Betreibergesellschaft NEG beantragt die Stilllegung einer Teilstrecke durch die Stadt. Die Stadt Uetersen muss grünes Licht dafür geben.

Uetersen/Niebüll. Die große Kreuzung am Uetersener Ostbahnhof ist eine der meist befahrenen Strecken der Stadt. Täglich quälen sich Tausende von Autofahrern, Radlern und Fußgängern von Grünphase zu Grünphase. Und wenn die nahe Klappbrücke über die Pinnau wieder mal den Verkehr blockiert, um für ein Küstenmotorschiff den Weg von und zur Papierfabrik Stora frei zu machen, steht alles still.

Fast vergessen, erinnern Andreaskreuze an der Kreuzung daran, dass vor einigen Jahren auch noch Güterzüge die Straße kreuzten. Autofahrer merken das spätestens, wenn die Stoßdämpfer beim Kreuzen der Gleise einem Belastungstest ausgesetzt werden. Doch schon lange ziehen keine Dieselloks mehr Güterwaggons Richtung Stichhafen und zurück, und jetzt scheint das Kapitel Schiene in diesem Bereich endgültig geschlossen zu werden.

Die Norddeutsche Eisenbahngesellschaft (NEG) mit Sitz in Niebüll, die den Bahnbetrieb 1998 von der Uetersener Eisenbahn AG übernahm, hat beim Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr die Stilllegung des Gleises vom Gelände der Kreisverkehrsgesellschaft an der Bahnstraße bis zur alten Berufsschule an der Klosterkoppel beantragt.

Für die Stilllegung muss allerdings auch die Stadt Uetersen grünes Licht geben, weshalb das Thema auf der Tagesordnung der jüngsten Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft, Verkehr und Stadtmarketing stand. Grundsätzlich bestehen bei den Politikern keine Bedenken gegen die Stilllegung - und doch bleibt Unbehagen. Hubert Trenkner (SPD) forderte eine bindende Frist für die Beseitigung des Gleisbettes ein, es dürften keine Kosten für die Stadt entstehen. Das forderten angesichts der schlechten Finanzlage für die Stadt auch die BfB-Vertreter.

Andreas Stief (CDU) legte dar, wie wichtig eine Eigentumsübertragung der Grundstücke der knapp 800 Meter langen Strecke auf die Stadt sei, er habe jedoch trotz mehrfacher Nachfrage nie etwas von Verkaufskonditionen gehört. Wenn die betroffenen Grundstücke ohne Bedingung freigestellt werden, befürchtet er, "gehen sie komplett in den Markt". Trenkner sprach sich in Sachen Grundstücksübernahme gegen marktübliche Preise aus, "es kann hier doch höchstens um einen symbolischen Preis von einem Euro gehen". Mit großer Mehrheit stimmt der Ausschuss letztlich für die Stilllegung, verbunden mit den SPD-Forderungen nach Kostenfreiheit für die Stadt sowie einer bindenden Frist zum Gleisrückbau. Endgültig entscheidet die Ratsversammlung am 23. März darüber.

Bürgermeisterin Andrea Hansen sagte, dass es zwar noch nicht um Kauf und Marktpreise, sondern ausschließlich um die Freistellung vom Bahnverkehr gehe. Dennoch sei es auch ihr im Gespräch mit Vertretern der NEG bisher nicht möglich gewesen, über Kosten zu reden. "Wir erfahren nichts."

NEG-Geschäftsführer Ingo Dewald wollte sich auch im Gespräch mit dem Abendblatt weder zu Kosten des Rückbaus der Bahnübergänge in Höhe Pinnauallee und Bahnstraße noch einer Eigentumsübertragung der übrigen Flächen äußern. Er verwies an die Schwestergesellschaft "cfl cargo" mit Sitz in Luxemburg, die für die Liegenschaften und Gleise zuständig sei. Der dortige Geschäftsführer Peter Krämer kündigte auf Anfrage des Abendblattes zügige Kontaktaufnahme mit der Stadt Uetersen an, spätestens diese oder nächste Woche, "damit wir diese Angelegenheit vom Tisch bekommen".

Sollte ein annehmbarer Preis oder gar ein Geschenk an die Stadt Uetersen dabei herauskommen, bleibt die Zukunft der einstigen Bahngrundstücke dennoch offen. Im Gespräch war bereits, auf dem ehemaligen Gleisbett entlang der Klosterkoppel einen Radweg zu bauen. Unklar ist jedoch, ob der Untergrund belastet ist und beim Rückbau des Gleises womöglich erhebliche Kosten für Altlasten auf den Eigentümer zukommen. Angesichts der Haushaltslage Uetersens dürften überplanmäßige Ausgaben auf absehbare Zeit keine Chance haben.

Dem alten Gleis trauert kaum jemand nach. Auch die Eisenbahnfreunde Uetersen-Tornesch sehen die Lage pragmatisch. Wie deren Sprecher Ingo Vagt sagt, befürworte der Verein sogar den Rückbau. In den vergangenen zehn Jahren habe es nur eine vierwöchige Aktion gegeben, in der Güterwaggons dort abgestellt worden seien. "Ein bisschen Nostalgie" sei zwar dabei, wenn ein Gleisstück der traditionsreichen Uetersener Eisenbahn stillgelegt werde. "Aber auch wir können das Gleis nicht nutzen."