Freiwilliges Ökologische Jahr: Frederik Köwitsch verbrachte einen Monat in Brasilien und kümmerte sich dort um den Schutz der Tiere.

Kreis Pinneberg. Erst 19 Jahre alt ist er und hat doch schon viel von der Welt gesehen. In einem T-Shirt mit einer Schildkröte und dem Aufdruck Tamar sitzt Frederik Köwitsch im Obergeschoss des Elbmarschenhauses in Haseldorf. Er strahlt fast ein bisschen Wärme aus in diesem Outfit, das so überhaupt nicht der Wetterlage im kalten Deutschland entspricht.

Seit dem 15. Dezember ist Frederik wieder in Deutschland, zuvor verbrachte er einen Monat in Pirambu, einem 2000-Seelen-Dorf an der Nord-Ostküste Brasiliens. Dort unterstützte er als Praktikant die Umweltschutzorganisation Tamar, die sich vor allem mit dem Schutz von Meeresschildkröten befasst. Frederik lebte in Brasilien mit seinen Kollegen in einer WG. "In Pirambu ist die Organisation stark vertreten", sagt er. "Es gibt dort ein Büro, ein Museum und eine Werkstatt. Eine Station mit Messgeräten gibt es natürlich auch."

+++ Schildkröten sind sehr empfindlich +++

Zwischen September und März legen die Meeresschildkröten an den Stränden ihre Eier ab. "Ich war also genau zur richtigen Zeit in Brasilien, um sowohl die Ei-Ablage, als auch das Schlüpfen der Jungen mitzubekommen", sagt Frederik. In dem südamerikanischen Land galten die Eier der Meeresschildkröte und auch die Tiere selbst als Delikatesse, sodass der Bestand zum Ende des 20. Jahrhunderts drastisch zurückgegangen war. Durch die Arbeit von Tamar ist es gelungen, die Zahl der Schildkröten wieder zu erhöhen und konstant zu halten.

Frederik macht ein Freiwilliges Ökologisches Jahr (FÖJ) beim Nabu in Haseldorf. Bereits zum fünften Mal konnte ein Haseldorfer FÖJ-ler einen Monat in Brasilien bei Tamar verbringen. Die Organisation ist Kooperationspartner des Nabu. Die Kosten für den Flug müssen die Freiwilligen selbst tragen. Einen großen Vorteil hatte Frederik gegenüber seinen vier Vorgängern: Er spricht fließend portugiesisch. Er wuchs in Portugal auf, machte dort an der deutschen Schule in Lissabon sein Abitur. "Das hat mir vieles in Brasilien erleichtert, denn die wenigsten Menschen dort sprechen Englisch", sagt er.

Wenn Frederik Köwitsch von seiner Zeit in Brasilien erzählt, leuchten seine Augen. "Ich wäre wirklich gern noch länger geblieben, die Leute waren alle sehr nett zu mir, das Wetter war toll. Es war schließlich Sommer und die Arbeit hat Spaß gemacht." Die stand immerhin im Vordergrund in Pirambu. Mit einem Quad, einer Art Motorrad mit vier Rädern, fuhren Frederik und seine Kollegen nachts den Strand ab und hielten nach Schleifspuren und Schildkröten Ausschau. "An den Spuren konnten wir erkennen, ob hier eine Schildkröte an Land gekommen war."

Schildkröten kommen abends an den Strand, graben 30 bis 50 Zentimeter tiefe Löcher in den Sand, legen in diese etwa 100 bis 150 Eier und graben die Löcher wieder zu. Danach verlässt die Mutter das Nest. Die Eier werden von der Sonne "ausgebrütet". Nach 50 bis 60 Tagen schlüpfen die Schildkröten und verlassen das Nest in Richtung Meer. Vögel, die am Strand auf die kleinen Schildkröten als leichte Beute lauern, gebe es dort nur wenig, sagt Frederik. "Eine größere Gefahr stellen Füchse dar, die die Eier ausgraben und verzehren." Um die Eier zu schützen, werden die Nester mit Netzen abgedeckt, deren Maschen groß genug für die frisch geschlüpften Schildkröten und zu klein für die Füchse sind.

+++ So funktioniert das Freiwillige Ökologische Jahr +++

Entdecken die Naturschützer eine Mutter, die gerade ihre Eier ablegt, untersuchen sie diese auf Krankheiten und Markierungen und notieren die Körpermaße. Bei unmarkierten Tieren wird an der Achsel eine Markierung angebracht. "An dieser Stelle stört sie die Schildkröte nicht. Aber wir haben durch diese nummerierten Plaketten einen Überblick, wenn die Tiere zurückkehren", sagt Frederik. Bei allen gefundenen Nestern werden die Eier gezählt.

"Nach 65 Tagen kommen wir dann zu den Nestern zurück. Die Jungen, die dann noch nicht geschlüpft sind, werden dies auch nicht mehr tun", sagt Frederik Köwitsch. "Wir zählen die Geschlüpften, die Nichtgeschlüpften und die Totgeburten." Hierüber werden ebenfalls Statistiken erstellt. Die Arbeit als Naturschützer findet eben auch viel am Computer statt. Außerdem leisten die Mitarbeiter von Tamar Aufklärungsarbeit. "Mittlerweile sind viele Fischer, die früher vom Verkauf der Schildkröten lebten, in die Projekte eingebunden", sagt Frederik. "So verlieren sie nicht ihre Existenz, aber die Schildkrötenbestände können sich erholen."

Meeresschildkröten und ihre Eier stehen seit 1979 unter Naturschutz. Von den etwa 1000 geschlüpften Jungen erreichen nur ein oder zwei Tiere das geschlechtsfähige Alter von 30 Jahren. Die meisten fallen Haien und anderen Meeresbewohnern zum Opfer oder sterben an Plastikmüll, den sie fressen, weil sie kein anderes Futter finden. Deshalb setzt sich die Organisation Tamar verstärkt für den Schutz der Eier ein.

Es ist warm geworden im Obergeschoss des Elbmarschenhauses Haseldorf. So warm, dass Frederiks Outfit gar nicht mehr so abwegig zu sein scheint. Neben dem T-Shirt und einer Menge toller Erfahrungen hat er auch ein Stück Brasilien mit in die Haseldorfer Marsch gebracht. Nur die Schildkröten musste er in Pirambu lassen.