Lässt sich die Industrie- und Handelskammer (IHK) zu Kiel von den Energieversorgern “instrumentalisieren“? Barmstedts Stadtwerke-Chef Fred Freyermuth sagt: “Ich finde es sehr merkwürdig, dass sich die IHK hier vor den Karren von E.on Hanse spannen lässt.“

Barmstedt/Kiel. Zudem würden IHK-Präses Vater und Geschäftsführer Jörn Biehl falsche Behauptungen aufstellen, die geradezu "peinlich" sind, wundert sich Freyermuth. Ein Positionspapier des IHK-Präsidenten Klaus-Hinrich Vater, dass den "Vormarsch kommunaler Betriebe" bei der Ver- und Entsorgung der Bürger als "ordnungspolitisch falschen Weg" anprangert, stößt auf heftige Kritik. Barmstedts Stadtwerke-Chef Fred Freyermuth sagt: "Ich finde es sehr merkwürdig, dass sich die IHK hier vor den Karren von E.on Hanse spannen lässt."

Zudem würden IHK-Präses Vater und Geschäftsführer Jörn Biehl falsche Behauptungen aufstellen, die geradezu "peinlich" sind, wundert sich Freyermuth. Er hat gestern eine Anwaltskanzlei beauftragt, eine Unterlassungsverfügung an die IHK zu senden, nicht wieder öffentlich zu behaupten, dass Stadtwerke, auch nicht als Eigenbetrieb, steuerlich besser gestellt wären als die privaten Großkonzerne. "Wir unterliegen den gleichen steuerlichen Vorschriften wie eine Kapitalgesellschaft."

Dass sich ausgerechnet die IHK zum Wortführer des freien Wettbewerbs macht, findet der Barmstedter Werkleiter grotesk. "Da sollten sich die Kammern mit ihrer bundesweiten Monopolstellung mal selber an die Nase fassen." Auch seine Stadtwerke, die als Netzbetrieb eine GmbH sind, seien gezwungen zur Pflichtmitgliedschaft in der IHK. Kerzenfabrikant Wolfgang Ihde aus Bullenkuhlen, der sich aus der Kritik gegen diese Zwangsmitgliedschaft in die IHK-Vollversammlung wählen ließ, zeigt großes Verständnis für Freyermuths Position. "Ich stehe dem Auftreten der Stadtwerke sehr positiv gegenüber, weil das endlich Konkurrenz in den Energiemarkt bringt." Jahrelang sei es so gewesen, dass sich immer mehr Energiekonzerne in Stadtwerke eingekauft hätten. Ihde: "Als Folge davon sind die Energiepreise gestiegen. Nun wird diese Monopolstellung von den Stadtwerken aufgebrochen."

Dass viele Stadtwerke nun den Spieß umdrehten und ihrerseits alte Pfründe der großen Energieversorger abgraben, sei der eigentliche Grund für diese "Lobbyarbeit" der IHK, glaubt Freyermuth. Nicht nur die Stadtwerke Barmstedt, die bereits 15 000 Kunden außerhalb ihres Stadtgebiets mit Strom und Gas beliefern, seien auf Expansionskurs. Auch die Stadtwerke in Wedel und Elmshorn engagieren sich überregional erfolgreich.

"Und jetzt geht es ins Eingemachte", ahnt Freyermuth. Vielerorts würden die Stromnetze nicht mehr automatisch dem Schleswag-Nachfolger zugesprochen. So übernähmen die Vereinigten Stadtwerke in Ratzeburg die Netze von 36 Kommunen. Die Werke in Itzehoe hätten den Zuschlag in Brunsbüttel erhalten, Elmshorn in Rellingen. "Dieser Wettbewerb um Kunden und Netze trifft E.on ins Mark."

Wie viele Kunden die Stadtwerke dem norddeutschen Ableger des Münchener Energieriesen inzwischen abgejagt haben, wird bei E.on Hanse wie ein Geheimnis gehütet. Pressemitteilungen tragen nicht mehr wie früher den Hinweis, dass mehr als eine halbe Million Haushalte in drei Bundesländern mit Strom und Gas versorgt würden. "Das ist eine marktrelevante Aussage, die wir nicht mehr nach außen kommunizieren", sagt E.on-Hanse-Sprecherin Iris Franco-Fratini.