Rot-Grün favorisiert öffentliche Finanzierung des Neubaus der Berufsschule, Schwarz-Gelb will hingegen einen privaten Investor haben.

Kreis Pinneberg. Öffentliche Hand oder privater Investor - wer kann es besser? Diese Grundsatzfrage entwickelt beim geplanten Neubau der Kreisberufsschule in Pinneberg wieder einmal eine politische Streitkultur zwischen den Kreistagsfraktionen, die den Charakter eines Wettstreits um die richtige Ideologie annimmt. Schwarz-Gelb will das rund 25 Millionen Euro teure Vorhaben von einem privaten Investor realisiert haben und weiß ein Gutachten auf seiner Seite. Rot-Grün besteht darauf, dass der Kreis in Eigenregie baut, und hat das Rechnungsprüfungsamt hinter sich.

Auf der Kreistagssitzung am Mittwoch, 25. April, kommt es zum Showdown der unversöhnlichen Lager. Vorteil für CDU/FDP: Sie haben die Mehrheit im Kreistag.

Seit Herbst 2007 steht dieses Thema auf der Agenda. Seitdem muss ein Großteil der Berufsschüler in Pinneberg in Containern unterrichtet werden. Ein Gebäude aus dem Jahre 1956, der Mitteltrakt, erwies sich als bautechnisch marode und musste abgerissen werden. Doch die ursprünglich veranschlagten Kosten in Höhe von acht Millionen Euro für den Neubau des Mitteltraktes erwiesen sich als zu niedrig. Zusätzlicher Raumbedarf ließ diese auf 14 Millionen Euro hochschnellen zusätzlich zu weiteren sechs Millionen Euro für die Sanierung des restlichen Teils der Kreisberufsschule. Auch dieser Gebäudeteil aus den 1970er Jahren sollte nun durch einen Neubau ersetzt werden, beschloss der Kreistag 2010. Doch eine Umsetzung dieses Beschlusses war zunächst nicht möglich, da dem hoch verschuldeten Kreis eine solche Mega-Investition nicht genehmigt wurde.

Nun sollte eine Wirtschaftlichkeitsberechnung die Kuh vom Eis bringen. Das Berliner Beratungsbüro VBD legte jetzt seine 100 Seiten starke und 17 000 Euro teure Analyse vor, die dem Öffentlich-Privaten-Partnerschafts- (ÖPP-)Modell den Vorrang gibt. Demnach wäre es für den Kreis Pinneberg rund 2,5 Millionen Euro (9,2 Prozent) günstiger, wenn er die neue Schule privat bauen ließe. Der Betrieb der Schule sei aber in öffentlicher Hand in 25 Jahren um gut drei Millionen (13,1 Prozent) günstiger, als wenn ein privates Unternehmen damit betraut werde.

Nachdem Kiel grünes Licht gab, dieses Bauprojekt in mehreren Jahren anzugehen, sollte im März vom Kreistag entschieden werden. Doch eine Anfrage der SPD an das Rechnungsprüfungsamt (RPA) ließ an den Aussagen des VBD-Gutachtens erhebliche Zweifel aufkommen und die Entscheidung wurde vertagt. "Nicht nachvollziehbar", "schmale Datenbasis", "ohne begründende Unterlagen", "erklärungsbedürftig", "keine Grundlage für die Entscheidung" lautete das harsche Urteil des RPA-Chefs Gerhard Ramcke und kam zu dem Schluss: "Das RPA hält daher die konventionelle Realisierung des Vorhabens für wirtschaftlicher und die Durchsetzung der für eine Kreisberufsschule notwendigen Ausbaustandards in dieser Variante für realistischer."

Auf Sondersitzungen der KBS-Lenkungsgruppe und des Hauptausschusses prallten vorige Woche die unterschiedlichen Standpunkte nochmals aufeinander. Dabei sei von CDU/FDP-Seite "massiver Druck" auf das RPA ausgeübt worden, seine Stellungnahme zurückzuziehen, kritisiert SPD-Fraktionschef Hannes Birke. Doch es halte an seiner grundsätzlichen Kritik fest, auch wenn es das ÖPP-Modell "konstruktiv kritisch begleiten" wolle, wenn die Politik sich letztlich dazu entschlösse.

SPD und Grüne wollen es nicht soweit kommen lassen. Sie wollen auf der Kreistagssitzung am 25. April die Verwaltung auffordern, "unverzüglich einen Architekten-Wettbewerb für den Neubau auszuloben". Das wäre das Aus für das ÖPP-Modell. Hans-Peter Stahl, SPD: "Wir müssen jetzt Halt-Stopp sagen, bevor wir in unverantwortlicher Weise Millionenbeträge freigeben."

Grünen-Fraktionschef Thomas Giese: "Das VBD-Gutachten weist unglaublich viele Fehler auf. Das Ergebnis stand schon vorher fest." Die Berliner Gutachter verheimlichten, auf welcher Datenbasis sie zu ihren Berechnungen kommen, die nur auf Schätzungen beruhten, wie sie auf Nachfrage einräumten. "Das ist nichts", ärgert sich Giese.

Habe denn Schwarz-Gelb nichts aus den negativen Erfahrungen mit ÖPP-Modellen gelernt, wundert sich SPD-Chef Birke. Bei dem gescheiterten Neubau des Kreishauses am Güterbahnhof Pinneberg laufe der Kreis schon seit drei Jahren jenen 800 000 Euro hinterher, die die Hamburger Firma Impala inzwischen gerichtlich festgestellt dem Kreis mindestens an Schadensersatz schulde. In der Rettungsleitstelle in Elmshorn musste der Kreis jetzt eine Million Euro in eine neue Lüftungsanlage investieren, damit die Mitarbeiter dort überhaupt arbeiten können, weil sich der private Investor nicht darum kümmerte. Und die Privatisierung der Regio-Kliniken sei "ein finanzielles Desaster" für den Kreis geworden, weil der Kaufpreis von 2,5 Millionen Euro längst durch zusätzliche Forderungen für den kommunalen Schadensausgleich und Baufehler, die der neue Mehrheitseigner Sana geltend macht, aufgefressen sei.

Auch die Kosten-explodierende Hamburger Elbphilharmonie sei mit diesem untauglichen ÖPP-Modell realisiert worden, ergänzt Giese. Die "Privatisierungs-Ideologen" müssten doch erkennen, dass dies der falsche Weg sei.

Kerstin Seyfert, CDU, hält dagegen. Sie sagt: "Das ÖPP-Modell ist günstiger für den Kreis."