Der vorbestrafte Amir T. arbeitete 15 Monate als Mediziner am Krankenhaus Cuxhaven. Er hat lediglich einige Semester Medizin studiert.

Elmshorn/Cuxhaven. Ein Elmshorner Hartz IV-Empfänger hat sich 15 Monate lang als Arzt ausgegeben und an einem Krankenhaus in Cuxhaven Patienten behandelt. Mittlerweile sitzt Amir T. in Untersuchungshaft. Der 31-Jährige wurde in dieser Woche im Amtsgericht Elmshorn verhaftet, wo ihm wegen Sozialhilfemissbrauchs der Prozess gemacht wurde. Das Urteil - eine Geldstrafe in Höhe von 300 Euro - bekam Amir T. noch mit, dann klickten die Handschellen.

Für die Staatsanwaltschaft ist der gebürtige Iraner, der aus einer Ärztefamilie stammen soll und zuletzt in der Krückaustadt gemeldet war, kein Unbekannter. "Er ist seit 2003 schon mehrfach strafrechtlich in Erscheinung getreten und auch verurteilt worden", bestätigte Ralph Döpper, Sprecher der Staatsanwaltschaft Itzehoe, auf Anfrage unserer Zeitung. In der Strafakte taucht immer wieder das Wort Urkundenfälschung auf.

Diese scheint Amir T., der nicht die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt, meisterhaft zu beherrschen. "Er hat eine Approbationsurkunde der Freien und Hansestadt Hamburg und Zeugnisse diverser Hamburger Kliniken vorgelegt", erläutert Dr. Christian Flesche, der Ärztliche Direktor des Krankenhauses Cuxhaven. Sie seien nicht als Fälschungen zu erkennen oder teilweise sogar echt gewesen. Flesche: "Vielleicht sind vorher auch andere auf ihn hereingefallen." Das Krankenhaus stellte Amir T. mit Beginn des Jahres 2010 als Assistenzarzt in der Chirurgie ein - und meldete den neuen Kollegen auch bei der zuständigen Ärztekammer in Niedersachsen an. Auch dort fiel nicht auf, dass Amir T. nie eine Prüfung absolviert hat

"Assistenzärzte arbeiten nie alleine, sie werden stets von erfahrenen Kollegen angeleitet", betont Flesche. Erst ab der Facharzt-Ebene sei dies anders. "Es ist also keinem unserer Patienten ein Schaden zugefügt worden." Der ärztliche Direktor weist darauf hin, dass Amir T. nachweislich mehrere Semester Medizin in Hamburg studiert hat. "Aufgrund seines Studiums wies er medizinische Vorkenntnisse auf." Dass etwas mit dem neuen Kollegen nicht stimmt, sei im Krankenhaus nicht aufgefallen.

Der Fall flog nur auf, weil Amir T. vergessen hatte, sich beim Jobcenter des Kreises mit Sitz in Elmshorn abzumelden. Von dort bezog der 31-Jährige Arbeitslosengeld II. Und dort fiel beim Datenabgleich mit dem Sozialversicherungsträger auf, dass der Hartz IV-Empfänger offenbar einen lukrativen Job als Arzt angetreten hatte. Das Jobcenter erstattete bei der Staatsanwaltschaft Itzehoe Anzeige. Die nahm die Ermittlungen auf - und stieß schnell auf das Engagement in Cuxhaven und darauf, dass Amir T. überhaupt keine ärztliche Zulassung besitzt. "Als wir davon erfahren haben, haben wir sofort die Kündigung ausgesprochen und ihm Hausverbot erteilt", berichtet Dr. Christian Flesche. Auch die Polizei sei dabei gewesen, um notfalls das Hausverbot durchzusetzen. Doch Amir T. ging freiwillig - und war in der Folge nicht erreichbar. "Wir haben daraufhin einen Haftbefehl wegen Fluchtgefahr beantragt und diesen auch erhalten", bestätigt Kai Thomas Breas, Sprecher der Staatsanwalt Stade, die für Cuxhaven zuständig ist.

Laut Breas ist gegen den Elmshorner ein Ermittlungsverfahren wegen Betruges, Urkundenfälschung und Körperverletzung eingeleitet worden. Der Staatsanwalt betont, dass die Ermittlungen bezüglich einer möglichen Körperverletzung noch am Anfang stehen. So sei noch zu prüfen, inwieweit der Elmshorner in die Betreuung der Patienten eingebunden war und ob durch seine Handlungen eventuell jemand zu Schaden gekommen sein könnte.

Der Haftbefehl konnte zunächst nicht vollstreckt werden, weil der Aufenthaltsort des 31-Jährigen unbekannt war. Doch offenbar hatte Amir T. die Ladung zum Gerichtsverfahren wegen Sozialhilfebetrugs erhalten - und er erschien pflichtbewusst zum Verhandlungstermin im Amtsgericht. "Wir hatten gehofft, dass er dorthin kommt", sagt Breas. Die eingesetzten Beamten warteten geduldig, bis das Verfahren gegen Amir t. abgeschlossen war und nahmen den 31-Jährigen anschließend in Gewahrsam. Er wird jetzt voraussichtlich bis zu seinem nächsten Prozess in Untersuchungshaft bleiben.