Wohlfahrtsverbände kritisieren die Kündigung des Landesrahmenvertrags der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung zum Ende dieses Jahres.

Kreis Pinneberg. Haushaltssanierung auf Kosten behinderter Menschen? Das befürchten die Wohlfahrtsverbände im Kreis Pinneberg, seitdem die Landkreise am 17. Dezember 2009 ohne Ankündigung, ohne Information und vor allem gegen den ausdrücklichen Wunsch anderer Vertragspartner wie den kreisfreien Städten, der Landesregierung und den Sozialverbänden den sogenannten Landesrahmenvertrag zur Eingliederungshilfe behinderter Menschen zum Ende 2010 gekündigt haben.

Peter Schaumann, Vorsitzender der Kreis-AG der Wohlfahrtsverbände und Geschäftsführer der Lebenshilfe, sprach offen von einem "Vertrauensbruch", zumal auch zuständige Kommunalpolitiker wie der Kreistag und seine zuständigen Ausschüsse übergangen worden seien.

Vorbereitet wurde die Kündigung durch die "Koordinierungsstelle soziale Hilfen der schleswig-holsteinische Kreise" (Kosoz), die bei der Behindertenhilfe landesweit ein Einsparvolumen von 107 Millionen Euro sieht. Auf dem Prüfstand stehen unter anderem Kosten für Personal, Sachleistungen und Investitionen, die Zahl der stationären Betreuungsplätze und Plätze in den Werkstätten für Behinderte. Aber auch eine Aufweichung des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst ist kein Tabuthema mehr. Zudem habe das Land mit 168 Euro die höchsten Pro-Kopf-Ausgaben aller Flächenländer für Behinderte, heißt es.

Entscheidender und seriöser, sagt Helga Kell-Rossmann vom Diakonischen Werk, seien doch die Kosten für jeden Leistungsberechtigten, und da liege Schleswig-Holstein mit 15 800 jährlich im Bundesschnitt, bei den westlichen Bundesländern sogar darunter. Betroffen wären allein im Kreis Pinneberg von Abbau der Standards 2148 behinderte Menschen sowie deren Betreuer.

Doch offenbar steckt noch mehr hinter dem "Streichkonzert" der Landkreise. Schaumann sprach von einem "tiefen Misstrauen", das offenbar gegenüber den freien Trägern vor Ort bestehe. So soll die Zahl der sogenannten Hilfeplaner, angesiedelt beim Sozialamt des Kreises, landesweit von 140 auf 300 angehoben werden. Sie steuern und entscheiden vor Ort über alle Maßnahmen für Behinderte, um die "faktisch immer noch bestehenden Marktmacht der freien Träger zu reduzieren", so Kell-Rossmann. Letztlich bedeute das Einschalten der Hilfsplaner jedoch zusätzliche Bürokratie, was Kosten bei den Trägern verursache und obendrein zu Lasten der Eingliederungshilfe - des Gesamttopfes für die Behinderten - gehe: Leisten können sich die klammen Kreise zehn bis 15 neue Stellen kaum.

Letztlich herrsche eine große Verunsicherung, so auch Udo Spiegelberg (Paritätischer Wohlfahrtsverband), Klaus-Ulrich Sembill (Awo) und Maren von der Heyde (Diakonisches Werk). Alle Betroffenen fordern: "Zurück an einen runden, nicht an einen eckigen Tisch und "Verhandlungen auf Augenhöhe!"