Die Kita mit 100 Plätzen wird über Ateliers und Medienräume zur Förderung kreativer Begabungen verfügen.

Pinneberg. "Hier fällt ein Haus, dort steht ein Kran und ewig droht der Baggerzahn". Wäre die berühmte Bildermappe nicht bereits 1976 erschienen - der Titel könnte dem Schweizer Autor Jörg Müller glatt in Pinneberg in den Sinn gekommen sein, wäre er in diesen Tagen durch die Bismarckstraße spaziert. Das Haus Nummer 12, eine in den 20er-Jahren vom Architekten Klaus Groth entworfene Backsteinvilla, verschwindet aus dem Stadtbild. Das Wohngebäude weicht eine modernen "Stadtdschungelkita", die ab Sommer 2010 hundert Pinneberger Knirpse von drei Monaten bis sechs Jahren aufnehmen soll.

"Warum konnte das Haus nicht erhalten werden?", wollen Pinneberger Bürger wissen. "Wir konnten darin das Konzept für unserer Kindertagesstätte nicht umsetzen", sagt Gabriele Gramann vom Hamburger Verein "Wabe" als Bauträger. Ein Grundstück im Grünen wäre nicht in Frage gekommen. Das Konzept ist an die City gebunden, weil damit auch Berufstätige mit Kindern im Kita-Alter in den umliegenden Unternehmen angesprochen werden sollen.

"Wabe" - die vier Buchstaben stehen für Wohnen-Arbeiten-Betreuen-Entwickeln - betreibt als freier Träger im Großraum Hamburg 21 Einrichtungen für Kinder und Jugendliche. Im April hatte sich der Verein, dem das Grundstück an der Bismarckstraße von privat zum Kauf angeboten worden war, mit der Kita-Projektanfrage an die Pinneberger Verwaltung gewandt. Für die Stadt ein Glücksfall: Damit können die strategischen Ziele zur Bedarfsdeckung - Sicherstellung von Krippenplätzen für 20 Prozent der Kinder unter drei Jahren bis 2010 sowie von Betreuungsplätzen im Elementarbereich für 35 Prozent der Kinder unter drei Jahren bis 2013 - voll und vergleichsweise kostengünstig erreicht werden. Stadt und Kreis beteiligen sich gemeinsam mit 26 Prozent, der Bund mit 23 Prozent an den Gesamtinvestitionskosten. Den Rest, 1,4 Millionen Euro, finanziert der Träger.

Der im Konzept erhaltene Abriss der Stadtvilla war vor allem SPD sowie GAL & Unabhängigen übel aufgestoßen. Laut Ratsherr Manfred Stache hätte das Konzept auch im vorhandenen Gebäude realisiert werden können. Dies sei dem Trägerverein allerdings zu teuer gewesen. Letztlich hatte sich die Ratsversammlung vom "Wabe"-Konzept im Neubau überzeugen lassen. Die Verwaltung genehmigte den Abriss. "Natürlich ist das traurig, aber rechtlich hatten wir keine Handhabe", sagt Bürgermeisterin Kristin Alheit.

Das bestätigt Annelie Fesser von der unteren Denkmalschutzbehörde des Kreises Pinneberg: "Das Haus war nicht als Kulturdenkmal und damit nicht als schützenswert ausgewiesen." Gleichzeitig gibt die Denkmalpflegerin zu bedenken, dass die Liste der schützenswerten Gebäude in Pinneberg aus den 80er-Jahren stamme. So eine Liste müsse eigentlich ständig nach neuesten Kriterien aktualisiert werden, dafür fehle dem Kreis Pinneberg jedoch Personal. Für die Stadtvilla in der Bismarckstraße käme ein neuer Kriterienkatalog zu spät, das Haus ist bereits verschwunden.

Die Kindertagesstätte auf dem 1600 Quadratmeter großen Grundstück wird von den Hamburger Architekten Birkholz, Leiner und Braker als Erlebnis- und Experimentierwelt zum Entdecken konzipiert. Das Gebäude soll sich optisch von den Ziegelbauten an der Bismarckstraße abheben und dennoch in die Umgebung eingliedern.

Der pädagogische Schwerpunkt der Kita soll die kreativ-künstlerische Entwicklung der Kinder sein. Dafür werden den Jungen und Mädchen Ateliers, Forscher- und Medienwerkstätten, ein großzügiger Raum für Klang, Tanz- und Turnnutzung und eine Cafeteria angeboten. Den Kindern stehen zudem 800 Quadratmeter Freifläche zur Verfügung. Baubeginn ist Anfang März 2010. In nur 24 Wochen soll das komplette Haus fertig gestellt werden. Pinnbergs junge Familien wird es freuen: Die Stadtdschungelkita bietet flexible Öffnungs- und Betreuungszeiten von 6 bis 18 Uhr und bei Bedarf darüber hinaus. Zudem bleibt die Kita während der Schulferienzeiten geöffnet. Anmeldungen sind bereits über ein Online-Formular möglich.

www.wabe-hamburg.de