Jürgen Möbius aus Bönningstedt macht den ADAC-Fahrfitnesscheck für Senioren. Er setzt auf die Selbstkontrolle älterer Fahrer.

Halstenbek. Jürgen Möbius schaltet den Motor aus, rollt mit seinem Landrover an eine rote Ampel heran. Zu seinem Vordermann lässt er eine Lücke, um den Fahrer, der auf die Hauptstraße einbiegen will, das Einordnen zu erleichtern. Beim Abbiegen blinkt er rechtzeitig und blickt jedes Mal über die Schulter, um keinen Radfahrer zu übersehen. Fahrlehrer Axel Rosenlund, 59, aus Halstenbek hat nichts zu beanstanden. Im Gegenteil, er lobt das umsichtige Fahren seines Schülers. Jürgen Möbius hat den ADAC-Fahrfitnesscheck problemlos absolviert.

Jürgen Möbius ist 73 Jahre alt. Damit gehört der Rentner aus Bönningstedt zu der Gruppe, über deren Fahrtüchtigkeit derzeit verstärkt diskutiert wird. So möchte beispielsweise Hamburgs Innensenator einen regelmäßigen Gesundheits-Check für Autofahrer zur Pflicht machen.

Wenn der Führerschein ab 2013 alle 15 Jahre verlängert werden muss, soll der Test, wenn es nach Michael Neumann ginge, auch die Fahrtauglichkeit ärztlich überprüfen. Der SPD-Politiker stützt seine Forderung auf gestiegene Zahlen von Unfällen, an denen Menschen über 65 Jahren beteiligt waren. Danach haben Senioren ab 65 Jahren mit 61,6 Prozent den höchsten Verursacheranteil am Unfallgeschehen in der Hansestadt.

+++ Ältere Autofahrer besser informieren +++

Die Diskussion wird über die Landesgrenzen hinaus geführt. Befeuert wird sie durch spektakuläre Unfälle wie Anfang des Jahres, als ein 76 Jahre alter Mann in der Gustavstraße in Halstenbek erst einen Fußgänger und dann eine Radfahrerin angefahren hatte, weil er offenbar Gas und Bremse verwechselte. Die Radfahrerin starb.

Jürgen Möbius möchte andere ältere Verkehrsteilnehmer ermutigen, seinem Beispiel zu folgen und sich freiwillig dem kritischen Blick eines Fahrlehrers zu stellen. Die Berichterstattung in den Medien habe ihn zu diesem Schritt bewogen. Und weil er die Bedenken seiner Frau, er könne nach einer Knieoperation nicht mehr fahren, zerstreuen wollte. Er habe dann trotz seiner 56 Jahre langen Erfahrung am Steuer in der Prüfungssituation doch ein mulmiges Gefühl gehabt. "Niemand möchte hören, dass er nicht mehr fahrtauglich ist", sagt er. Den Führerschein abgeben zu müssen, bedeute einen Verlust an Freiheit, Selbstbestimmtheit und Lebensqualität.

"Viele Menschen haben Angst davor, den Test zu machen", sagt Axel Rosenlund, der seit 1974 als Fahrlehrer arbeitet. Dabei muss niemand um seinen Führerschein fürchten. Rosenlund spricht lediglich eine Empfehlung aus. "Das ist wie mit der ärztlichen Schweigepflicht. Ich gebe nichts an Dritte weiter", sagt er. Ziel sei es, die Mobilität bis ins hohe Alter zu erhalten.

2008 startete der ADAC in Schleswig-Holstein den Fahrfitnesscheck als Pilotprojekt. Axel Rosenlund war von Anfang an dabei. Zwei Jahre später baute der Automobilklub sein Angebot bundesweit an. Während vor ein paar Jahren lediglich fünf bis zehn Menschen im Jahr das Angebot annahmen, sind es heute manchmal fünf im Monat. Der großen Mehrheit kann er eine gute Fahrweise bescheinigen. Nur selten rät er, sich lieber nicht mehr hinters Steuer zu setzen. Rechtsverbindlich ist die Empfehlung nicht. Doch die meisten würden Rosenlunds Tipps beherzigen.

"Die Akzeptanz ist gestiegen", sagt er. Dennoch würde er einen obligatorischen Gesundheitstest mit Seh-, Hör- und Reaktionstest alle zwei Jahre begrüßen. "Das Auto steht beim TÜV regelmäßig auf dem Prüfstand. Das sollten wir als Fahrer auch - unabhängig vom Alter", sagt er.

Jürgen Möbius glaubt, dass der Staat Senioren durchaus Anreize bieten sollte, das Auto freiwillig stehen zu lassen, wenn sie sich beim Fahren nicht mehr sicher fühlen. "Das könnte zum Beispiel ein kostenloses Jahresticket für öffentliche Verkehrsmittel sein, wenn man den Führerschein abgibt." Oder einmal im Monat eine Taxifahrt, wenn Arztbesuche anstehen, damit auch die Menschen auf dem Land noch mobil sein können. Er selbst will den Führerschein freiwillig abgeben, wenn das irgendwann mal notwendig sein sollte, sagt er und startet den Motor.