Die künstlerische Leiterin Fricke setzt verstärkt auf junges Publikum. Zusammen mit Geschäftsführer Retzke wird sie eine Doppelspitze bilden.

Pinneberg. Seit einem Jahr ist sie Pinnebergerin, seit ein paar Tagen künstlerische Leiterin des Kreiskulturzentrums Landdrostei. Mit ganz viel Vorschusslorbeeren ist Stefanie Fricke, 41, in das altehrwürdige Gebäude im Zentrum Pinnebergs eingezogen. Der Vorstand der Stiftung Landdrostei lobte die Flötistin, die jahrelang in leitender Funktion bei den Hamburger Symphonikern gewesen ist, bereits in den höchsten Tönen. Von einem "echten Aufbruch in der Drostei" war während der offiziellen Vorstellung von Stefanie Fricke die Rede. Das Hamburger Abendblatt sprach mit der neuen künstlerischen Leiterin, die zusammen mit Geschäftsführer Siegfried Bruno Retzke eine Doppelspitze bilden wird.

Hamburger Abendblatt: Wann und bei welcher Gelegenheit haben Sie die Landdrostei zum ersten Mal erlebt? Und welchen Eindruck hatten Sie dabei?

Stefanie Fricke: Die Drostei habe ich bei einem der ersten Erkundungsgänge als Neu-Pinnebergerin entdeckt und war spontan begeistert: Was für ein Schatz! Irgendwann, es regnete und ich hatte keinen Schirm, habe ich mich "untergestellt" und mir eine Ausstellung angesehen. Für drei Euro hatte ich es trocken, warm und auch noch einen Kunstkick. Das kann ich sehr empfehlen.

Sollen sich unter Ihrer Leitung maßgebliche Dinge ändern? Wenn ja, welche?

Stefanie Fricke: Zunächst einmal: Ich werde nicht Dinge ändern, nur, um sie zu ändern. Vieles in der Drostei ist bisher gut gelaufen. Ich bin absolut beeindruckt davon, wie viele hervorragende Künstler im Kreis Pinneberg und der näheren Umgebung zuhause sind. Das gute Ausstellungsniveau gilt es zu bewahren. Ändern wird sich sicherlich das Musik-Angebot. Zwar werden die Säulen "Barock" und "Moderne" weiterhin tragend sein, aber davon ausgehend gibt es so viel Musik, die sich in diesem Spannungsfeld bewegt. Wichtig ist dabei die künstlerische Qualität, wenn die stimmt, kann man begeistern.

Barockkonzerte und auch das Barockfestival im Herbst mit interessanten Ensembles und einem spannenden Begleitprogramm als Schwerpunkt unseres Hauses bleiben selbstverständlich. Ich würde mich freuen, wenn wir damit über die Grenzen des Kreises Pinneberg hinausreichen können. Der Saal in der Drostei ist aber auch ideal für Kammerkonzerte, wir haben einen schönen Flügel, den wir nutzen möchten. Es werden sicher etablierte Künstler auftreten, aber auch junge Musiker. Wenn es einmal einen Künstler von Weltruhm gibt, von dem wir sagen können: Der hat damals schon bei uns in der Drostei gespielt, wäre das doch toll.

Die Landdrostei bekommt eine Doppelspitze

Der Jahresetat beträgt bis zu 370 000 Euro

Auf welche Neuerungen können sich die Besucher freuen?

Stefanie Fricke : Was neu kommen wird, sind Angebote für Kinder und Jugendliche. Das ist eine ganz deutliche Vorgabe des Kreises und der Stiftung Landdrostei, die ich sehr gerne annehme. Ohne jetzt schon Definitives sagen zu können: Es wird Konzerte für Kinder geben, die Lust auf klassische Musik machen, auch den Eltern. Und wir werden versuchen, durch verstärkten Kontakt mit Schulen und anderen Kulturträgern auf junge Menschen zuzugehen. Es gibt bereits erste Gespräche über spannende Projekte, die allerdings noch nicht "eingetütet" sind. Ich möchte ausdrücklich den Dialog mit Lehrern suchen, um Möglichkeiten von gemeinsamen Projekten auszuloten, die die jungen Leute auch erreichen. Die Drostei ist keine Insel für Auserwählte, sondern Kulturraum für alle. Dass wir nicht jeden Geschmack befriedigen können und wollen, ist klar, aber wenn wir neugierig machen auf unser Programm, haben wir viel gewonnen. Helfen wird dabei die Wiederbelebung der Reihe "Drostei unterwegs", mit der wir uns im ganzen Kreis bewegen wollen.

Was reizt Sie an Ihrer neuen Aufgabe besonders?

Stefanie Fricke: Das komplette Programm eines Kreiskulturzentrums gestalten zu können, ist eine Aufgabe, der ich mit Respekt, aber auch großer Motivation entgegen sehe. Es ist eine tolle Möglichkeit, Prozesse in Gang zu bringen. Als Pinnebergerin reizt es mich natürlich, mich in meinem Lebensumfeld einzubringen. Ich freue mich auf die Reaktion und das Feedback, das, hoffentlich, in einer Stadt wie Pinneberg direkter zu erfahren ist, als in Hamburg.

Ich habe hier sehr nette Menschen vorgefunden, die mich sehr herzlich aufgenommen haben: Angefangen bei den Mitarbeitern hier im Haus, dem Geschäftsführer Siegfried Bruno Retzke, dem Förderverein, der mir seine Hilfe angeboten hat, den Ehrenamtlichen, die sich hier engagieren, und ohne die Vieles hier nicht laufen würde, bis hin zum Stiftungsvorstand. Das motiviert mich sehr. Last but not least: Ich kann mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren, das hatte ich schon Jahre nicht mehr.

Wie sehr belastet Sie die Vorgeschichte, der permanente finanzielle Druck?

Stefanie Fricke: Ich habe das Gefühl, dass alle Beteiligten die Vergangenheit gerne hinter sich lassen wollen. Es geht jetzt nur mit dem Blick nach vorne. Ich hatte bisher an keiner Stelle das Gefühl, Wogen glätten zu müssen. Es hat hier eine gute und kollegiale Übergabe gegeben und ich möchte mich auf meine Arbeit konzentrieren. Insofern belastet mich die Vergangenheit nicht. Was den finanziellen Druck angeht: An dem Kulturetat wird sich ja in absehbarer Zeit nichts ändern. Wir versuchen, das Beste daraus zu machen.

Wie wollen Sie erreichen, dass die Landdrostei, endlich, von einem breiteren Publikum entdeckt wird?

Stefanie Fricke: Neben allem, was in der Drostei stattfinden wird, wird es nötig sein, den Dialog zu suchen, und dazu muss man auch vor die Tür gehen und vielen erzählen, was wir machen. Durch Kooperationsprojekte, auch mit den Schulen, haben wir die Möglichkeit, viel breiter zu streuen. Die Drostei ist nichts Elitäres. Unsere Angebote sollen jeden im Kreis Pinneberg ansprechen.