Bürgermeisterin Brigitte Fronzek wiegelt ab. Ein akuter Handlungsbedarf bestehe nicht

Elmshorn. Was wird aus dem Elmshorner Rathaus? Nachdem Messungen ergeben haben, dass der marode Verwaltungsbau aus den 60er-Jahre mit Formaldehyd belastet ist, tun sich die Verwaltungsleitung und die politisch Verantwortlichen schwer mit einer Entscheidung. Das Problem: Ob tatsächlich eine Gesundheitsgefahr besteht, weiß zurzeit niemand - und diese Frage lässt sich schwer beantworten.

Formaldehyd wurde in den Schränken, nicht aber in der Raumluft gefunden

Die Vorgeschichte: Ein Mitarbeiter der Verwaltung hatte über gesundheitliche Probleme geklagt. Nachdem Raumluftproben keinerlei Auffälligkeiten erkennen ließen, wurden Materialproben aus den Einbauschränken gezogen und untersucht. Dabei wurde festgestellt, dass in den Möbelstücken Formaldehyd als Konservierungsmittel eingesetzt worden ist. Die Belastung ist höher als erlaubt - allerdings nur, was die Möbel betrifft. In den genommenen Raumluftproben aus allen Bereichen des Rathauses wurde in keinem Fall etwas Gesundheitsschädliches festgestellt. "Formaldehyd ist ein flüchtiges Gas, das verändert sich ständig", erläutert Bürgermeisterin Brigitte Fronzek. Eine geöffnete Tür, eine Luftzirkulation über ein geöffnetes Fenster - schon seien andere Werte vorhanden.

"Ich bin mir sicher, dass da etwas ist. Aber gefunden haben wir in der Raumluft bisher nichts", berichtet die Verwaltungschefin. Und genau da liegt das Problem. Die Gefahr ist bisher nur abstrakt vorhanden - eine sofortige Schließung des denkmalgeschützten, jedoch sanierungsbedürftigen Gebäudes aus den 60er-Jahren lässt sich damit nicht begründen. Dennoch, das gesteht Fronzek ein, sind viele der 150 Verwaltungsmitarbeiter verunsichert. Ein akuter Handlungsbedarf besteht jedoch laut der Bürgermeisterin nicht. Dennoch ist die Verwaltungsleitung dabei, alternative Standorte zu suchen.

Das ist schon deshalb erforderlich, weil eine Komplettsanierung des Rathauses unumgänglich ist. Und diese sollte, so hat es ein Gutachten ergeben, nicht bei laufendem Betrieb erfolgen. Ein Auszug der 150 Mitarbeiter in anzumietende Ersatzräume würde etwa eine Million Euro pro Jahr kosten.

Sollte aufgrund der Formaldehyd-Belastung ein schneller Komplettauszug notwendig werden, käme er die Stadt teuer zu stehen. Noch ist keine Entscheidung gefallen, ob die notwendige Sanierung des Rathauses oder ein Neubau an anderer Stelle erfolgen soll. Beide Alternativen wären zeitaufwendig, ein Übergangsquartier müsste also mehrere Jahre genutzt werden. Laut bisherigen Berechnungen wäre eine Sanierung günstiger als ein Neubau. Allerdings wurden diese Daten ermittelt, als das Formaldehyd-Problem noch nicht bekannt war. Denkbar ist, dass eine umfangreichere Sanierung nicht mehr wirtschaftlich ist. "Da bleibt nur noch das Betonskelett stehen", orakelt Bürgermeisterin Fronzek. Sie hält es nicht für sinnvoll, das Rathaus in der jetzigen Form mit neuen Materialien neu aufzubauen.

Abreißen und neu bauen - ob sich die Meinung der Bürgermeisterin in der Politik durchsetzt, ist indes zweifelhaft. Immerhin hat sich die CDU-Fraktion in einem Antrag für den nächsten Hauptausschuss am 12. April dazu durchgerungen, die Verwaltungsleitung aufzufordern, den Mitarbeitern schadstoffunbelastete Arbeitsplätze zur Verfügung zu stellen. Das heißt etwa so viel, dass die Union einen sofortigen Umzug der Mitarbeiter in ein Übergangsquartier fordert. SPD-Fraktionschefin Beate Raudies erklärt: "Sollte die Verwaltungsspitze kurzfristig zu dem Ergebnis kommen, dass die Verwaltung aus dem Gebäude ausziehen muss, werden wir sie darin unterstützen!"

Viele geeignete Übergangsquartiere gibt es in der Krückaustadt nicht

Bleibt die Frage, wo ein Übergangsquartier aufgeschlagen werden könnte. "Wir sind derzeit auf der Suche nach geeigneten Gebäuden", erklärt Fronzek. Ihr sei bewusst, dass es nicht viele Alternativen geben wird. Eine ist das ehemalige Talkline-Gebäude, der künftige Sitz der Kreisverwaltung. Das Gebäude 4, das der Kreis nicht nutzen wird, steht leer und würde genügend Platz für die Rathausmitarbeiter bieten. Allerdings soll es dort einen noch bestehenden Mietvertrag mit der Talkline/Debitel-Gruppe geben. Eine Aufteilung der Mitarbeiter auf mehrere Standorte hält Fronzek nicht für wünschenswert.