Misaki Strömer beunruhigt die Atomkatastrophe. Sie lebt seit 23 Jahren in Deutschland. Sohn Anju erwägt, Flug nach Kobe zu verschieben

Halstenbek. "Es war ein Schock für mich. Ich hatte keine Worte dafür", beschreibt Misaki Strömer ihre Gefühle, als sie von den Katastrophen in ihrem Heimatland Japan hörte. "Japan ist sehr durch Erdbeben gefährdet - aber dieses Ausmaß. Ich konnte anfangs nicht glauben, dass meinem Land so etwas passiert ist. Und dann kamen auch noch die Probleme mit den Kernkraftwerken dazu, das hat mich noch nervöser gemacht." Die Japanerin lebt seit 23 Jahren in Deutschland und ist mit einem Deutschen verheiratet. Ihre japanische Staatsbürgerschaft hat die Wahl-Halstenbekerin nicht aufgeben. Momentan ist sie besonders um ihren Bruder und dessen Familie in Sorge, der in Guma im Landesinneren nördlich von Tokio lebt.

Per E-Mail den Kontakt zum Bruder in Japan nach dem Beben hergestellt

Als sie von der Katastrophe hörte, hat Misaki Strömer sofort versucht, ihren Bruder anzurufen. Doch telefonisch war es nicht möglich, Kontakt herzustellen. Also schrieb sie ihm eine E-Mail. Und zu ihrer Beruhigung bekam sie am nächsten Tag Antwort. "Er hat mir ausführlich beschrieben, was passiert ist", sagt die Japanerin. " Eine Innenwand seines Hauses und das Auto sind beim Beben beschädigt worden. Aber der Strom ist nicht ausgefallen, und ihm und seiner Familie ist auch nichts passiert." Doch so richtig beruhigt ist sie nicht. Was passiert, wenn die Radioaktivität aus den beschädigten Atomkraftwerken das etwa 280 Kilometer entfernte Guma erreichen sollte?

Gestern Morgen gelang es den Geschwistern, endlich zu telefonieren. "Er war ganz ruhig", erinnert sich die 57-Jährige. "Ich war in Panik." Die Japaner sähen die Katastrophe ganz gelassen, erzählt Misaki Strömer. Wahrscheinlich dächten sie, das sei schon irgendwie zu kontrollieren. Die Halstenbekerin hat ihre Zweifel. "Japan schafft es, mit den beiden Naturkatastrophen, Erdbeben und Tsunami, umzugehen. Aber ob es auch mit der dritten Katastrophe, der Gefahr der radioaktiven Kontamination, zurechtkommt, da bin ich skeptisch", sagt die in Deutschland lebende Japanerin voller Sorge.

Familie ist überrascht, wie ruhig die Japaner trotz der Katastrophen bleiben

Strömers 22-jähriger Sohn Anju studiert Japanologie. Eigentlich sollte er am 1. April in das Land seiner Mutter fliegen, um in Kobe ein Auslandssemester anzutreten. Zwar liegt Kobe relativ weit südlich auf der japanischen Hauptinsel, aber dennoch überlegt der Student, ob er seinen Abflug verschieben sollte. "Ich habe eine E-Mail von der Universität in Kobe bekommen, dass das Erdbeben und die Flutwelle dort keine Auswirkungen hatten", sagt Anju Strömer und fügt besorgt hinzu: "Doch von den Auswirkungen der Atomkraftwerkskatastrophe war darin keine Rede." Nach dem Beben dachte er noch, auf jeden Fall zu fliegen, doch seit die Atomkraftwerke außer Kontrolle geraten, ist er sich nicht mehr sicher.

Misaki Strömer ist überrascht, dass ihre Landsleute in der Heimat anscheinend trotz all der Katastrophen so ruhig bleiben. "Manchmal denke ich, wenn sie so ruhig bleiben, warum soll ich dann in Panik geraten", sagt sie. Doch so ganz scheint ihr das nicht zu gelingen. Schließlich bewegt sie wie andere Japaner die Sorge um die Angehörigen im Land der untergehenden Sonne.

Die Deutsch-Japanische Gesellschaft zu Hamburg schrieb: "In diesen Stunden sind wir alle sehr betroffen von den Ereignissen in Japan". Unter dem Hinweis "Hamburger Bürger helfen Japan" werden Spenden auf dem Konto (10 19 10 64) der HypoVereinsbank (BLZ: 200 300 00) gesammelt.