Nachwuchs soll wieder für das Königliche Spiel begeistert werden. Arbeitsgemeinschaften und Unterrichtsstunden sind Teil des Konzepts

Pinneberg. Mit seinen 1,40 Metern ist er zwar recht klein, doch am Schachbrett macht Antonio Lavanga so schnell niemand seiner Gleichaltrigen etwas vor. Seit zwei Jahren bereits findet der Neunjährige Spaß am Königlichen Spiel und startete schon bei einigen Jugendturnieren. "Mir gefällt es, dass man sich konzentrieren und nachdenken muss", sagt der Pinneberger Junge, der in seiner Freizeit beim VfL Fußball spielt. Trotz seiner Begabung ist Antonio aber in keinem Schachverein aktiv.

Das liegt in erster Linie an den in Pinneberg fehlenden Möglichkeiten und der schwachen Jugendarbeit: Der Pinneberger Schach-Club (PSC) zählt zwar zurzeit 50 Mitglieder, von denen gehören aber nur zwei der Jugendabteilung an - eine erschreckend geringe Zahl. Hendrik Lüttig, Schriftführer im Vorstand des Vereins, spricht von einem negativen Trend: "In guten Zeiten hatten wir 15 junge Schach-Cracks, das ist jetzt allerdings schon sechs bis sieben Jahre her."

Aber womit ist diese Entwicklung zu erklären? "Wenn die Kinder den ganzen Tag in der Schule gesessen haben, sind sie nur schwer zu motivieren, sich im Schachklub erneut zu konzentrieren", verweist Lüttig auf die Situation an den Ganztagsschulen. Auch der Pinnebergs Schach-Club leidet unter den Folgen der demografischen Entwicklung, die in Deutschland zu beobachten ist. Es gibt viele ältere Mitglieder, und es kommen zu wenig junge nach.

Ist der organisierte Schachsport deshalb vom Aussterben bedroht? Dazu haben Pädagogen in den Schulen eine ganz eindeutige Haltung: Mit Arbeitsgemeinschaften und anderen Aktionen versuchen sie, die Kinder für das Brettspiel zu begeistern. So auch die Grund- und Gemeinschaftsschule (GuGS) Pinneberg, an der Antonio Lavanga das Schachspielen gelernt hat. Die GuGS integriert bereits seit zwei Jahren Schach in ihren Stundenplan. Einmal pro Woche spielen die Schüler der zweiten, dritten und vierten Klassen regelmäßig und bekommen vom Jugendschachtrainer Detlef Lemke professionellen Unterricht. "Es ist schade, dass die Jugendarbeit in Pinneberg so nachgelassen hat. Der Klub hat noch nicht einmal einen richtigen Jugendwart", klagt Lemke. Mit Hilfe eines 80 mal 80 Zentimeter großen, magnetischen Demonstrationsbretts bringt er den Kindern an der Tafel zunächst die Funktionsweise der einzelnen Figuren, die Spielweise und anschließend konkrete Spielzüge bei. Dabei haben die Sechs- bis Elfjährigen durchweg Spaß.

Das Schachspielen fördert die geistigen Fähigkeiten der Kinder

Die GuGS ist die einzige Schule in Schleswig-Holstein und eine von nur zwölf bundesweit, die den Denksport unterrichtet. "Diese Zahl ist erstaunlich, denn nationale und internationale Studien belegen, dass Schach spielen in gleich folgenden Abständen die kognitiven Fähigkeiten, das Konzentrationsvermögen sowie soziale Kompetenz und den Umgang mit Erfolgen und Misserfolgen der Schüler fördert", sagt Lemke.

Die Schulen engagieren und bemühen sich, bei den Kindern Interesse zu wecken. Doch geschieht das auf Kosten der Vereine? Hendrik Lüttig: "Uns ist es wichtig, Schach als Sport in der Öffentlichkeit zu verbreiten. Aber lieber hätten wir es natürlich, wenn die Kinder im Klub spielen würden." Mit einem neuen Jugendtrainer und zeitlich begrenzten Schnupperkursen für wenig Geld versucht der PSC nun neue junge Spieler anzulocken.

In Elmshorn wird sogar mit den Schulen zusammengearbeitet. Der Vorsitzende des Elmshorner Schachclubs, Torsten Noldt, selbst in der Verbandsliga aktiv, sieht in den Schulen eine gute Gelegenheit, Mitglieder zu werben. Dadurch, dass die Elmshorner früh auf den Nachwuchs eingehen, befinden sie sich in einer komfortableren Situation als der Schachklub aus Pinneberg: Der ESC hat 75 Mitglieder, davon 32 Jugendliche.

Im Elmshorner Schachclub geht die Jugend mit gutem Beispiel voran

"Hier müssen eher die älteren Herrschaften zum Schachspielen motiviert werden, und die Jugend gibt den Ton an", erklärt Noldt. Isaak Falke, kürzlich erst volljährig geworden, ist zum Beispiel mehrfacher Landesmeister und damit der erfolgreichste Spieler in der Elmshorner Jugend. Mit dem ESC hat er schon an mehreren deutschen Meisterschaften teilgenommen, und spielt nun bereits seit zwei Jahren für die 1. Herren.

Das Königliche Spiel steht also keineswegs vor dem befürchteten Aus. Vielmehr sind junge "Prinzen" wie Antonio Lavanga im Anmarsch - den Schulen sei dank.