Luxuslimousinen im Wert von 830.000 Euro stehen in Wedel zur Versteigerung – unter Polizeischutz. Doch nur eine Karosse findet einen Käufer.

Wedel. Samtig schwarz schimmert der Lack. Kein Kratzer beleidigt die Perfektion des Maybach 57. Selbst im profanen Ambiente der Wedeler Feuerwache an der Schulauer Straße strahlt die Luxuslimousine das Selbstbewusstsein eines Stars unter Deutschlands Straßenkreuzern aus.

Zu Recht. Unter der breiten Motorhaube mit dem signifikanten Kühlersignet schlummern 550 Pferdestärken. 337 000 Euro kostet das 2003 gefertigte Liebhaberstück. Dafür wird einiges geboten. Von den polierten Kirschholzarmaturen bis zu den integrierten Kühlfächern und den perfekt gepolsterten Ledersitzen mit Hightech-Belüftung ist alles vom Feinsten.

Selbst bei seiner eigenen Zwangsversteigerung strahlt der Maybach noch kühle Noblesse aus. Gemeinsam mit zwei Mercedes-Stretchlimousinen S 600 Pullman in weiß und silber aus dem ehemaligen Besitz eines Wedeler Unternehmers kommt er an diesem Winternachmittag unter den Hammer des Obergerichtsvollziehers Claus Köster. Allerdings kommt der erfahrene Vollstrecker angesichts der mehr als 830 000 Euro in Form prestigeträchtiger Luxusschlitten in der warmen Luft der Halle ins Schwitzen. "Eine solche Versteigerung kommt bei uns auch nicht alle Tage vor. So wertvolle Gegenstände hatte ich noch nie unterm Hammer", sagt er.

Dass bei Zwangsversteigerungen in bar bezahlt werden muss, steigert seine Anspannung. Denn selbst wenn die Automobile jeweils nur zum Mindestgebotspreis, also jeweils zur Hälfte ihres Listenpreises, den Eigentümer wechseln sollten, müssten potenzielle Bieter sechsstellige Summen parat haben.

Das könnte Begehrlichkeiten wecken. Zumal solche Automobile gern im halbseidenen Milieu gefahren werden. Köster rechnet mit Besuch vom Kiez.

Deshalb hat er vorgesorgt. Neun bewaffnete Polizisten in schwarzen Lederjacken sichern das Terrain, zwei von ihnen tragen ihre Maschinengewehre feuerbereit vor der Brust. Sogar Wedels Revierleiter Rüdiger Grünewald hält vor Ort die Augen offen. "Es gibt einige Interessenten, die sehr viel Bargeld mit sich führen", sagt er.

Doch die Halbwelt gibt Wedel einen Korb. Abgesehen von drei arabisch sprechenden schlanken Herren mit Sonnenbrillen lässt sich niemand blicken, der auch nur entfernt Kiez-Glamour in dem Zweckbau verbreiten würde. Dabei haben die Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr extra ihre vier Fahrzeuge anderweitig notgeparkt, die üblicherweise in dieser Halle stehen. Uwe Brandt, stellvertretender Wedeler Wehrführer, lehnt an der Wand und beobachtet das Treiben in seinem Revier.

Ein knappes Dutzend Interessenten umkreist die Luxuskarossen. Man fachsimpelt und spekuliert. "Wer den Maybach kauft, fährt den bestimmt nicht, sondern stellt den bloß in die Garage. Der wird nicht mehr gebaut und steigt im Wert", sagt ein älterer Herr, der anonym bleiben möchte.

Und er wundert sich darüber, wie stumpf einige Chromteile am Kühlergrill des weißen Pullman aussehen. Der wurde zwar bereits 2001 gefertigt, ist aber ebenso wie die beiden anderen Autos nie zugelassen und entsprechend wenig gefahren worden. "Wer weiß, wo der gestanden hat", sagt der Zuschauer.

Das weiß Kfz-Mechaniker Volkan Kozan. Er ist der einzige in der Runde, der die Schlitten eigenhändig gefahren hat. Denn er hat sie im Auftrag des Gerichtsvollziehers für die Versteigerung aufgehübscht. Auch für ihn ist der Umgang mit dieser Auto-Liga einmalig. "Ich habe erst gedacht, der Köster will mich auf den Arm nehmen", sagt Kozan. "Das Stumpfe kommt wahrscheinlich von der Seeluft", sagt Kozan. "Der Mercedes hat ja schon eine lange Reise hinter sich, nach Japan und Dubai." Der Fachmann äußert sich beeindruckt von der hohen Qualität der Fahrzeuge. Voller Reifendruck, Öl und Wasser okay, und das nach der jahrelangen Zwangspause. "Die sind ohne Probleme angefahren." Sein Favorit ist der Maybach. "Der fährt sich am besten." Auch Zuschauer Florian Zäpernick aus Pinneberg ist ein Fan des edlen Schwarzen, nicht zuletzt aus praktischen Erwägungen. "Damit bekommt man wenigstens einen Parkplatz", sagt er mit Blick auf die überlangen Mercedes-Modelle.

Dann wird es ernst. Um 14.10 Uhr beginnt Köster mit der Versteigerung. Er ruft den Maybach auf. Mindestgebot 168 750 Euro. Es wird still in der Runde. Da hebt einer die Hand. Kein Anzugträger, sondern ein schnauzbärtiger Herr in Jeans und Parka. Claus Köster ruft den Maybach erneut auf, dann schwingt er den Hammer. "Zum Ersten, zum Zweiten, zum Dritten." Um 14.15 Uhr ist der Maybach verkauft. Anders als für die meisten Menschen in der Runde ist so eine hochpreisige Zwangsauktion für Neubesitzer Wolfgang, 62, aus Wedel beinahe Routine. Er habe sich schon öfter auf diese Weise Dinge ersteigert, sagt er später im Gespräch. Überrascht sei er nur, dass niemand ihm das Schnäppchen habe streitig machen wollen. Er wäre bis weit über 200 000 Euro flüssig gewesen.

Auktionspause. Mit dem Streifenwagen kutschierte die Polizei Köster und den Käufer zur Stadtsparkasse. "Das Geld wird geprüft und auf mein Dienstkonto eingezahlt", sagt der Gerichtsvollzieher.

Um 14.40 Uhr ist der weiße Mercedes dran. Niemand hebt die Hand. Die drei arabisch sprechenden Herren gehen. Unter den Zuschauern munkelt man, sie hätten gern gleich beide Mercedesse übernommen. Allerdings nur für 70 000 Euro pro Stück. Das Mindestgebot für die Stretchlimousinen liegt an diesem Tag allerdings bei jeweils 126 000 Euro.

Um es kurz zu machen: Auch der letzte Versuch, den Köster um 15 Uhr unternimmt, scheitert. Die Pullmans werden jetzt erneut an einem streng geheimen Ort gelagert bis zum nächsten Vollstreckungstermin. Den will Köster in zwei bis drei Wochen ansetzen. Dann beginnt das Spiel in der Feuerwache von vorn.