Torneschs Bürgermeister Roland Krügel macht einen radikalen Vorschlag. Die administrativen Aufgaben sollen künftig die zentralen Orte übernehmen

Kreis Pinneberg. In vier Regionalkonferenzen will das Innenministerium in Kiel mit den Bürgermeistern und Kommunalpolitikern über die künftige Struktur der Amtsverwaltungen beraten. Morgen ist der Termin für den Kreis Pinneberg in Itzehoe. Die geltende Amtsordnung hat das Landesverfassungsgericht wie berichtet für verfassungswidrig erklärt und dem Landtag Zeit bis 2014 gegeben, dies zu korrigieren. Den radikalsten Vorschlag macht jetzt Torneschs Bürgermeister Roland Krügel. Er plädiert dafür, die 87 Amtsverwaltungen in Schleswig-Holstein komplett aufzulösen. Deren Aufgaben könnten getrost die zentralen Orte übernehmen. Zudem schlägt Krügel vor, die kleinsten der 1100 Gemeinden im Land zusammenzulegen. Das sollte für alle Dörfer unterhalb von 1500 Einwohnern gelten. Im Kreis Pinneberg würde diese Vorgabe 30 der 48 Kommunen auf dem Festland betreffen. "Verwaltung kostet Geld", begründet Krügel seine weitreichenden Ideen. "Keiner will sie haben." Aber um Dinge wie Ausweisangelegenheiten, Sozialhilfe, Bau- oder Planungsrecht zu regeln, könnte der moderne Mensch nicht auf den Behördenapparat verzichten. "Aber wir brauchen nur so wenig wie möglich Verwaltung. Da, wo Verwaltung ist, sucht sie sich immer neue Aufgaben."

Die aktuelle vom Verfassungsgericht angestoßene Diskussion um die Zukunft der Amtsordnung biete die einmalige Chance, diese "überflüssige Verwaltungsebene" komplett abzuschaffen. Das sei ohne weiteres möglich, spare viel Geld und wäre auch noch bürgerfreundlich. Krügel nennt ein Beispiel. Neubürger des Nachbarortes Heidgraben müssten sich nicht etwa bei ihm anmelden. Nicht einmal das nächstgelegene Rathaus in Uetersen sei für sie zuständig. Vielmehr müssten seine Mitarbeiter diese Leute nach Moorrege zur Amtsverwaltung schicken. Krügel: "Das versteht doch kein Mensch mehr."

Für völlig unsinnig hält Krügel die Existenz solcher Ämter, die es praktisch nicht mehr gibt. So haben sich das Amt Haseldorf der Stadt Uetersen und das Amt Hörnerkirchen Barmstedt angeschlossen. 59 solcher Verwaltungsfusionen hat es seit 2001 gegeben, wodurch sich die Zahl der Verwaltungen im Land von 222 auf 145 reduzierte. Doch wer aus Haseldorf, Hetlingen oder Haselau einen Ausweis in Uetersen beantragt, bekommt immer noch den Stempel mit dem "Amt Haseldorf" drauf, wundert sich Krügel. "Das kostet nur Geld." Amtsausschuss und Amtsvorsteher machten dort keinen Sinn mehr.

Wenn sich die amtsangehörigen Gemeinden den größeren Orten anschlössen, hätte das auch den Vorteil, dass die Interessen der Bevölkerung besser berücksichtigt werden. Sie würden dort ihre Verwaltung vorfinden, wo sie ohnehin einkaufen gehen oder ihre Kinder zur Schule schicken. Insofern haben Bilsen, das lieber beim Amt Rantzau in Barmstedt verblieb als sich Quickborn anzuschließen, und Appen, das nach Moorrege statt nach Pinneberg ging, die falschen Entscheidungen getroffen - obwohl sich deren Bürger genau andersherum orientierten.

Die Gemeinde Bönningstedt macht es vor, wie es anders gehen könnte. "Wir haben festgestellt, dass das Amt uns nicht weiterhilft", sagt Bürgermeister Peter Liske. Seit vor vier Jahren die Ämter Bönningstedt und Pinneberg-Land zum Amt Pinnau verschmolzen, werde seine großstadtnahe Gemeinde mit den ländlicher geprägten Orten in einen Topf geworfen. "Das passt nicht. Selbst wenn wir Dorf sein wollten, wir könnten es nicht", sagt Liske. Noch im November erwartet er Angebote aus Quickborn, Rellingen und Norderstedt, ob und wie sie Bönningstedt verwalten würden. Norderstedt hat 2007 die Verwaltung Elleraus übernommen. Klagen unzufriedener Bürger sind darüber nicht laut geworden. Im Gegenteil.

So einleuchtend er seine Argumentation findet - "wir wissen alle, dass wir sparen müssen und wären so auf einen Schlag eine komplette Verwaltungsebene los", ist sich Krügel nicht sicher, ob die jetzige Landesregierung den Mut zu einer so großen Reform aufbringt. "Wahrscheinlich wird es nur eine Liste der zehn Aufgaben geben, die die Ämter für die Gemeinden übernehmen sollen." Das wäre zwar die einfachste, aber nicht die beste und vor allem nicht die billigste Lösung.