Der Kreis befindet sich im Dilemma. Er hat ein Präventionskonzept beschlossen, dass in der Jugend- und Familienhilfe auf ein früheres Eingreifen setzt. Das ist gut.

Genaueres Hinschauen und früheres Gegensteuern helfen, schwere Fälle von Kindeswohlgefährdung zu vermeiden. Der Nachteil des Konzeptes ist, dass deutlich mehr Fälle offenbar werden, in denen Hilfe erforderlich ist. Mehr Arbeit bedeutet gleichzeitig höhere Kosten. Genau da liegt das Problem: Der Kreis hat kein Geld, er muss sparen, um eine Zahlungsunfähigkeit zu vermeiden. Nun soll das Angebot an Hilfen künstlich begrenzt werden. Die Fallzahlen werden gedeckelt, die Dauer der Maßnahmen begrenzt, die Hilfesuchenden auf Wartelisten gesetzt und vertröstet. Eine Methode, die geeignet ist, die Höhe der Ausgaben zu drücken. Allerdings widerspricht diese Praxis dem Präventionskonzept. Was nützt ein genaueres Hinsehen, wenn Hilfsbedürftigkeit erkannt, aber Hilfe nur verzögert oder gar nicht gewährt wird? Auf diese Weise fallen zu einem späteren Zeitpunkt hohe Folgekosten an - etwa für Therapien, Krankenhausaufenthalte oder stationäre Unterbringungen. Vor diesem Punkt dürfen die Verantwortlichen nicht die Augen verschließen.