In den Städten und Gemeinden des Kreises Pinneberg verblassen die Fahrbahnmarkierungen. Für frische Striche fehlt schlichtweg das Geld.

Kreis Pinneberg. Wie sehr manche Dinge im Leben benötigt werden, stellt sich häufig erst heraus, wenn diese nicht mehr vorhanden sind. Diese Erfahrung machen derzeit viele Verkehrsteilnehmer im Kreis Pinneberg. Wer auf den Straßen und Radwegen in der Region häufig unterwegs ist, hat es schon bemerkt: Die Fahrbahnmarkierungen sind vielerorts schlicht verschwunden.

Bei diesem Phänomen geht es nicht um jene Trennlinien in Ortsdurchfahrten, auf die seit einigen Jahren absichtlich verzichtet wird. Das ist schon in Ordnung. Denn auf der rechten Straßenseite fahren, das sollte ein halbwegs begabter Verkehrsteilnehmer auch ohne Mittelstriche hinkriegen. Gefahrenträchtiger ist der Verlust jener Markierungen, die das Verkehrsgeschehen an Kreuzungen und Einmündungen regeln helfen sollen. Dutzende Beispiele lassen sich aufführen. Da gibt es den lange vorhandenen Richtungspfeil auf der Fahrbahn, der allmählich immer blasser wurde und eines Tages nur noch als ein Hauch seiner selbst wahrzunehmen war. Oder die Spureneinteilung in einer doppelten Abbiegung, die spurlos abhanden gekommen ist, sagen Verkehrsexperten.

Aber die buchstäblich abgefahrenen Mangelerscheinungen dürften auf den Straßen im Kreis Pinneberg vor allem ortsfremde Verkehrsteilnehmer gehörig in die Bredouille bringen, weil sie die eingespielten Abläufe nicht wie die Einheimischen in jahrelanger Routine gespeichert haben. So sind vielerorts in der Stadt Pinneberg die rot eingefärbten Radlerpisten an Ampelkreuzungen mit dem aufgepappten weißen Fahrrad-Piktogramm kaum noch zu erkennen.

Schnelle Abhilfe ist nicht in Sicht. Die Verkehrsexperten in den Rathäusern des Kreises Pinneberg und in den überregionalen Verwaltungen erkennen zwar die Mängel, können aber nicht immer gleich darauf reagieren. So weist Jörn-Reimer Lemcke vom Halstenbeker Bauamt darauf hin, dass auf Gemeindestraßen in Halstenbek die Beanstandungen gesammelt werden, bevor dann gebündelt die neuen Markierungen aufgetragen werden. Dies sei kostengünstiger und leichter zu bewerkstelligen.

Generell machen die leeren Kassen den Kommunen zu schaffen. Denn wenn es darum geht, verblasste Linien und Verkehrspfeile aufzufrischen, kommt das Geld meist aus dem Topf für Straßenunterhaltung. Und der ist nach zwei harten Wintern mit immensen Fahrbahnschäden ohnehin längst leer.

Allerdings kann die Beseitigung der Frostbeulen und Aufbrüche manchmal auch positive Nebenwirkungen für den Stricheschwund haben. "Wenn eine Fahrbahndecke komplett erneuert werden muss, gehört selbstverständlich auch das Auftragen der Markierungen dazu", sagt Angela Biermann, von der Verkehrsaufsicht der Kreisverwaltung. Ihr Amt ist zuständig für die Sicherheit im Straßenverkehr des Kreisgebiets. Verkehrslenkerin Biermann und ihre Kollegen haben dabei nicht nur die kreiseigenen Straßen im Blick, sondern auch die Gemeinde-, Landes- und Bundesstraßen.

Lediglich die Städte mit mehr als 20 000 Einwohnern üben selbst die Verkehrsaufsicht aus. Beispiel Pinneberg: Die Stadt hat jährlich 20 000 Euro für weiße Straßenmarkierung, Rotmarkierungen auf den Radwegen und für neue Schilder zur Verfügung. "Viel zu wenig", sagt Bauamtschef Klaus Stieghorst. Mit dem Geld könnten nur notwendigste Markierung erneuert werden. Jährlich wird eine Prioritätenliste erstellt, und die wichtigsten Markierungen nachgefärbt. Je nach Verkehrsbelastung hält auch die Markierung. An Pinnebergs Hochbrücke auf der viel befahrenen Friedrich-Ebert-Straße halten die Striche auf der Straße nur drei bis vier Jahre, in Anwohnerstraßen laut Stieghorst dagegen Jahrzehnte.

Angela Biermann veranstaltet in Zusammenarbeit mit der Polizei und den zuständigen Straßenverwaltungen alle zwei Jahre eine Verkehrsschau. Bei diesen Rundfahrten werden penibel Mängel aller Art registriert und die Straßenbaulastträger ermahnt, für Abhilfe zu sorgen. Allerdings kann das ganz schön lange dauern. So werden die Aufträge für das Fahrbahn-Make-up von Landesstraßen gesammelt und als gemeinsamer Auftrag ausgeschrieben - und zwar einmal jährlich.

Das bestätigt Kai-Uwe Schacht, Leiter der Itzehoer Niederlassung des Landesbetriebs Straßenbau und Verkehr. "Unsere Straßenmeistereien melden uns die Punkte, wo Bedarf für eine Erneuerung besteht." Allerdings könnten nicht alle neuralgischen Punkte angegangen werden. "Die Geldmittel reichen dafür einfach nicht aus", sagt Schacht. Nach seinen Angaben erstellt der Landesbetrieb eine Prioritätenliste, die dann so weit wie möglich abgearbeitet werde.

Für die Kreis-Verkehrsaufseherin Angela Biermann ist klar: Wenn Mängel an den Markierungen zur gravierenden Gefahr für die Verkehrsteilnehmer zu werden drohen, muss eingegriffen werden. Oder ist zuviel Regulierung manchmal von übel? "Ja", sagt die Verkehrsexpertin. Ihren Auszubildenden sagt sie, die größte Gefahr bestehe für Verkehrsteilnehmer, wenn diese zu sehr das Gefühl der Sicherheit hätten. Die in Paragraph 1 der Straßenverkehrsordnung geforderte gegenseitige Rücksichtnahme könne viele Situationen entschärfen.