Die genaue Ursache der Gasexplosion in einem Barmstedter Haus ist weiterhin unklar. Betroffene Familie findet in Horst Unterschlupf.

Barmstedt. Immer wieder bleiben Passanten vor der Ruine an der Barmstedter Kampstraße stehen und schütteln ungläubig den Kopf. Von dem einst weißen Einfamilienhaus sind nach der Gasexplosion und dem anschließenden Großfeuer nur einige rußgeschwärzte Trümmer übrig. Die vierköpfige Familie, die im dem Gebäude lebte und für die noch Dienstagmorgen die Welt in Ordnung war, hat alles verloren. Kleidung, Möbel, die persönlichen Gegenstände, das Spielzeug der Kinder - alles ist bis zur Unkenntlichkeit verbrannt. Aus dem Schuttberg ragt ein halb verkohltes Kinderbuch hervor - mühsam ist der Titel namens "Der kleine Zauberer" zu entziffern.

Zaubern kann Erika Bäkler, die Vize-Vorsitzende des DRK-Ortsvereins Barmstedt, nicht. Aber sie kann und will helfen. "Ich habe am Mittwochvormittag mit der Familie telefoniert und gefragt, was sie brauchen könnten." Zunächst, sagt Bäkler weiter, kommen die Betroffenen ohne Unterstützung aus. "Es sind bereits viele Nachbarn aktiv geworden und haben geholfen." Zu einem späteren Zeitpunkt werde sich die betroffene Familie aber noch einmal beim DRK melden - etwa wenn es um Anziehsachen aus der Kleiderkammer der Heilsarmee oder um Möbel für die Übergangswohnung gehe.

+++Zugefrorene Leitungen: Explosion erschüttert Barmstedt+++

Hinnerk Goos, Sprecher der Barmstedter Stadtverwaltung, hebt die große Hilfsbereitschaft der Bevölkerung hervor. "Viele Menschen haben hier angerufen und gefragt, was sie tun können." Darunter sei auch ein Barmstedter Bürger gewesen, der der Familie spontan eine Wohnung für den Übergang angeboten habe. Die betroffene Familie ist zunächst in Horst bei Elmshorn untergekommen - im Haus des 66 Jahre alten Großvaters. Dabei handelt es sich um Klaus Siebert, CDU-Kreistagsabgeordneter in Steinburg und lange Jahre Vorsteher des Amtes Horst. Siebert hatte am Dienstagvormittag Schwiegertochter und Enkelinnen in Barmstedt besucht - und offenbar gegen 8.15 Uhr beim Versuch, eine eingefrorene Wasserleitung zu enteisen, die Gasexplosion ausgelöst.

Dabei wurden er und die jüngere der Enkeltöchter schwer verletzt, beide kamen mit Rettungshubschraubern ins Krankenhaus. Die 36-jährige Mutter und die zweite, vierjährige Tochter wurden sicherheitshalber in das Klinikum Pinneberg gebracht. Beide konnten es nach kurzer Untersuchung wieder verlassen. Das 22 Monate alte Mädchen befindet sich weiterhin im Hamburger Wilhelmstift, einer Spezialklinik für brandverletzte Kinder. Sie ist bei Bewusstsein. Der 36-jährige Vater der Familie war zum Unglückszeitpunkt bei der Arbeit.

Was genau passiert ist, muss die Kripo Elmshorn klären. Bekannt ist folgendes: Während sich die 36-jährige Schwiegertochter und die 22 Monate und vier Jahre alte Enkelinnen von Siebert im Erdgeschoss aufhielten, werkelte der Horster im Keller des Gebäudes herum. Dort befand sich auch ein gasbetriebenes Wärmegerät - es soll sich jedoch nicht um einen Bunsenbrenner gehandelt haben. Was Siebert im Keller unternahm, will jetzt die Kripo von ihm wissen. Der 66-Jährige wird aufgrund seiner Brandverletzungen in der Spezialklinik in Hamburg-Boberg behandelt. Die Ärzte haben ihn aufgrund der Schwere der Verletzungen in ein künstliches Koma versetzt. Wann genau Siebert vernehmungsfähig sein wird, ist völlig unklar. Er soll zunächst als Zeuge befragt werden.

Die für Mittwoch geplante Untersuchung der Brandstelle durch Spezialisten der Kripo ist ausgefallen. Die Ermittler benötigen zunächst die Aussage Sieberts, weil sie wichtige Anhaltspunkte bezüglich der Spurensuche bieten kann. Bisher ist nur sicher, dass die Ursache im Keller zu finden sein muss. Um dorthin zu gelangen, muss zunächst ein Abbruchunternehmen die Trümmerteile beiseite räumen. Der Schutt des eingestürzten Hauses blockiert alle Zugänge zum Keller. Damit die Firma kein Beweismaterial vernichtet, wird ein Gutachter mit vor Ort sein. Gestern wurde die Brandstelle, die von der Polizei beschlagnahmt und inzwischen komplett eingezäunt ist, von einem Beamten der Barmstedter Polizei zwecks Beweissicherung fotografiert.