Der Kunstmaler Kurt Wendt aus Rellingen porträtierte große Stars und kleine Sternchen auf Hausfassaden und Großleinwänden.

Rellingen. Was führte Hildegard Knef mit Uwe Barschel zusammen? Unter welchen Umständen sind sich Uwe Seeler und Romy Schneider begegnet? Vor allen Dingen aber: Wie kam es dazu, dass Pinnebergs früherer Bürgervorsteher Artur Lontzek Gelegenheit zu einem Stelldichein mit Hollywoodstar Marilyn Monroe fand? Und das auch noch in aller Öffentlichkeit!

Antworten auf diese Fragen gibt ein Mann, der wie kein anderer Zugang zu den Größen von Film und Fernsehen, den Super-Diven und den knallharten Agenten im Format von 007 James Bond hatte. Kurt Wendt hat sie alle mit seiner Pistole getroffen. Und sämtliche Promis blieben unverletzt. Denn der Rellinger Maler und Grafiker griff statt zur Kugelspritze zur Spritzpistole, wie sie sonst in Lackierereien und Malerwerkstätten zum Einsatz kommt.

Im Laufe seines langen Lebens - Wendt feierte im Oktober seinen 90. Geburtstag - hat er mit seiner einzigartigen Spritztechnik Tausende Filmplakat-Motive gestaltet und serienweise Porträts prominenter Köpfe gespritzt.

Klein-Klein geht nicht bei Wendt. Während die Filmreklamen gleich ganze Häuserwände der Erstaufführungstheater zierten, verfügten selbst die Promibilder noch über ein Format von 1x1,50 Meter. Mit diesen auf Holzfaserplatten gespritzten Porträts bestückte der Künstler bis in die 80er-Jahre die Ausstellungsreihe "Prominente aus der Pistole". Mit seiner Kollektion aus Filmgrößen, Showstars, Sportlern und Politikern ging Wendt im In- und Ausland auf Tournee in Einkaufscentern, Kaufhäusern oder Stadthallen.

Die brillanten, fast dreidimensional wirkenden Spritzgemälde lockten Tausende Besucher in die Ausstellungen und kurbelten somit kräftig den Umsatz in den Geschäften an. Zum Auftakt der jeweiligen Show porträtierte Wendt oft eine bekannte Lokalgröße.

So fand Bürgervorsteher Lontzeks Kopf den Weg in die Pinneberger Ausstellung, die auf mehrere Geschäfte im Zentrum verteilt war. Und auf diese Weise geriet der CDU-Politiker in eine "Show" mit Marilyn Monroe. Später erwarb Wendt das für einen guten Zweck versteigerte Porträt und schenkte es Lontzek.

Die Erfolgsgeschichte mit der Spritzpistole begann für Kurt Wendt 1950, als er für die Herzog-Filme erste Plakatwände gestaltete. Die Spritzpistolentechnik hatte der gelernte Lithograf in seinem Ausbildungsbetrieb nebenbei erlernt und perfektioniert. "Ich sprühe nicht, ich spritze", beschreibt Wendt sein Metier.

Die Großflächengestaltung war in den Nachkriegsjahren das beste Mittel, um die Menschen auf der Suche nach Zerstreuung aus der tristen Trümmerlandschaft der Großstädte in die Kinos zu locken. "Manchmal haben wir die Reste zerstörter Häuserwände mit den Großplakaten dekoriert", erinnert sich Wendt. Vor allem ging es darum, die führenden Erstaufführungs-Lichtspieltheater, wie den Ufa-Palast am Hamburger Gänsemarkt, zu bestücken.

Dort nahmen die Motive gigantische Ausmaße an. Hildegard Knefs Kopf für den Film "Die Sünderin" passte ins Format acht mal 14 Meter. Die Premiere 1951 wurde zum Skandal, weil die Knef in einer Szene für wenige Sekunden nackt zu sehen war. Am liebsten hätte Wendt diesen Blickfang auf das Großplakat übertragen. "Doch das war in den prüden 50er-Jahren nicht drin", sagt Wendt schmunzelnd.

Noch riesiger als "Hilde", die sich bei Wendt handschriftlich und persönlich bedankte, geriet 1953 Zarah Leander. Die Schwedin spielte in dem Film "Cuba Cabana" die Hauptrolle. Wendt brauchte eine Menge Plaka-Farbe, mit der er stets arbeitete, um die Leinwand zu füllen: "Der Abstand vom Kinn bis zu Zarahs Haaransatz betrug neun Meter."

Die Filmwände entstanden meist in Wendts Atelier in einer ausgedienten Turnhalle im Hamburger Stadtteil Blankenese. Dort war auch Romy Schneider, für die der Künstler besonders schwärmte, mehrmals Objekt seiner Arbeit. Fast ausnahmslos entwickelte er seine Großplakate und Porträts aus Standfoto-Vorlagen. Mit Bildwerfern projizierte Wendt die Umrisse auf das Großformat und begann dann oft auf einer riesigen Leiter stehend mit der Spritzarbeit.

Bis in die 80er-Jahre war der Rellinger auch für diverse Fernsehproduktionen ein gefragter Mann. Dabei konnte Wendt auch direkt im Studio Hamburg arbeiten, unter anderem für eine Show mit Evelyn Künneke.

Wendts Maxime: "Nur ein Motiv mit dem ich 100-prozentig zufrieden bin, verlässt mein Atelier." Diesen Anspruch hat er immer erfüllt. Nur bei einem Jean-Marais-Film lag er daneben. Da nur ein Schwarz-Weiß-Foto zur Verfügung stand, verpasste Wendt dem Star braune Augen. Als dann Marais mit seinem Großbild zusammen traf, gab es prompt eine Reklamation, denn der Franzose hatte blaue Augen. Wendt lud den Schauspieler in sein Atelier ein und zauberte ganz schnell blaue Augen.