FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki will beim Neujahrsempfang in Prisdorf nichts von Parteikrise wissen. Scheitern kommt nicht in Frage.

Prisdorf. Krise? Welche Krise? - Die Liberalen strahlten bei ihrem Neujahrsempfang in Prisdorf Zuversicht aus. Ein Scheitern, wie zuletzt 1971 nicht wieder in den Landtag einzuziehen, kommt für sie nicht in Frage. Um sich für den Wahlkampf bei aktuellen Umfragewerten, die die FDP unter fünf Prozent einschätzen, Mut zuzusprechen, hatten sie am Montagabend wieder mal Wolfgang Kubicki eingeladen. Und der Landtags-Fraktionschef enttäuschte die 150 Gäste nicht. "Wir sollen ja zusammenrücken", sagte der FDP-Spitzenkandidat im Hinblick, dass die Gäste dicht gedrängt sitzen mussten, weil das Restaurant Campana nur den vorderen Bereich freigeräumt hatte. "Aber diesen Appell scheint jemand falsch verstanden zu haben."

Damit hatte Kubicki gleich die Lacher auf seiner Seite. Und mit diesem Einstieg zeigte er mehr Humor als jener Bauchredner, den der FDP-Kreisvorsitzende Olaf Klampe zur Unterhaltung der Gäste engagiert hatte. Während sich der krampfhaft abmühte, den zahlreichen, auch nichtliberalen Gästen ein Lächeln abzugewinnen, gelang dies Kubicki auf Anhieb. "Wir schaffen am 6. Mai zwischen neun und elf Prozent", behauptete der Mann aus Kiel in die staunende Runde. "Und ich habe weder was geraucht noch was getrunken."

Der FDP-Spitzenmann hatte sich verspätet. "Aber er kommt bestimmt", beeilte sich Landtagskollege Günther Hildebrand die wartenden Journalisten zu beruhigen. Gemeinsam sei man auf der Grünen Woche in Berlin gewesen. Doch als Kubicki nach ihm losgefahren sei, habe es zu schneien angefangen. "Ich habe gerade mit ihm telefoniert. Er ist gleich da", sagte Hildebrand und sollte Recht behalten. Unruhig auf einem Barhocker hin und her rutschend, verfolgte der Hauptredner dann das eher laue Schauspiel, dass der Bauchredner abgab. Die Vorgabe, die Zuhörer schon mal auf Temperatur gebracht zu haben, erfüllte dieser nicht.

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So musste Kubicki alleine vom Leder ziehen. Und so wiederholte er seine Replik auf die Idee einer Politikerin der Linken in der TV-Sendung von Günther Jauch, eine Frau solle nächste Bundespräsidentin werden, weil diese weniger bestechlich sei. "Also ich habe die Erfahrung gemacht, dass man Frauen mit Schmuck und Schuhen bestechen kann", sagte Kubicki und gab zu, dass seine Ehefrau diesen Machospruch nicht goutiert habe "Schieß diese Frauen auf den Mond", habe diese ihm gesagt, woraufhin er geantwortet hätte: "Was soll ich denn ohne dich machen?" Seitdem herrsche Funkstille in der Ehe, sagte Kubicki. Kiel - Berlin - Prisdorf. Der seit zwei Jahrzehnten erste Mann der FDP im Norden fügte sich problemlos in die Provinz ein. Er begrüße besonders seine Parteifreundin Ursula Eßler aus Tornesch. Sie sei ihm in der liberalen Hochburg am liebsten. "Weil sie die einzige ist, die sich traut, mir regelmäßig die Meinung zu sagen." Diese hatte sich vor zwei Jahren für die Grundstückseigentümer im Esinger Moor eingesetzt, die ihre vor Jahrzehnten illegal errichteten Häuschen abreißen lassen müssen. Doch Kubicki machte ihnen wenig Hoffnung. "Wir müssen uns an Recht und Gesetz halten."

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Das war aber auch schon die einzige hasenfüßige Bemerkung an diesem Abend von Kubicki. "Bei aller Selbstbescheidenheit, die man mir nachsagt", wie er unter großem Raunen sagte, haute er ordentlich auf den Putz. Der SPD-Spitzenkandidat Torsten Albig kriegte sein Fett ebenso weg wie die Grünen. Der eine könnte nicht einmal in Kiel die Parkgebühren vernünftig einsammeln. Die anderen forderten jetzt ein grünes Bruttoinlandsprodukt, bei dem die Feuchtwiesen eine Rolle spielen sollten. "Wenn wir das zu Ende denken, ginge es dem Land am besten, wenn wir komplett überflutet sind."

Bei so viel versprühtem Pulverdampf blieb nicht viel Raum für sachliches Bilanzieren. Im Schnelldurchgang handelte Kubicki die eigenen Verdienste in zweieinhalb Regierungsjahren ab. Weniger staatliche Vorgaben bei der Ausweisung von Gewerbeflächen, mehr Freiheit für die Schulen. "Wir haben das umgesetzt, was wir versprochen haben." Irgendwie erinnere ihn das Krisengerede über den Zustand der FDP an das Dschungelcamp. "Keiner will's gesehen haben, aber jeder spricht darüber."