Verpackungsmaterial ist unter ökologischen und sozialen Gesichtspunkten vorbildlich

Ellerbek. Der beste und umweltfreundlichste Joghurtbecher kommt aus Ellerbek. Die Verpackungsingenieurin Carolina E. Schweig ist jetzt vom weltweiten Dachverband der Molkereiindustrie IDF mit dem ersten Innovationspreis ("Best practice") für eine ökologische Verpackungsentwicklung ausgezeichnet worden. Zudem erhielt sie den zweiten Platz für das nachhaltigste Projekt. Denn der von ihr kreierte Joghurtbecher verbraucht bei der Herstellung 60 Prozent weniger Erdöl und 30 Prozent weniger Energie als herkömmliche Plastikbecher - bei gleichem Preis. Zudem dient er einem sozialen Projekt: Ihr Joghurtbecher wird von der Bio-Molkerei Lobetaler vermarktet, in der ausschließlich behinderte Menschen arbeiten.

Die Ellerbekerin hat sich gegen 170 Konkurrenzprodukte aus 30 Ländern der ganzen Welt durchgesetzt.

"Angesichts dieses weltweiten Wettbewerbs ist diese Auszeichnung großartig", freute sich die Ingenieurin bei der Preisverleihung in Salzburg. "Dieser Preis wird mich zu weiteren Neuentwicklungen anspornen."

Sie hätte schon immer genervt, wie zerbrechlich ein Joghurtbecher sei, erzählt Carolina Schweig über ihre Motivation, dieses Produkt des täglichen Bedarfs neu zu gestalten. Ihr Becher sei jetzt auch noch leichter und widerstandsfähiger als die normalerweise aus Polypropylen (PP) oder Polystyrol (PS) gefertigten Varianten auf dem Lebensmittelmarkt.

Dieses Kunststück gelang ihr mit Kreide, wie sie in der Schule verwendet wird. Die Hälfte ihres Rohstoffs ist nun Kalziumkarbonat (CaCO{-3}), wie Kalkkreide chemisch genannt wird. Die andere Hälfte besteht weiterhin aus Polypropylen. Und da der Naturstoff Kreide reißfester ist, konnte sie den Kreide-Kunststoff-Joghurtbecher 20 Prozent leichter machen als konventionelle Modelle.

Dadurch komme die positive Ökobilanz zustande, dass insgesamt 60 Prozent weniger des fossilen Rohstoffes Rohöl verwandt werden, beschreibt die Preisträgerin ihre Innovation. "Und jeder Liter Erdöl, der weniger gebraucht wird, schützt die Umwelt, wie die aktuelle Katastrophe im Golf von Mexiko zeigt, wo Millionen Tonnen Öl das Meer verschmutzen."

Seit April kann der Bio-Joghurt in der innovativen Verpackung auch gekauft werden. Er steht jetzt in den Regalen von Bio-Läden in Berlin und Brandenburg, weil dort die Molkerei Lobetaler ihren Sitz hat. "Aber wir verhandeln gerade mit den Lebensmittelketten", sagt die pfiffige Ingenieurin aus Ellerbek. Sie gehe davon aus, dass der Lobetaler Bio-Joghurt bald auch in den Geschäften im Hamburger Umland zu haben ist.

Carolina E. Schweig ist absoluter Profi in ihrem Metier. Seit gut zwei Jahrzehnten arbeitet sie für und berät namhafte Firmen der Lebensmittelindustrie, wie sie ihre Verpackungen besser, effizienter, umweltfreundlicher machen können. So hat die Diplomingenieurin für Verfahrenstechnik für multinationale Konzerne wie Unilever, Van Houten und Pepsico gearbeitet, für die sie zum Beispiel einen Margarine-Becher für den mexikanischen Markt kreierte, wo sie mit ihrem Mann eine Zeit lang gelebt hat, bevor sie vor zehn Jahren nach Ellerbek zog. Die neue Pet-Flasche des Eistees von Schweppes-Krombacher ist ihre Idee gewesen. Auch Köllnflocken in Elmshorn hat ihr Know-how für eine neue Keksverpackung genutzt.

Die Anfrage aus Berlin erreichte sie vor einem Jahr. Die Hoffnungstaler Anstalten Lobetal, die 1905 als soziale Einrichtung gegründet wurden und heute 2900 behinderte Menschen an 16 Standorten rund um Berlin betreuen, planten, neben Ackerbau und Viehzucht auch die Milch selbstständig zu vermarkten. So entstand die Idee, eine Molkerei zu gründen, die nun Joghurt und Käse herstellt. In diesem Jahr sollen bereits eine Million dieser Joghurts aus ökologischem Anbau verkauft werden, sagt die Beraterin aus Ellerbek. Die Abfüllung geschehe genauso vollautomatisch und absolut hygienisch wie in jedem anderen Molkereibetrieb. Für das Waschen, Nachfüllen und Abpacken sind die gehandicapten Mitarbeiter zuständig.

Bei einer nachhaltigen Produktinnovation komme es darauf an, dass sie dem neuesten Stand der Technologie entspreche, erklärt Carolina Schweig. Nur dann, wenn es dem heutigen Industriestandard entspreche und wirtschaftlich sei, könne sich ein Öko-Produkt auf dem Markt behaupten, ist ihre Erfahrung.

Und so brauchte sie einige Monate, bis sie ihre Idee in die Tat umsetzen konnte. Schließlich fand sie mit den Rheinischen Kunststoffwerken (RKW), einem weltweit führenden Hersteller von Kunststoff-Folien, den idealen Partner.

Dieser produziert nun in Schweden die Kreide-Kunststoffmischung für den Becher, der in Nordrhein-Westfalen hergestellt und in Berlin befüllt wird. Die Kreide wiederum kommt aus Norwegen. Die Ökobilanz des Herstellungsweges sei noch verbesserungswürdig, aber zurzeit nicht anders machbar und in der Lebensmittelindustrie gang und gäbe, sagt Carolina Schweig. "Aber dafür ist das Produkt umweltfreundlich, nachhaltig, und es spart Energie."