und Überstunden nicht streikender Mitarbeiter zum Trotz.