Schenefelds Fußgängerbrücke über die LSE wird schon lange nicht mehr genutzt. Bürger für Abriss, Politik dagegen

Schenefeld. Offiziell heißt sie seit 2004 Luninezbrücke, benannt nach Schenefelds Partnerstadt in Weißrussland. Doch im Volksmund ist sie immer noch die Seufzerbrücke von Schenefeld. Es geht um jenes Betonbauwerk für Fußgänger und Radfahrer, das seit 1973 die vierspurige LSE (Landesstraße Schenefeld - Elmshorn) überspannt. Diese Brücke ist aus Sicht vieler Schenefelder so überflüssig wie ein Fernseher für eine Kuh. Denn direkt unter dem Übergang gibt es seit 1999 einen ebenerdigen, bestens mit Ampeln gesicherten Überweg.

Diese Querung steht nicht nur Fußgängern und Radfahrern zur Verfügung, sondern bietet im Gegensatz zur Brücke auch Rollstuhlfahrern, Benutzern von Gehgestellen und Eltern mit Kinderkarren einen kurzen Weg über die LSE.

Seufzerbrücke sagten die Bürger bevor die Ampelquerung kam, weil der Aufstieg so beschwerlich ist. Auf der Seite des Stadtzentrums gibt es eine steile Rampe, auf der Rathausseite steht lediglich eine Betontreppe mit nachträglich installierter Fahrrad-Rollspur zur Verfügung. Kein Wunder, dass der zudem mit einem Umweg verbundene Brückengang inzwischen von fast allen Fußgängern gemieden wird. Seufzerbrücke passt aber auch, weil die von einem hoch aufragenden Pylon gestützte Konstruktion alle naslang gesperrt werden muss. Mal waren die Treppenstufen nach dem geradezu weißrussischen Winter 2009/2010 vor lauter Frostaufbrüchen unbegehbar geworden. Dann gab es wie - jetzt noch aktuell - nach ein paar Monaten Nutzungsfreiheit erneut eine Sperrung. Die gilt bis Ende 2012, weil das Stadtzentrum aufwendig umgebaut und erweitert wird.

Die Pinneberger Zeitung fragte Passanten, was sie von der Seufzerbrücke halten. "Abreißen, die habe ich noch nie gebraucht", sagt Reiner Smarz und spricht damit vielen Bürgern aus dem Herzen. Stefan Tott hat noch gar nicht mitbekommen, dass die Brücke wieder einmal gesperrt ist. "Da bin ich sowieso noch nie drüber gegangen. Weg damit", lautet seine Empfehlung. Auch Friederike Pavenstedt kann auf die Luninezbrücke verzichten. Die Rollstuhlfahrerin und Vorsitzende des Arbeitskreises Barrierefreies Schenefeld sagt: "Von Barrierefreiheit keine Spur, da würde ich nie rüberkommen." Das räumt auch die Bürgermeisterin ein. Christiane Küchenhof (SPD) verweist darauf, dass Behinderten die Ampelquerung zur Verfügung steht.

Zu einem Aufruf, die Brücke abzureißen, will sich Küchenhof allerdings nicht durchringen. Auch SPD-Chef Gerhard Manthei ist gegen eine Radikallösung. "Die Brücke gehört zum Stadtbild", sagt der Ratsherr und überlegt, ob das Bauwerk nicht sogar im Stadtwappen verewigt ist. Ist es nicht.

FDP-Fraktionschefin Karin Förster benutzt die Brücke so gut wie nie. Doch eine politische Entscheidung will sie lieber den großen Fraktionen überlassen. Von einem Abbruch will auch der Bauausschussvorsitzende Karl-Heinz Müller nichts wissen. "Das ist doch ein Wahrzeichen für die Stadt", meint der Christdemokrat.

Das sieht Bauamtsleiter Karl-Heinz Grass ähnlich. Er spricht trotz des grauen Betons, der stellenweise noch mit Graffiti und Schmierereien versehen ist, von einem Stück Architektur aus den 70er-Jahren. "Heute würde man eine Brücke sicher anders bauen", sagt Grass. Wegen der hohen Winterdienstkosten habe es sogar schon einmal ein Gedankenspiels gegeben, die Luninezbrücke bei harten Wintern zu sperren. Doch nun sei dies ja nicht aktuell, da die Brücke wegen des Ausbaus des Stadtzentrums ohnehin dicht sei.

Der Einfluss der Stadt ist ohnehin begrenzt. Denn außer der Rampe gehört die LSE-Brücke dem Land, weil sie eine Landesstraße überquert. Karl-Heinz Schacht vom Landesbetrieb Straßenbau in Itzehoe sieht keinen Anlass über einen Abriss nachzudenken. "Die Brücke ist stabil, nicht baufällig und kann noch weitere 30 bis 40 Jahre halten." Schon aus Kostengründen käme ein Abriss nicht in Betracht: Der würde allemal viel teurer werden, als die laufenden Unterhaltungskosten.

Da bleibt dann wohl höchstens noch die Chance, das graue Wahrzeichen in ein buntes Kunstwerk zu verwandeln. Wie es Designerin Gisela Meyer-Hahn vor ein paar Jahren schon mal gemacht hatte.