Im Schulauer Fährhaus diskutieren sechs Politiker auf dem Abendblatt-Podium über die Chancen und die Risiken der Ausbaggerung der Elbe.

Wedel. Chancen und Risiken der Elbvertiefung waren das Thema Nummer eins bei der Abendblatt-Diskussionsrunde mit den sechs Landtagskandidaten des Wahlkreises Pinneberg-Elbmarschen im Schulauer Fährhaus. Kein anderes Politikfeld bewegte die mehr als 150 Zuhörer im vollen Saal mehr als die geplante Ausbaggerung der Fahrrinne auf 18 Meter unter der Wasseroberfläche und ihre Folgen für die Menschen am Strom. So löste die Aussage der CDU-Landtagsabgeordneten Barbara Ostmeier, die Elbvertiefung gefährde die Sicherheit der Deiche nach Meinung aller Experten nicht, tumultartige Unruhe im Saal aus. Das Wahlvolk quittierte Ostmeiers Position lautstark mit Pfiffen und Applaus.

Zuhörer Peter Gottschalk hatte die Elbvertiefung zuvor scharf kritisiert. Wenn die Elbe wie geplant auf 18 Meter Tiefe ausgebaggert werde, verdoppele sich die Fließgeschwindigkeit. "Das wird ein Kanal, der alles mit sich reißt", sagte Gottschalk.

Genau diese Gefahr hatte auch Fachreferent Hans Ewers, Nabu-Schutzgebietsreferent für die Haseldorfer Binnenelbe und das Elbvorland, skizziert. "Wir müssen umdenken, weg vom schneller, höher, weiter", sagte Ewers unter dem Applaus vieler Zuhörer. Er plädierte für ein nationales Gesamthafenkonzept, das den Tiefwasserhafen Jade-Weser-Port einbeziehe. "Hamburg wird keinen Arbeitsplatz verlieren."

Unter den sechs Politikern auf dem Abendblatt-Podium teilten vor allem Grünen-Kandidat Helmuth Kruse und Patrick König von der Piratenpartei diese Ansicht. Politiker Kruse verwies auf die hohen Kosten für die Unterhaltung der tiefen Fahrrinne. "Allein die Unterhaltungsbaggerung kostet 100 Millionen Euro pro Jahr."

Die Vertreter von CDU, SPD und FDP sprachen sich dagegen klar für die Vertiefung aus. Am drastischsten drückte SPD-Kandidat Thomas Hölck sich aus: "Es geht um 150 000 Arbeitsplätze, die direkt oder indirekt am Hafen hängen. Die Region verarmt, wenn wir die Wettbewerbsfähigkeit des Hafens schwächen." Ostmeier und FDP-Kandidatin Birgit Klampe maßen dem Umweltschutz mehr Bedeutung bei als Hölck. "Wir müssen das ökologisch wertvolle Elbästuar mit wirtschaftlichen Aspekten in Einklang bringen", sagte die CDU-Vertreterin. Dafür reiche das gesetzlich vorgeschriebene Plan vollkommen aus.

Auch das Thema Energieversorgung der Zukunft brannte vielen Zuhörern unter den Nägeln. Matthias Döring aus Halstenbek, Hans-Jürgen Vogt aus Rellingen, der Wedeler Ulf Möker und Harald Jürgs von der Bürgerinitiative Haseldorfer Marsch hinterfragten beispielsweise die Kürzung der Solarförderung, den Nutzen von Windparks auf See und an Land, umstrittenen Ausbau der Stromtrassen und den Bau des neuen Kohlekraftwerks in Stade.

Zuvor hatte Stefan Brumm, Leiter der Unternehmensentwicklung bei E.on Hanse, die Energiesituation aus Sicht der Versorger umrissen. "Es gibt noch kein klares Konzept, wie der Atomstrom ersetzt werden kann", sagte Stefan Brumm.

Grünen-Kandidat Kruse und SPD-Vertreter Hölck plädierten vor allem für eine dezentrale Stromversorgung. "Wenn die Bürger ihre Netze selbst erwerben und betreiben könnten, würde das die Akzeptanz des Themas Trassenausbau erhöhen", sagte Kruse. Er könne sich auch eine stärkere Nutzung der Wasserkraft, auch an kleineren Flüssen, vorstellen. Und wenn man alte Windkraftanlagen durch weniger, aber neue, leistungsstärkere Modelle ersetze, wirke die Landschaft durch die Windmühlen nicht mehr so "verspargelt".

"Wir müssen mehr Stadtwerke gründen, um aus der Abhängigkeit von den großen Versorgern herauszukommen", sagte Hölck. CDU-Frau Ostmeier propagierte vor allem moderne Gaskraftwerke und den Ausbau der Windenergie als Ersatz für die Atomkraftwerke. Kohlekraftwerke lehnt sie anders als ihre Parteifreunde ab. FDP-Kandidatin Klampe räumte dem Ausbau der Stromtrassen Priorität ein. "Aber das geht nur mit Zustimmung der Bürger, egal, ob die Trassen ober- oder unterirdisch verlegt werden sollen."

Klaus-Dieter Brügmann, Kreisvorsitzender der Linkspartei und für den erkrankten Kandidaten Christian Schultze eingesprungen, machte sich dafür stark, die Energiewende sozial gerecht zu gestalten.

Weniger kontrovers diskutierten Kandidaten und Publikum das dritte Thema des Abends, die Förderung des regionalen Tourismus. Einmütig befürworteten die Politiker den Ausbau des Rad- und Wanderwegenetzes, um mehr Tagestouristen zu locken. Die FDP plädierte für liberalere Öffnungszeiten der Geschäfte und Hotels. Zuvor hatte Hannah Heberlein, Geschäftsführerin des Vereins Tourismus in der Marsch, die Bedeutung des Tourismus für Wirtschaft und Image der Region erläutert.

Es geht weiter: Am Mittwoch, 25. April, treffen sich die sieben Landtagskandidaten des Wahlkreises Pinneberg-Nord in der Jugendbildungsstätte des Kreisjugendrings in Barmstedt, Düsterlohe 5 zur letzten von vier Diskussionsrunden vor der Landtagswahl auf dem Abendblatt-Podium. Dort diskutieren die Politiker über soziale Netzwerke, Jugendkriminalität und das Thema Fluch und Segen der Technik. Los geht es um 19.30 Uhr. Der Eintritt ist frei.