Bürgermeister fordern Halt in Tornesch. Krügel heute bei de Jager. Fahrgastverband Pro Bahn sieht Region gut versorgt

Tornesch/Kiel. Mit hohem Tempo rauscht der Regionalexpress (RE) Kiel-Hamburg durch den Bahnhof Tornesch, hinterlässt bei den Damen und Herren auf dem Bahnsteig verwehte Frisuren und eine gehörige Portion Frust und Ärger. Bürgermeister und deren Vertreter aus dem Einzugsgebiet Torneschs sind gekommen, um ihren Schulterschluss für eine bessere Verkehrsanbindung des Bahnhofs Tornesch zu demonstrieren, der mittlerweile unter den zehn größten Bahnhöfen in Schleswig-Holstein geführt wird.

Sie unterstützen damit Torneschs Bürgermeister Roland Krügel, der an diesem Freitag in der Sache bei Verkehrsminister Jost de Jager in Kiel vorstellig wird. Denn wenn sich die Landesregierung jetzt nicht bewegt, so fürchten die Bürgermeister, wird der schnelle Express mit den modernen Doppelstockwagen wohl auch künftig keinen Halt in Tornesch einlegen.

Der Ärger der Bürgermeister hat seinen Grund. Nach dem Gewinn der jüngsten Ausschreibung des Bahnnetzes Mitte durch die Bahn-Tochter Regionalbahn haben sie erst aus der Presse erfahren, dass ein Halt des Regionalexpresses von Kiel nach Hamburg auch in Zukunft nicht vorgesehen ist, obwohl er ab 2014 im halbstündlichen Takt verkehren wird und die Fahrzeit um mindestens drei Minuten verkürzt wird. Der Bahnhof Elmshorn komme in den Genuss eines zusätzlichen Halts, sagen sie, der Bahnhof Tornesch und damit das Einzugsgebiet von etwa 40 000 Menschen bleibe außen vor.

Die Tornescher und ihre Nachbarn fühlen sich verschaukelt. Seit mehr als zwei Jahrzehnten fordern sie eine bessere Bahnanbindung sowohl nach Hamburg als auch nach Schleswig-Holstein. In kleinen Schritten habe es in der Vergangenheit Verbesserungen gegeben, "die aber der Bedeutung der Region überhaupt nicht entsprechen", heißt es in einer Resolution der acht Bürgermeisterinnen und Bürgermeister aus Tornesch, Uetersen, Moorrege, Heidgraben, Heist, Neuendeich, Groß Nordende und Ellerhoop, die Krügel de Jager heute vorlegen will.

Immer wieder seien teils abstruse Argumente für eine Ablehnung des RE-Haltes vorgebracht worden. Zu knappe Anschlusszeiten, zu volle Züge oder ein Nein zur Verlängerung der Züge, weil der Bahnstieg in Hamburg angeblich zu kurz sei - was einfach nicht stimme, wie jeder vor Ort selbst erkennen könne. "Eine einzige Lachnummer", sagt Krügel. Da der Regionalexpress Kiel-Hamburg ab 2014 zweimal stündlich fahren solle und die Fahrzeiten um mindestens drei Minuten verkürzt werden, "entfallen diese Begründungen komplett", sagen die Bürgermeister. Offenbar sei es aus politischen Gründen nicht gewollt, den Regionalexpress in Tornesch halten zu lassen.

Als Begründung für den Nichthalt in Tornesch werde angegeben, dass eine schnelle Verbindung zwischen Kiel und Hamburg gewünscht werde, schreiben die Bürgermeister. "Wir fordern, dass die Fahrzeitverkürzung nicht nur für die Reisenden von Kiel nach Hamburg, sondern auch für unsere Region eingesetzt wird". Sie sind sicher, dass viele Pendler aus der Region, die sich jetzt noch mit dem Pkw Richtung Autobahn und dann nach Hamburg und zurück quälen, bei einem zusätzlichen Halt des Regionalexpresses auf die Bahn umsteigen würden.

Ganz anders wird die Situation auf Landesebene eingeschätzt. Wie auch der Politik vor Ort bekannt sei, sagt Dennis Fiedel, Pressesprecher der Landesverkehrsgesellschaft (LVS) Schleswig-Holstein, "planen wir für Tornesch und die anderen Stationen an der Regionalbahnlinie ab Dezember 2014 ebenfalls einen Reihe von Verbesserungen". Welche genau möglich sein werden, entscheide sich voraussichtlich Ende März, wenn klar sei, wer das sogenannte Los B im Netz Mitte betreiben werde. "Diesen Teil der Ausschreibung hatten wir bekanntermaßen aufgehoben." Insofern sei es momentan zu früh, über das Fahrplanangebot für Tornesch zu sprechen.

Warum die Regionalexpress-Züge Hamburg-Kiel nicht in Tornesch halten können, habe die LVS bereits mehrfach dargestellt, sagt Fiedel. "Die Kapazitäten in den Zügen und der Fahrplan machen das nicht möglich." Da es aber in Tornesch wohl vor allem um die direkte Anbindung an den Hamburger Hauptbahnhof und gar nicht so sehr um diese Regionalexpress-Züge selbst gehe, sei die LVS optimistisch, die Wünsche der Region mit dem neuen Angebot im Los B des Netzes Mitte erfüllen zu können.

Der Fahrgastverband Pro Bahn schlägt sich in einer offiziellen Stellungnahme auf die Seite des Landes und zeigt sich verwundert über die Aktivitäten der Bürgermeister. "Die Region Tornesch wird nicht abgehängt", sagt Stefan Barkleit, Landesvorsitzender von Pro Bahn Schleswig-Holstein/ Hamburg. "Schon heute steht der Bahnhof Tornesch gemessen an der Anzahl der Abfahrten mit 105 Abfahrten werktags an siebter Stelle in Schleswig-Holstein und damit sogar vor Bahnhöfen wie zum Beispiel Flensburg."

Dabei werde Tornesch schon heute mindestens zweimal in der Stunde von der Regionalbahn bedient, in der werktäglichen Hauptverkehrszeit verkehrten die Züge sogar dreimal und alle von und nach Hamburg. "Dabei davon zu sprechen, die Region Tornesch werde abgehängt, entbehrt jeglicher Grundlage", sagt Sigrid Pohlmann, Vorsitzende des Regionalverbandes Westholstein.

Offen hingegen sei die Vergabe von Los B, zu dem das Ausschreibungsverfahren noch laufe. Bestandteil dieses Loses sei neben den Regionalbahnen zwischen Itzehoe beziehungsweise Kellinghusen und Hamburg-Altona auch eine neue stündliche Regionalbahn Itzehoe - Hamburg Hauptbahnhof, mit der Tornesch in weniger als 30 Minuten an den Hauptbahnhof angebunden sein werde. "Auch hier werden ab Dezember 2014 neue Züge mit höheren Sitzplatzkapazitäten eingesetzt, dafür engagieren wir uns schließlich seit Jahren. Der einzige Unterschied zu den RE-Zügen wird sein, dass da eben RB drauf steht", so die Regionalverbandsvorsitzende Sigrid Pohlmann.