Das Jugendamt des Kreises Pinneberg muss immer mehr Jungen und Mädchen in Pflegefamilien unterbringen

Kreis Pinneberg. Die zunehmende Aufmerksamkeit der Lehrer und Erzieher in den Schulen und Kindergärten hat ihre Folgen: Immer öfter werden Kinder entdeckt, die von ihren überforderten, oft alkohol- oder psychisch kranken leiblichen Eltern misshandelt, gedemütigt und vernachlässigt werden. Im schlimmsten Fall wird diesen Eltern das Kind weg- und in Obhut genommen, damit es nicht verwahrlost und einen seelischen Schaden davonträgt. Diese Kinder werden dann von Pflegeltern aufgezogen.

Allein im Kreis Pinneberg leben zurzeit 240 Kinder vom Babyalter bis zur Volljährigkeit in insgesamt 170 Pflegefamilien. Tendenz: steigend. "Wir brauchen dringend neue Pflegeeltern", sagt der Teamleiter aus dem Kreis-Jugendamt, Jasper Jensen. Im vorigen Jahr haben auf diese Weise 40 Kinder ein neues Zuhause bekommen. Etwa so viele Paare würden auch in diesem Jahr wieder gebraucht, die bereit sind, ein fremdes Kind aufzuziehen, sagt Jensen.

Diese Aufgabe und die neue Situation seien für beide Seiten zunächst schwierig, erzählt Peter Hoffmann aus Pinneberg, der mit seiner neuen Partnerin vor zwei Jahren ein kleines Mädchen aufnahm. "Gerade der Anfang war nicht einfach. Das Kind schrie, wachte nachts oft auf, konnte nicht schlafen", erinnert sich der Pflegevater. Das war emotionaler und körperlicher Stress für das Kind und seine neuen Erziehungsberechtigten. "Ein Jahr hat es gedauert, bis es sich beruhigt und wir den persönlichen Kontakt hergestellt hatten. Das braucht viel Geduld und Ausdauer."

Noch schwieriger ist es, wenn die Pflegekinder schon älter sind. Diese Erfahrung machte Heino Wendte aus Heidgraben. Der Zwölfjährige, den er und seine Frau aufnahmen, konnte sich partout nicht mit dem neuen Leben arrangieren und wurde zwei Jahre später von seinem leiblichen Vater aufgenommen. "Es ist schwer für die Kinder, sich in die neue Rolle einzufinden und mit den neuen Verhaltensregeln klarzukommen, die sie vorher nicht kannten."

Angelika und Walter Zahn sind bereits erfahrene Pflegeeltern. Der neun Jahre alte Dustin ist das vierte Pflegekind des Ehepaares aus Elmshorn, das selber keine Kinder bekommen konnte. Zahn, der auch Vorsitzender des Vereins für Pflege- und Adoptiveltern ist, dem 30 Eltern angehören, hatte bereits beim ersten Pflegekind seine neue Profession entdeckt. Er gab seinen Beruf auf, wurde Hausmann und Pflegevater in Vollzeit. "Ich bin von Haus aus kinderlieb und wollte gerne Kindern, die kein richtiges Zuhause haben oder mit ihren Eltern nicht zurecht kommen, eine geborgene Kindheit ermöglichen." Das erste Pflegekind war ein Junge aus den neuen Bundesländern, der eine schwere Kindheit in Jugendheimen hinter sich hatte. Heute studiert der 26-Jährige an der Uni Kiel, freut sich Zahn.

Das Jugendamt unterstützt die Pflegefamilien mit Beratung, Seminaren und, falls nötig, einem Krisenmanagement, erläutert Teamleiter Jensen. Zudem erhalten die Pflegeeltern je nach Aufwand zwischen 600 und 1200 Euro im Monat. Der Kontakt zu den leiblichen Eltern bleibe oft bestehen. Eine Rückkehr in die alten Familienstrukturen erfolgt allerdings nur in den seltensten Fällen, sagt der Fachmann.

Bei Familie Hoffmann läuft das beinahe vorbildlich ab: "Wir hatten in den zwei Jahren nur ein einziges Mal Kontakt zur Mutter", sagt der Pflegevater. Allerdings kümmere sich eine liebevolle Tante regelmäßig um das jetzt dreieinhalb Jahre alte Mädchen, erzählt er. "Sie ist für die Kleine total wichtig, weil sie spürt, dass die Tante sie schon seit ihrer Geburt kennt. Das hätten wir uns auch von der Mutter gewünscht."

Kontakt: Kreisverwaltung Pinneberg, Jasper Jensen, Telefon: 04101/212-304