Migranten lernen in Elmshorn, wie Kommunalpolitik funktioniert. Anschließend sollen sie ihr Wissen an andere Bürger weitergeben.

Elmshorn. Es wird eine ungewohnte Rolle sein. Brigitte Fronzek (SPD) wird in diesem Monat für einen Abend von der Bürgermeisterin der Stadt Elmshorn zur Lehrerin für Bürgerkunde. Gemeinsam mit Brigitte Schrammek (FDP) wird sie 21 Bürgern mit Migrationshintergrund erklären, wie Kommunalpolitik funktioniert.

Dies ist Teil des sogenannten Partizipationsprojekts der Arbeiterwohlfahrt (Awo) Schleswig Holstein, das heute in Elmshorn startet. Partizipation - das bedeutet Teilhabe. Finanziert wird das Projekt mit Mitteln des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) und vom Justizministerium Schleswig-Holstein. Elmshorn ist der siebte Standort des Projekts, das in Kiel, Lübeck und Flensburg bereits mit großem Erfolg lief.

"Der Fokus des Programms liegt darauf, den Leuten zu zeigen, wie sie sich aktiv einbringen können", sagt Brigitte Fronzek. Und das sei nun mal das, was eine Demokratie auszeichne. "Deshalb bin ich so begeistert von dem Projekt."

Bis zum 22. März treffen sich 21 Migranten zu acht Abend- und drei Ganztagesveranstaltungen, um sich über Möglichkeiten zu informieren, am gesellschaftlichen, politischen und kulturellen Leben in Deutschland aktiv teilzunehmen. Diese acht Themen gehören zum Programm: Kommunalpolitik und politische Beteiligung, Bildungssysteme, Vereinswesen, Stadtteilarbeit, Ehrenamt und Selbsthilfe, Projekt- und Finanzierungsmanagement, Öffentlichkeitsarbeit sowie Präsentationstechniken.

Anschließend bekommen die Teilnehmer ein Zertifikat, das sie dazu berechtigt, im Namen der Arbeiterwohlfahrt (Awo) eigene Veranstaltungen dieser Art durchzuführen.

"Ziel ist es, dass die Migranten selbst aktiv handeln und ihr Wissen an andere Community-Mitglieder weitergeben", sagt Gülser Dönen, Projektleiterin bei der Awo. Deshalb wurde darauf geachtet, dass die Teilnehmer sowohl gut Deutsch sprechen, um die Inhalt verstehen zu können, aber auch eine andere Sprache beherrschen, in der sie ihr Wissen weitergeben können, fast wie Übersetzer.

Bereits nach sechs Wochen, in denen per Plakaten nach Teilnehmern gesucht wurde, war die maximale Gruppengröße von 21 Personen erreicht. Sieben Sprachen sind vertreten: Arabisch, Englisch, Französisch, Polnisch, Russisch, Spanisch und Türkisch. Die Mehrheit der Gruppe ist weiblich. Der Altersdurchschnitt liegt bei etwa 40 Jahren, die jüngste Teilnehmerin ist erst 21. "Es freut uns sehr, das alle Alterklassen vertreten sind", sagt Allegra Tekleab von der Elmshorner Koordinationsstelle Integration. "Besonders junge Menschen mit Migrationshintergrund sollen erkennen, dass sie dieses Land mitgestalten können."

Eine weitere Besonderheit sind die Dozenten, die immer aus der Praxis kommen sollen. Wenn es zum Beispiel um Kitas geht, dann wird eine Erzieherin den Kursus leiten. Fast alle Dozenten engagieren sich ehrenamtlich für das Projekt, auch in Elmshorn sind die Dozenten bereits gefunden. "Es ist einfach klasse, zu sehen, wie viele Menschen sich dafür interessieren", sagt Gülser Dönen. "Schließlich wollen ja alle Beteiligten, dass sich etwas verändert", sagt Allegra Tekleab. Gerade Kitas haben zum Beispiel häufig das Problem, dass mangels Wissen bei den Eltern die Zusammenarbeit bei der Förderung der Kinder erschwert.

Stattfinden werden die Veranstaltungen in den Räumen der Volkshochschule (VHS) Elmshorn. Miete müssen die Projekt-Initiatoren nicht zahlen. "Bereits jetzt treffen sich hier Menschen mit Migrationshintergrund", sagt Ute Köhler von der VHS. "Etwa in den berufsbezogenen Deutschkursen." Sie hofft, dass der eine oder andere Teilnehmer des Projekts auch mal einen anderen Kurs vor Ort besuche, da "sich die kulturelle Vielfalt der Stadt auch in allen Angeboten widerspiegelt".

In den Städten, in denen das Projekt bereits abgeschlossenen wurde, war es ein Erfolg. "Wir hatten im vergangenen Jahr 130 Veranstaltungen, die ehemalige Teilnehmer selbst organisiert haben", sagt Gülser Dönen. Hinzu kommen die vielen nicht erfassten aber wichtigen Gespräche in der Gemeinde, in der Nachbarschaft und mit Bekannten. Außerdem profitieren auch die Teilnehmer selbst.

"Sie haben nach dem Kursus eine ganz andere Ausstrahlung", sagt Gülser Dönen. "Viele werden selbstbewusster, weil sie wissen, was sie alles bewirken können." Auch seien sie besser vernetzt - mit den Dozenten und untereinander.

Bei der Stadt Elmshorn sind die Erwartungen groß. So soll in diesem Jahr ein Forum für Migranten gegründet werden. "Ich hoffe, dass in dem Projekt auch einige potenzielle Kandidaten dabei sind, die sich dann auch mit ihrer Erfahrung in das Forum einbringen", sagt Allegra Tekleab.

"Mit dem Projekt wird wirklich eine Lücke geschlossen", sagt Elmshorns Bürgermeisterin Brigitte Fronzek sichtlich stolz. "Ich wünsche mir wirklich, dass die Leute, die an unserem Projekt teilgenommen haben, danach auch rausgehen und ihr Wissen weitergeben." Auch geht die Verwaltungschefin davon aus, dass das Elmshorner Projekt Vorbildcharakter hat und andere Städte im Kreis Pinneberg das Projekt ebenfalls bald starten.