Kartellamt deckt Preisabsprachen auf. Kommunen prüfen, ob Schadensersatz geltend gemacht werden kann

Kreis Pinneberg. Sind die Kommunen beim Kauf von Feuerwehr-Löschfahrzeugen systematisch übervorteilt worden? Das Bundeskartellamt hat aufgedeckt, dass sich drei Hersteller von Spezialaufbauten und Beladung für Feuerwehrzwecke abgesprochen und sich den Markt bei öffentlichen Ausschreibungen regelmäßig untereinander aufgeteilt haben. Dadurch sei den Kommunen "ein großer finanzieller Schaden entstanden". Ein Bußgeld in Höhe von 20,5 Millionen Euro hat die Behörde gegen die drei Firmen aus Süddeutschland verhängt. In den Städten und Gemeinden des Kreises Pinneberg wird dieser Skandal mit großer Bestürzung aufgenommen. Mit Hilfe des Städteverbandes haben sie jetzt Akteneinsicht beim Kartellamt beantragt, um zu klären, ob und wie sie Schadenseratzansprüche geltend machen können.

Problem: Feuerwehrfahrzeuge sind meistens Spezialanfertigungen

"Wir schätzen, dass seit 2001 insgesamt 1000 Feuerwehrfahrzeuge in Schleswig-Holstein angeschafft wurden", sagt Claudia Zempel, zuständige Dezernatsleiterin beim Städteverband in Kiel. Genaue Zahlen dazu erwartet sie von ihrer Abfrage bei den Kommunen. Das Problem sei allerdings, dass es sich "hier um einen überschaubaren Markt" mit nur einer Handvoll Anbietern handele und es schwierig sein wird, einen korrekten Marktpreis zu ermitteln, um einen Schaden nachzuweisen.

Das vermutet auch Kreisfeuerwehrchef Bernd Affeldt. "Feuerwehr-Fahrzeuge gibt es ja nicht von der Stange. Jedes Fahrzeug ist ein Unikat." Das Fahrwerk lieferten Lkw-Hersteller, denen keine Preis- und Marktabsprachen vorgeworfen werden. Die Kommunen bestellten dann je nach Bedarf die verschiedenen Aufbauten und Zusatzgeräte für ihre Wehrkräfte. So fahre ein Feuerwehrfahrzeug ständig unter Volllast, müsse mit zwei Tonnen Wasser gefüllt sein, was eine verstärkte Federung erfordere, erklärt Feuerwehrsprecher Michael Bunk. Kreisweit haben die 52 freiwilligen Feuerwehren 230 Fahrzeuge im Einsatz, davon 116 Löschfahrzeuge.

Nicht betroffen sei die Kreisverwaltung, betont Sprecher Marc Trampe. "Wir halten nur Fahrzeuge für den Katastrophenschutz vor. Die sind nicht angemahnt." Auch in Uetersen sei seit 2001 kein neues Fahrzeug bestellt worden, sagt Amtsleiter Lars Mumme. Die Gemeinde Hetlingen, die von Uetersen verwaltet wird, habe 2004 ein Löschfahrzeug für rund 300 000 Euro angeschafft.

In Barmstedt waren es zwei Fahrzeuge für jeweils 200 000 Euro, sagt Sprecher Hinnerk Goos. "Wir gehen davon aus, dass wir Geld zurückerhalten." Pinneberg hat sechs Fahrzeuge seit 2001 gekauft, sagt Fachbereichsleiter Michael Hauser. Elmshorn hat in diesem Zeitraum drei Fahrzeuge für insgesamt 600 000 Euro bei diesen drei Firmen gekauft, sagt Sachgebietsleiterin Sybille Lamke. "Vermutet hat man das ja schon geraume Zeit", sagt sie zu den aufgedeckten Absprachen der großen Hersteller. Die Frage müsse nun geklärt werden, "ob überhöhte Preise gezahlt wurden oder ob die Hersteller sich einfach den Markt aufgeteilt haben."

Die Erkenntnisse des Kartellamtes sprechen für die zweite Variante. Demnach trafen sich die Vertriebsleiter dieser Firmen regelmäßig zur "Zürich-Runde", wo ein Wirtschaftsprüfer für sie die Auftragseingänge koordiniert haben soll. Dabei hätten sich die Hersteller Ausschreibungen aufgeteilt und "Soll-Quoten" zugestanden.

Quickborn kann auf Vertragsstrafe gegen die Hersteller pochen

Einzig die Stadtverwaltung Quickborn kann etwas gelassener sein. Sie habe in den Verträgen eine Klausel stehen, die ihr bei nachgewiesenem Fehlverhalten des Anbieters automatisch eine Vertragsstrafe von fünf Prozent des Kaufpreises einräumt, sagt Fachbereichsleiter Ulrich Knees. Für drei Fahrzeuge betrafen die feuerwehrtechnischen Aus- und Aufbauten, um die es hier geht, allein 465 000 Euro. Das wären schon einmal rund 23 000 Euro, die Quickborn erstattet werden müssten.