“Das ist eine Entwicklung, der wir uns nicht mehr entziehen können“, sagt Chefarzt Stefan Geist.

Pinneberg. Maximilian liegt in Mamas Arm. Satt und zufrieden schlummert sich das Baby durch seine ersten Lebenstage im Klinikum Pinneberg. Natürlich sind die Eltern, Sabine (34) und Karsten Rix (37), überglücklich - auch wenn die Geburt des Sohnes anders verlaufen ist, als geplant. Baby Maximilian kam per Kaiserschnitt zur Welt. Damit hatten die Eltern nicht gerechnet. Das Paar hatte sich auf eine natürliche Geburt vorbereitet und gefreut.

1080 Babys kamen im vergangenen Jahr im Klinikum Pinneberg zur Welt. 360 davon per Kaiserschnitt, das entspricht etwa 33 Prozent. Vor zehn Jahren betrug der Anteil der Kaiserschnitt-Geburten in Pinneberg noch 18 Prozent. Mit der Steigerung liegt die inzwischen einzige Geburtsklinik im Kreis voll im Trend. In Schleswig-Holstein liegt die Kaiserschnittrate bei 26 Prozent, in Hamburg inzwischen sogar bei über 40 Prozent. Die Tendenz zum Kaiserschnitt steigt seit Jahren kontinuierlich an.

"Das ist eine Entwicklung, der wir uns nicht mehr entziehen können", so Stefan Geist, Chefarzt der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe. Immer mehr Frauen wünschten sich einen Kaiserschnitt. "Sie haben Angst vor den Geburtsschmerzen oder fürchten Komplikationen", so der Chef-Gynäkologe.

Die Panik begründe sich meist auf Erzählungen von schlechten Erfahrungen von Freundinnen oder Verwandten. "Diese Furcht ist heute Grund für eine medizinische Indikation." Auch Medienberichte über Blasenschwäche und Gebärmuttersenkungen nach vaginalen Geburten erhöhten bei werdenden Müttern den Wunsch nach dem Kaiserschnitt.

Ein weiterer Faktor für die steigende Zahl der Kaiserschnitte sei die Komplikationsrate bei Beckenendlagen-Geburten. "Das Sicherheitsbedürfnis ist heute so hoch, dass wir Babys, die falsch rum im Mutterleib liegen, fast immer per Kaiserschnitt auf die Welt holen." Das führe dazu, dass immer weniger Ärzte in der Lage seien, Babys in Steißlage auf normalem Wege zur Welt zu bringen.

Stefan Geist bedauert den Trend. "Ich gehöre noch zu den alten Geburtshelfern, die eine Beckenendlagen-Geburt beherrschen. Aber wir können die Entwicklung leider nicht aufhalten. Stellen Sie sich vor, wir überreden die Mutter zur normalen Geburt und dann geht etwas schief. Nicht auszudenken."

Ein in Ruhe geplanter Kaiserschnitt berge heutzutage kein höheres Risiko für Mutter und Kind als eine vaginale Geburt. Kaiserschnitt-Mütter verließen die Klinik im Schnitt nur ein bis zwei Tag später als andere Mütter.

"Wichtig sei, dass Eltern und Neugeborenes die Geburt angenehm und positiv erlebten. Bei geplanten Kaiserschnittgeburten erlebt die Mutter den ersten Schrei ihres Kindes mit." Schon im Operationssaal könne ein aktives Bonding, also der erste bindungsstiftende Hautkontakt von Mutter und Kind, begonnen werden. Die Mutter bekommt dann das Baby wie nach einer normalen Geburt an die Brust gelegt.

Baby Maximilian war ein "Sternengucker", lag mit dem Köpfchen unter Mamas Rippen und verweigerte konsequent die Drehung in die Geburtsposition. Nach 18 Stunden Wehen riet das Geburtsteam im Klinikum Pinneberg am vergangenen Sonnabend den werdenden Eltern zum Kaiserschnitt. Sabine Rix bekam eine Spinalanästhesie - eine Rückenmarknarkose. Sie erlebte die Geburt ihres ersten Kindes bewusst mit, Vater Karsten durfte dabei sein.

"Wir waren froh, dass Maximilian mit den Wehen wenigstens einen Teil der Geburt erleben konnte", sagt Sabine Rix. Ein Wunsch-Kaiserschnitt ist für die 34-Jährige undenkbar. Auch wegen der Zeit nach der Geburt. Erst nach einem Tag habe sie sich erstmals unter starken Schmerzen aufrichten können und sei die nächsten Tage gekrümmt geschlichen wie eine uralte Frau. Das nächste Rix-Baby soll auf normalem Weg zur Welt kommen.