Industrie- und Handelskammer setzt auf Kooperation von Betrieb und Schule , um Nachwuchs fit für Jobs zu machen

Kreis Pinneberg. Der drohende Fachkräftemangel in Deutschland wird auch den wirtschaftsstarken Kreis Pinneberg hart treffen. Besonders Ingenieure werden dringend gesucht, denn der Ausbildungsmarkt lässt bereits jetzt große Lücken erkennen.

Ein Beispiel aus Wedel: An der Physikalisch-Technischen Lehranstalt (PTL) schafften dieses Jahr noch elf technische Assistenten ihren Abschluss. In den 80er-Jahren, den Glanzzeiten der privaten Lehreinrichtung, waren es gut 100 junge Leute gewesen. 2011 stehen wahrscheinlich nur noch acht Abschlüsse an. Dozent Bernd Albrecht, der Digital- und Elektrotechnik sowie Mechanik unterrichtet, sagt: "Immer mehr Jugendliche interessieren sich für Wirtschaftsinformatik und ähnliche Felder, während Physik und Technik nicht mehr den Reiz früherer Tage ausüben. Das wird zum Problem für die Firmen werden. Sie finden keine Techniker."

Albrecht sieht eine der Ursachen darin, dass Naturwissenschaften in den Schulen nicht mehr eine so starke Stellung haben wie früher. Die Motivation für Schüler, sich insbesondere mit Physik, aber auch Chemie und Biologie auseinanderzusetzen, sinke. Deshalb planen PTL und Unternehmen eine gemeinsame Informationsoffensive.

Chef der Agentur für Arbeit wirbt für firmeneigene Nachwuchsförderung

Auf den Fachkräftemangel, der durch den demografischen Wandel hin zu einer immer älter werden Bevölkerung verschärft wird, machen zwei Institutionen bereits seit Langem aufmerksam: die Industrie- und Handelskammer und die Agentur für Arbeit. Thomas Kenntemich, Chef der Elmshorner Agentur für Arbeit, nutzt jede Gelegenheit, auf den Geburtenrückgang hinzuweisen. Die rückläufige Entwicklung der Bevölkerung macht es aus seiner Sicht für die Betriebe im Kreis Pinneberg immer wichtiger, Nachwuchs selbst auszubilden.

Vorbildlich handelt in dieser Hinsicht beispielsweise der Autohof Reimers mit Sitz in Pinneberg und Rellingen. Dort haben die Chefs mit dem eigenen Nachwuchs beste Erfahrungen gemacht. Allein neun Lehrlinge wurden in diesem Sommer eingestellt.

Gerd Reimers, der mit seinem Bruder Gunter das 85 Jahre alte Familienunternehmen mit 150 Mitarbeitern führt, verweist stolz auf darauf, dass mittlerweile 70 Prozent der Belegschaft aus ehemaligen Lehrlingen hervorgegangen sind. Bei der Einstellung verlassen sich die Brüder Reimers längst nicht nur auf Zeugnisse oder Tests. "Was zählt, ist vor allem der persönliche Eindruck", sagt Gerd Reimers.

Damit die Unternehmens- und Personalchefs diesen persönlichen Eindruck möglichst früh erhalten, hat die Industrie- und Handelskammer Kiel bereits im Jahr 2006 ein Projekt gestartet, um Kooperationen zwischen Schulen und Unternehmen zu stärken. Im Kreis Pinneberg gibt es derzeit 16 solcher Kooperationen, die vertraglich abgesichert wurden.

Aber es können gern noch mehr werden. "Schulen, die dazu bereit sind, finden wir genug. Aber wir suchen noch Unternehmen, die mitmachen", sagt Reomira Krey. Sie ist Fachberaterin des Modells, das vom schleswig-holsteinischen Wirtschaftsministerium gefördert wird. Sie weist darauf hin, dass so eine Kooperation nicht auf die Bereitstellung von Praktikumsstellen beschränkt bleiben sollte. Vielmehr sollten Gespräche mit Personalleitern, Fachkräften und Auszubildenden zum ständigen Programm zählen. Als vorbildlich wertet die Fachberaterin den Einsatz der Johann-Comenius-Schule, die allein vier offizielle Kooperationen entwickele, und zwar mit der AOK, der Sparkasse, der Edeka Nord und dem Familienunternehmen Tempelmann.

Reomira Krey sagt: "Unser Ziel ist, die Schüler so aufs Leben vorzubereiten, dass die Abbrecherquote von 25 Prozent bei Studium und Lehre sinkt."

Kontakt: Reomira Krey, Telefon 0431/5194-216 www.schule-betrieb-sh.de