Der zerbröckelnde Mörtel wird aus den Fugen gekratzt und dann durch eine spezielle KalkMischung ersetzt.

Pinneberg. Die Schöne trägt Schleier. Pinnebergs Drostei, eines der letzten noch erhaltenen historischen Bauwerke der Kreisstadt, verhüllt ihre Schokoladenseite. Bis unters Dach ist die Front, die zum Rathaus weist, mit einer weiß-grauen Folie verunziert. Doch zur Sorge besteht kein Anlass. Weder hat Verpackungskünstler Christo zugeschlagen, noch irgendein durchgeknallter Stadtplaner den Abriss des architektonischen Prachtexemplars eingeleitet. Im Gegenteil: Das 1767 fertiggestellte Gebäude wird für die Zukunft fit gemacht.

Zwischen der lichtdurchlässigen Kunststoffplane und der rotbraunen Ziegelfassade ist ein Gerüst verankert. Und darauf klettert Jörn Beinke munter wie ein Eichhörnchen herum. Der schwindelfreie Rellinger Restaurator im Maurerhandwerk ist dabei, mit Unterstützung seines Lehrlings Tim Krispin und den zusätzlich angeheuerten Bauhandwerkern Ulf Huckfeldt und Frank Haack die Außenhaut der Drostei wieder auf Vordermann zu bringen. Anders als bei manchen kosmetischen Eingriffen an der verblühenden menschlichen Natur geht es allerdings bei dieser Schönheitskur nicht darum, die Fassade zu liften und jünger erscheinen zu lassen. Ziel der Sanierung ist es vielmehr, den alten unbeschädigten Zustand des eindrucksvollen Barockbaus möglichst originalgetreu wieder herzustellen.

Nach Worten von Günter Meyer, in der Kreisverwaltung für die Gebäudeunterhaltung zuständig, müssen vor allem die Lücken in den vom Zahn der Zeit zernagten Fugen des Mauerwerks sowie Schäden in den Ziegelsteinen repariert werden. "Dafür wird ein spezieller Fugenmörtel aus Sand, hochhydraulischem Kalk und ein bisschen Chemie angemischt", sagt Meyer. Normaler Zement-Mörtel würde sich mit dem vor knapp 250 Jahren verwendeten Gemisch nicht vertragen. Bevor die Fugen ausgebessert werden können, müssen die brüchigen Teile herausgemeißelt werden - ganz vorsichtig und weitgehend in Handarbeit. Beschädigte Ziegel der Fassade werden mit einem Kunststoffmörtel restauriert, der sogar den Farbton des alten Mauerwerks annimmt. Die Verhüllung dient übrigens dazu, Passanten vor herabfallenden Brocken zu bewahren.

Für Barbara Gosau, die im Büro der Stiftung Landdrostei arbeitet, hat die Renovierungsaktion zwei Aspekte: Sie sitzt im Schwitzkasten, weil wegen der Bauarbeiten das Fenster nicht geöffnet werden darf. Außerdem gibt es einen durch die Abdeckfolie gefilterten Blick nach draußen. "Halb so schlimm, das stehe ich schon durch", sagt die Angestellte schmunzelnd.

Der Zeitplan für die Drostei-Sanierung nimmt, so weit es geht, Rücksicht auf die Aktivitäten im Kreiskulturzentrum oder auf dem Drosteivorplatz. Die Front soll bis Mitte September vollendet werden. In den kommenden eineinhalb bis zwei Jahren geht es dann mit Unterbrechungen abschnittsweise weiter, bis die gesamte Fassade rundherum ausgebessert worden ist. Die Gesamtkosten belaufen sich auf 120 000 Euro.

Bis Mitte September bleibt auch das Restaurant im Untergeschoss geschlossen. Dort werden Durchfeuchtungen an den Wänden und im Boden des großen Gaststättenraums beseitigt. Dazu muss erst der Putz entfernt werden. Nach einem Schutzanstrich wird dann die neue Oberfläche aufgetragen.

Die Kosten für die Restaurant-Sanierung betragen 50 000 Euro.

Ist dann alles fertig? Günter Meyer verrät: "Fertig ist man nie mit den alten Gebäuden."